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Unveränderlichkeit der Zeit! O Unveränderlichkeit der Marter! Wer kann euch fassen?

Freilich sagen Einige: „Wir können nicht begreifen, wie Gott ewig strafen kann!" Könnt ihr aber begreifen, was Gott ist? Könnt ihr begreifen, was die Sünde ist? Könnt ihr endlich begreifen, was ein Verdammter ist? Es ist gleichsam noch schwerer zu begreifen, wie ihr dem Worte Gottes widersprechen, wie ihr euer Heil auf einen Zweifel und eure Ewigkeit auf ein Gerathewohl sezen könnt? Es ist noch härter zu begreifen, wie ein vernünftiger Christ eine Hölle glauben, und dennoch so leben kann, als wenn keine Hölle wäre.

Es gibt ja heut zu Tage so viele Christen unter uns, bei denen die Hölle und die Ewigkeit gar keinen Eindruck mehr macht. Ihre Ohren sind bereits an dieses fürchterliche Wort gewöhnt, ihre Augen sehen nichts mehr davon, und ihr leichtfertiger Geist fangt an über die Schreckenbilder zu lachen. Tage, Monate, Jahre verfliegen in diesem Unglauben; und fie werden sich eher in der Hölle sehen, als sie angefangen haben, eine Hölle zu glauben.

Gesezt daß die Höllenstrafen nicht ewig seien: sagt mir, warum die Belohnungen, die wir wünschen, ewig, die Freuden und der Genuß des Himmels ohne Ende sein sollen? Ewig Gutes wollen und wünschen wir; aber ewig Böses fürchten wir nicht!

Gott soll nach unsern Begriffen seine Ehre nur darein sehen, daß er belohne, und nicht darein, daß er bestrafe; er soll seine Allmacht in der ewigen Belohnung des Guten zeigen, und seine Gerechtigkeit in der ewigen Bestrafung des Bösen vergessen! Wahrhaftig, ein unbegreiflicher Widerspruch!

Gesezt daß die Hölle nicht ewig sei; dann sagt mir: ob die Todsünde noch eine Todsünde, d. h. ein Verderben der Seele, ein unendliches Uebel, die höchste Beleidigung Gottes sei? Ob eine zeitliche Strafe für ein Uebel anpassend sei, für dessen Genugthuung ein unendliches Opfer dargebracht, ein Gottmensch der ewigen Gerechtigkeit geschlachtet werden mußte?

Gesezt daß die Hölle nicht ewig sei; dann sagt mir: was haben wir denn für einen Gott, der redet, und sein Wort nicht hält? Was haben wir denn für eine Religion, die glaubt, wo nichts an der Sache ist? Was haben wir denn für eine Hoffnung, die nur schimmert und nicht tröstet? Was nügen dann die donnernden Drohungen des Heilandes, wenn in der andern Welt alle Bosheit verzeihlich ist? Wenn für die Verdammten eine Erlösung aus der Hölle ist; so ist für die Seligen ein Aufhören ihrer Glückseligkeit. Die Hölle würde dann ein Himmel und der Himmel eine Hölle werden.

ihr unglückliche Menschen! die ihr in eurer Verblendung und Verstockung weder Gott noch den Himmel mehr achtet, denkt doch an die Ewigkeit der Höllenstrafen! Kehret zurück von eurem Sündenweg; thut Buße! Bessert euch! und lernt einen Vater kennen, der weit mehr eurer Liebe als eurer Furcht würdig ist. Er straft nicht gern, wenn wir ihn nicht dazu zwingen.

Die Hölle kann uns nüglich sein, so lang wir sie von der Ferne betrachten. Ist sie uns aber jegt gleichgültig, ach! so tragen wir sie gleichsam schon mit uns in die Ewigkeit hinüber.

Christen! wir wollen, da es noch Zeit ist, dem allerschrecklichsten aus allen Uebeln, der Hölle entgehen. Wir wollen felig werden, da uns die Barmherzigkeit Gottes noch ruft. Wir wollen Gott bitten, daß er uns nicht in die Hölle kommen lasse, sondern durch den Weg der Buße zu sich in den Himmel nehme. Amen.

Frühlehre auf den zwanzigsten Sonntag
nach Pfingßten.

Die Krankheiten erinnern uns, daß wir
Sünder und daß wir Sterbliche sind.

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„Es war ein königlicher Beamte, dessen Sohn krank lag." Joh. 4, 46.

Der königliche Statthalter im heutigen Evangelium hielt die Krankheit seines Sohnes für ein großes Unglück, während sie doch für ihn und seinen Sohn ein großes Glück war; denn der Sohn wurde durch die wunderbare Hülfe Jesu wieder gesund, und der Vater bekehrte sich mit all seinen Hausleuten. Er glaubte mit seinem ganzen Hause an Jesus.

Seht da, was eine einzige Krankheit Gutes gestiftet hat! Wie glücklich wären wir, wenn jede Krankheit, die uns Gott zuschickt, auch in uns einen heilsamen Glauben erwecken würde. Gewöhnlich ist es bei uns auch so. So lang uns nichts fehlt, in gesunden Lagen, denken wir wenig an Gott und die Ewigkeit, wir glauben nicht, daß wir für unsere Sünden Buße thun sollen. Nimmt uns aber der liebe Gott die Gesundheit und wirft uns hin aufs Krankenbett, da gehen uns erst die Augen auf, da erinnern wir uns an Gott und an unsere arme Seele. Ja wahrhaftig! Krankheiten, so sehr man fie

auch fürchtet, haben einen doppelten Nugen. Die Krankheiten lehren uns:

1) daß wir sündige Menschen sind,

2) daß wir sterbliche Menschen find. Alles in Gottes Namen!

1.

Das Krankenbett ist eine Lehrschule, in welcher der Mensch lernt, daß er ein Sünder sei. Das wissen wir 1) aus der heiligen Schrift.

Als Job zuerst seine Kinder, hernach seine Knechte und Viehherden und endlich alle seine Güter verloren hatte, jammerte und murrte er nicht; er sagte kein Wort wider Gott. Seine einzige Rede war: „Der Herr hats gegeben, der Herr hats genommen, der Name des Herrn sei gebenedeit!" Sobald er aber an seinem eignen Leib angegriffen, mit einer erbärmlichen Krankheit heimgesucht und vom Fuß bis zum Kopf mit bösen Geschwüren behaftet war, da rief er laut: „Ich habe gesündigt, wie soll ichs angreifen, dich o Gott! zu besänftigen!" Job war ein gerechter Mann, ein Mensch ohne schwere Sünden. Wenn aber dieser heilige Mann in seiner Krankheit über seine kleinen Sünden seufzen lernte: wie viel mehr hat ein großer Sünder Ursache, an seine Laster zu denken, da die Glieder seines

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