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„le Brun 2c. sind Künstler, von denen in den Werken des Wi,,bes sehr oft geredet wird, und die so viel Hochachtung verdie= „nen, daß man ihre Namen, Kunst und Lebensumstände einigermaßen wissen muß. In Earlencas Geschichte der schönen ,,Künste und Wissenschaften findet man sehr wenig von ihnen". Der Hr. Verf. håtte die Bücher anzeigen sollen, wo man sehr viel von ihnen finden kann. Man findet in Carlencas Geschichte von andern Dingen, die dahin gehört håtten, ebenfalls sehr wenig! Die schönen Künste sind auch an sich so vortrefflich und mit den schönen Wissenschaften so nahe verschwistert, daß ein Liebhaber der leztern von den großen Künstlern auch aus andern Ursachen, als' weil ihrer in den „Werken des Wizes" gedacht wird, etwas wissen muß. Doch er muß nicht allein die Künstler kennen, sondern auch unstreitig von den Künsten selbst einigen Begriff haben; und also hätte der Hr. Verf. billig kürzlich davon handeln müssen; und hier wäre der Ort gewesen, wo man Anmerkungen über die Verbindung der schönen Künste mit den schönen Wissenschaften: hätte erwarten können; - ein Feld, welches noch sehr unbebauet ist, und wo noch so nüßliche und nothwendige Entdeckungen zu machen sind!

Von der Zueignungsschrift in Versen an Sr. Maj. den König von Dänemark sollten wir noch etwas sagen. Doch wir haben unsern Lesern versprochen, das Merkwürdige in dieser Schrift anzuzeigen, das Mittelmäßige hingegen mit Stillschweigen zu übergehen.

Um mit den Worten der Vorrede des Hrn. Verf. zu reden, so wird ein geübter Kenner nach der Durchlesung dieses Lehrbuchs ganz gewiß nicht ausrufen: das war wieder vergeblich! Nein, es enthålt so viel gründliches und auch so manches neue; der Hr. Verf. zeigt so viel Philosophie und so viel Geschmack, daß man es weder ohne Nußen noch ohne Vergnügen lesen wird. Nur wünschten wir, wie wir schon angezeigt haben, manche wichtige Materien gründlicher, und manche unerhebliche Materien kürzer ausgeführt zu sehen, welches dem Zwecke eines allgemeinen Lehrbuches gemäßer seyn würde. Wenn der Hr. Verf. nicht so oft gewissen, zwar an sich untadelhaften Schriftstellern, z. B. Rollin, Boileau, Carlencas, håtte folgen wollen, so würden manche Unschicklichkeiten seyn vermieden worden; wohin wir auch die häufigen Fehler in der Geschichte der schönen Künste, und die Auslassung vieler deutschen und ausländischen

schönen Geister rechnen, an Stellen, wo weit weniger wichtige Schriften und Beispiele gemeldet werden, welches nicht selten eine ziemliche Übereilung zu verrathen scheint. Doch vielleicht hat der Hr. Verf. gedacht:

tuque

Rectius Iliacum carmen deducis in actus,

Quam si proferres ignota indictaque primus.

Aber er hätte auch billig, sonderlich bei Anführung mancher Exempel und Regeln, denken sollen:

Publica materies privati juris erit, si

Nec circa vilem patulumque moraberis orbem,
Nec verbum verbo curabis reddere fidus
Interpres.

The Pleasures of Imagination, a Poem in three Books, by Dr. Akenside. London, printed for R. Dodsley at Tidly's Head in Pallmall. MDCCLIV. d. i. die Ergohungen der Einbildungskraft; ein Gedicht in drei Büchern von Dr. Akenside.

(aus der Bibl. der schönen Wiss. und der fr. K. Bd. 2. Stück 1. 1757. G. 91-124.)

Von diesem vorzüglich schönen Gedichte ist uns eine wohlgerathene übersehung zugeschickt worden, für deren Mittheilung wir hiermit dem Herrn überseher öffentlich danken. Wir hatten ihr gleich in unserm Iten Stücke einen Plas bestimmt, mußten sie aber wieder zurücknehmen, als wir erfuhren, daß eine andere übersehung, zu Greifswald, in dem Weitbrechtischen Verlage, bereits die Presse verlassen habe. So selten nun die guten Überfegungen aus dem Englischen unter uns sind, so konnten wir doch unmöglich vermuthen, daß man sich an einen so schweren und philosophischen Dichter wagen würde, ohne dem Unterneh men wenigstens einigermaßen gewachsen zu seyn. Akenside ist fast eben so schwer zu übersehen, als Young. Sie haben beide so viel eigenes, daß etwas mehr als Kenntniß der Sprache

erfordert wird, um sie zu übersehen. um sie zu übersehen. Man muß sich ihre tiefsinnige Denkungsart zu eigen machen, und alle die Nebenbegriffe lebhaft fühlen, mit welchen sie ihre Gemålde zieren; man muß die nöthigsten Beiwörter wählen, wenn sich nicht alle in unsere Sprache übertragen lassen, ohne den Perioden steif zu machen und die Hauptbegriffe allzu sehr zu beladen; man muß öfters ihren Gedanken einen ganz andern Schwung geben, wenn sie in der übersehung ihr Leben und ihren Geist behalten sollen. Kurz! man muß wie ein Ebert, und wie der Verfasser der uns zugeschickten übersehung selbst denken, wenn man solchen Geistern nacharbeiten will, ohne sie zu verunstalten. Der größte Haufen von unsern überseßern aber, und besonders diejenigen, welche für die übersehungsfabriken arbeiten, lassen es ihr erstes Geset seyn, sich nicht von den Worten der Urschrift zu entfernen. Sie glauben getreulich überseht zu haben, wenn der Leser die übersehung eben so wenig versteht, als er die Urschrift verstanden håtte. Von diesen elenden Schriftstellern unterscheidet sich der Verfasser der gedruckten übersehung nur an sehr wenig Stellen; in den übrigen ist er ein Sklave seiner Urkunde, und zwar ein Sklave, der zu wenig Einsicht hat, um die Meinung seines Herrn zu verstehen, und daher bloß seinen Worten folgt. Er hat erstaunenhauchende Geschichtchen", „ein rosenfarbigtes Låcheln", verwelkliches Wiederhallen", eine wafferblaue Schwester der Fluth", kühlwedelnde Lüftchen",,,die Locken bey Seite we= ben" und dergleichen kräftige Ausdrückungen mehr, mit welchen er unsere Muttersprache bereichert. Auch von seinem Verståndnisse der Urschrift läßt er uns nicht die beste Meinung schöpfen. Folgende Stellen aus dem Iten Buche mögen hiervon zur Probe dienen. Gleich in der Anzeige des Inhalts giebt er natural concretes (Steingewächse) durch Naturgaben". V. 14. sagt Akenside von der Fiction: fie führt auf ihren flatternden Schwin,,gen tausend Farben durch die Luft, welche ihr Zauberblick in ,,unzählige Gestalten vermischt", und diese Gestalten nennt er her wild creation (ihre wilde Schöpfung). Unser überseher liest diese drei Worte mit der folgenden Anrufung der Harmenie, welche anfängt: Goddess of the lyre u. f. w., zusammen und seht ihre wilde Schöpfungsgöttinn der Leyer. V. 39. must string his nerves verdeutscht er S. 12.: den Pfad auszeichnen. Akenside sagt von den Weltweisen V. 105.:

"

IV, 1.

11

they see portrayd

That uncreated beauty, which delights

The mind supreme. They also feel her charms
Enamour'd they partake th' eternal joy.

„Sie sehen die unerschaffene Schönheit geschildert, welche das ,,höchste Wesen vergnügt. Auch sie fühlen ihre Reize entzückt, ,,und nehmen Theil an der ewigen Freude." Unser überseher giebt hier the mind supreme durch den „erhabensten Geist“, und das nachdrückliche also durch überdieß, und zernichtet den ganzen Gedanken. Blast the Spring verdeutscht er:,,den Früh ling vergnügen". V. 317. and every end accomplish'd (und jede Absicht erfüllt) durch: jede Seite zu ihrer Vollkommenheit gebracht; V. 378. a rash and impetuous aim: ein unbesonnener mangelhafter Vorsag. Ukensïde redet V. 449. von der Schönheit in Linien und Körpern, in the line and variation of determin'd shape; und unser überseher hat den unglücklichen Einfall gehabt, das Wort line hier durch Reihe zu verdeutschen. Ingenuous youth heißt bei ihm ein sinnreicher Jungling"; harmonious numbers: harmonische Verwunderung, und pleasing call: ein ehrwürdiges Gepråge. Kurz! wir sind müde, alle Fehler dieser vernachlässigten übersehung aufzusuchen; und müssen besorgen, die Leser durch unsere Kritik eben so einzuschläfern, als es der deutsche Akenside, gewiß ohne Verschulden des engländischen, thun muß, wenn man mehr als eine Seite darin liest. Wir eilen vielmehr, unsern Lesern von diesem Gedicht einen Begriff zu machen, und die Vergleichung desselven mit Withof anzustellen, die wir in unserm Iten Stücke *) versprochen haben. Wir werden uns bei dieser Gelegenheit meistens der eingeschickten übersehung bedienen, weil sie getreu und auch zierlich ist.

In dem vorangefeßten Entwurf (Design), welcher in der gedruckten übersehung, wir wissen nicht, warum, ausgelassen worden, sagt der Verf.: Es giebt gewisse Vermögen in der ,,menschlichen Natur, die zwischen den körperlichen Gliedmaßen ,,der Empfindung und der eigentlichen Fähigkeit, das Sittliche ,,wahrzunehmen, ein Mittel zu halten scheinen. Diese hat man ,,mit dem allgemeinen Namen der Vermögen der Einbildungs,,kraft belegt. Da sie die Quelle von vielen Ergößungen sind,

*) s. oben S. 160.

so haben sich die Menschen bemühet, ihre angenehme Empfin,,dungen in der Seele zu erregen, wenn auch die Gegenstände ,abwesend sind, von welchen sie natürlicher Weise herstammen; ,,und dieses war der Ursprung der nachahmenden Künste. Ei,,nige von diesen Künsten, als die Maler: und Bildhauerkunst, schildern die äußerlichen Erscheinungen, so wie sie sind. Andere ,,hingegen, als die Musik und die Dichtkunst, führen sie durch ,,allgemein angenommene und verstandene Zeichen in das Ge,,dächtniß zurück *). Als man in der Folge der Zeit über die Künste mehr nachgedacht, hat man zwar ihre Gränzen über die „Gegenstände der eigentlichen Vermögen der Einbildungskraft ,,ausgedehnt. Da aber ihre allererste Absicht nichts anders ,,war als, die Gegenstände der Einbildungskraft abzubilden, so „behielten sie in ihrem Fortgange immer noch ihren ursprüngli,,chen Charakter; und alle Ergösungen, die sie erregen, werden ,,überhaupt die Ergöhungen der Einbildungskraft genannt. Der ,,Endzweck des gegenwärtigen Gedichts ist daher, diese Ergöhungen ,,in ihrem weitesten Umfange zu betrachten, dergestalt, daß alles ,,angenehme, welches unsere Einbildungskraft in den Erscheinun,,gen der Natur empfindet, alles was in der Dichtkunst, Male,,rei, Tonkunst, und in den übrigen schönen Künsten gefällt, ,,von den Grundsäßen herzuleiten seyn soll, die hier, zufolge ,,der Beschaffenheit unserer Seele, festgesezt werden".

Der Verf. erzählt in der Folge die Art und Weise, wie er dieses auszuführen gesucht hat. Er hat sich vornehmlich an die Addison'sche Eintheilung aller Gegenstände der angenehmen Em: pfindung in große, neue und schöne gehalten, und diese mit den übrigen Quellen des Vergnügens, als der Ähnlichkeit, Wahrheit, Beförderung der Absichten und Erregung der Leidenschaften, verglichen. Von diesen kömmt er auf das Lächerliche, eine Quelle des Vergnügens, die noch von wenigen Moralisten ist berührt worden; und endlich auf das Vergnügen, das aus der Verglei= chung oder Beziehung verschiedener Gegenstände auf einander, und aus der Nachahmung selbst entspringt. Seine Philofophie ist eben nicht die gründlichste, und bezieht sich auf die Hutcheson'schen Grundsäge, von welchen man sich gewiß wundern möchte,

*) Daß dieses von der Tonkunst falsch sei, und daß sich dieselbe gleichfalls der natürlichen Zeichen bediene, zeigt die Abhandlung von den Quellen und Verbindungen der schönen Künste im 2ten Stücke unserer Bibliothek S. 245. (S. Bd. I. dieser,,gesammelten Schriften“ Seite 292.)

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