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Organismus ist ein einheitliches, teleologisch (s. d.) bestimmtes und sich von innen heraus teleologisch bestimmendes, entwickelndes, auf Reize der Außenwelt reagierendes System von Triebkräften, deren jede einzelne im Dienste des Ganzen steht, wie auch das Ganze für die Partialkräfte (Organe) arbeitet. An sich ist der Organismus ein psychisches Kräftesystem, „von außen“, in objectiver Erscheinung, für die Naturwissenschaft als solche ein System physikalisch-chemischer Processe. Die Organismen sind besondere, compliciertere Formen, in welchen das allgemeine Leben (s. d.) auftritt, sich centralisiert. Organisches und Anorganisches sind wohl als Producte eines „Protoorganischen“, das nach der einen Richtung zum Organischen, nach der anderen zum Anorganischen wird, zu betrachten (s. Urzeugung). „Elementarorganismen“ sind die „Zellen“. „Gesamtorganismen“ sind nach manchen Sociologen (s. d.) die socialen Gemeinschaften. Verschiedenerseits wird die Welt (s. d.) als UniversalOrganismus aufgefaßt.

Während die teleologisch-spiritualistische Weltanschauung den Organismen innere, zweckmäßig (zielstrebig) wirkende Kräfte zuschreibt (s. Leben, Seele), betrachtet die materialistische und (rein) mechanistische Naturauffassung den Organismus als bloßen Complex physikalisch-chemischer Processe, von welchen ein Teil vom Bewußtsein,,begleitet" ist (s. Materialismus). Die Entstehung des Organischen anlangend, gibt es folgende Hypothesen: 1) Das Organische auf Erden ist ein besonderes Seinsproduct (eine besondere Schöpfung); 2) es stammt von fremden Himmelskörpern (kosmozoische Hypothese: DE MAILLET, RICHTER, MOHR, HELMHOLTZ, W. THOMSON, DU BOIS-REYMOND u. a.); 3) es stammt vom Urorganischen, welches dem Anorganischen vorangeht, das Anorganische ist Product des Organischen (kosmorganische Hypothese: SCHELLING (S. unten), FECHNER (Ideen zur Schöpfungs- u. Entwicklungsgesch. S. 1, 43; PREYER, Naturwiss. Tats. u. Probl. S. 51 ff.); 4) es stammt vom Anorganischen (Hypothese der Urzeugung, s. d.); 5) es ist gleich ursprünglich wie das Anorganische (LIEBIG u. a.).

Nach LEIBNIZ sind die Organismen natürliche Maschinen“, die bis in die kleinsten Teile Maschinen sind (Monadol. 64), Ansammlungen von Monaden (s. d.) unter der Leitung einer Seelenmonade. Nach KANT ist der Organismus ein materielles Wesen, welches nur durch die Beziehung alles dessen, was in ihm enthalten ist, aufeinander als Zweck und Mittel möglich ist" (WW. IV, 493). Ein organisiertes Wesen ist ein solches, in welchem die Teile voneinander sowohl Ursache als Wirkung ihrer Form sind, wo jeder Teil durch alle übrigen und um dieser willen existiert (Krit. d. Urt. § 65). Es hat eine bildende Kraft in sich (ib.). Ein Organismus ist ein Wesen, in welchem alles Zweck und wechselseitig auch Mittel ist (l. c. § 66). Die Organismen sind nicht rein mechanisch zu erklären (s. Leben). Nach HILLEBRAND ist der Organismus die „wahrnehmbare Einheit mehrerer körperlicher Substanzen in ihrer selbstbildenden Wirklichkeit unter einer Lebenssubstanz, welche das bestimmende Princip jener Einheit ist" (Philos. d. Geist. I, 58). SCHELLING erklärt: „Der Grundcharakter der Organisation ist, daß sie aus dem Mechanismus gleichsam hinweggenommen, nicht nur als Ursache und Wirkung, sondern, weil sie beides zugleich von sich selbst ist, durch sich selbst besteht" (Syst. d. tr. Ideal. S. 261). Das Anorganische ist nur Rest dessen, was wegen Hemmungen nicht organisch werden konnte. „Der Leib der Materie sind die einzelnen körperlichen Dinge, in welchen die Einheit ganz in die Vielheit und Ausdehnung verloren ist, und die deswegen als

unorganisch erscheinen“ (Vorles. üb. d. Meth.3, 12, S. 267). Organisches und Anorganisches sind Glieder des Allorganismus (WW. I 3, 306; I 4, 305 f.; 16.467). STEFFENS erklärt: „Die wahre Natur ist im einzelnen wie im ganzen absolut organisiert“ (Grdz. d. philos. Naturwiss. S. 27). „Ein anorganischer Körper ist nach außen different, nach innen indifferent. Ein organischer Körper ist umgekehrt nach innen different, nach außen indifferent" (1. c. §. 65). „Das Erwachen der Organisation ist nur aus dem Organismus der Erde im ganzen, wie im einzelnen, zu begreifen“ (1. c. S. 129). „Die sichtbare leibliche Organisation enthält alle Potenzen der unsichtbaren, ist durchaus vegetativ und durchaus animalisch zugleich" (1. c. S. 175; vgl. S. 177). Die Zellentheorie" SCHWANN, SCHLEIDEN) ist schon bei L. OKEN vorgebildet, nach welchem alle Organismen aus „Bläschen" ent- und bestehen. Das Organische stammt aus einem,, Urschleim" (Die Zeugung 1805; Abr. d. Syst. d. Biol. 1806). J. J. WAGNER erklärt: „Der organische Mittelpunkt ist die relative Indifferenz, in welcher endliche Wesen das Ewige nachbilden" (Syst. d. Idealphilos. S. 31 ff.). Nach CHR. KRAUSE ist organisch (,,gliedlebig, gliedbaulich") das, dessen alle Teile unter sich und mit dem Ganzen wechselseitig bestimmt und verbunden sind“ Vorles. üb. d. Syst. S. 146; vgl. S. 58). Der Organismus ist ein „Gliedbau“. Es gibt auch einen „Gliedbau der geistigen Tätigkeiten“ (Urb. d. Menschh.3, S. 51), auch „,organische Kategorien" (Vorles. S. 328, 358, 416, 425). Nach BRANISS ist die Organisation „wesentlich ein Kampf der lebendigen Totalität der Materie mit der Tendenz ihrer Teile, in ihrer Besonderung als leblose zu beharren“ (Syst. d. Met. S. 347). HEGEL erklärt: „Der erste Organismus . existiert nicht als Lebendiges," nur als unmittelbare Totalität, als Erdkörper Naturphilos. S. 430 ff.). Die organische Individualität existiert als Subjectivität, insofern die eigene Äußerlichkeit der Gestalt zu Gliedern idealisiert ist, der Organismus in seinem Processe nach außen die selbstische Einheit in sich erhält“ (1. c. S. 550 ff.). K. ROSENKRANZ erklärt: „Das Princip des geologischen Organismus ist die Selbstgestaltung. Dies Princip hebt sich im vegetabilischen Organismus zur Selbsterhaltung auf" (Syst. d. Wissensch. S. 333 ff.). Der tierische Organismus,,gestaltet sich selbst, erhält sich selbst und empfindet sich selbst" (1. c. S. 342 ff.). Sind nach den Hegelianern die Organismen Momente (s. d.) der dialektischen Entwicklung der Idee (s. d.), so nach SCHOPENHAUER Objectivationen (s. d.) des Willens (s. d.). Nach PLANCK ist das Organische Product der Ausscheidung von „Concentrierungsacten“ aus der allgemeinen ,,Concentrierungseinheit" einer Art Zeugung, Abknospung Testam. ein. Deutsch. S. 233 ff.). Nach MAMIANI konnte das Organische aus Unorganischem nur durch geistige Potenzen erzeugt werden (Scuole Ital. XXVII, p. 315 ff.; XXVIII, p. 84 ff.). ULRICI definiert den Organismus als „ein System von Kräften und Stoffen, d. h. von Atomen (Molekülen) als Centralpunkten der allgemeinen physikalischen und chemischen Naturkräfte, welches nicht nur planmäßig angelegt und zusammengefügt (gegliedert) ist, sondern auch in seiner Bildung und Entwicklung wie in den Bewegungen und Tätigkeiten seiner Glieder ron einer spontan wirkenden, in der Form der Zelle tätigen und einer durchgingigen Lebenskraft beherrscht, bestimmt und geleitet wird" (Leib u. Seele S. 64 f.). M. CARRIERE bemerkt: „Das ist das Wesen des Organismus, daß ikm seine Form nicht gleichgültig, nicht von außen angetan und aufgezwungen sondern daß sie nach eigenem Bildungsgesetz aus eigener Kraft entfaltet wird und sich im Wechsel der Stoffe erhält; der Lebenskeim ist Entelechie,

ist

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das heißt, er trägt sein Ziel in sich" (Sittl. Weltordn. S. 44). Der Organismus ,,bildet sich aus eigenem Antrieb seine Teile, seine Glieder von innen heraus" (1. c. S. 53). Nach E. L. FISCHER besteht der Organismus schon ursprünglich in einem eigenartigen Atom-System (Üb. d. Princip d. Organisat. 1883). CZOLBE hält die organische Form für etwas Elementares oder Anfangsloses, Ewiges" (Neue Darstell. d. Sensual. 1855; Grenz. u. Urspr. d. menschl. Erk. S. V). Nach FECHNER haben sich Unorganisches und Organisches beide „in einem Zusammenhange aus etwas herausgebildet, was in seinem Urzustande weder mit dem Organischen noch Unorganischen rein vergleichbar ist“ (Zend-Av. II, 46). Nach HELLENBACH ist der Organismus Erscheinung einer Seele (Der Individual. S. 112; s. Metaorganismus). Nach LEWES ist er,,a more or less complex unity of organs" (Probl. III, 7 ff., 33 ff.; vgl. H. SPENCER, Princ. of Biology I). Nach DURAND DE GROOS ist der Organismus das Product des Widerstreits zwischen Ich und Nicht-Ich (Essais de physiol. philos. 1866). Nach OSTWALD ist der Organismus „wesentlich ein Complex von Energien" (Vorles. üb. Naturphilos.2, S. 319). E. HAECKEL versteht unter Organismen „alle jene Naturkörper, welche die eigentümlichen Bewegungserscheinungen des Lebens und namentlich ganz allgemein diejenigen der Entwicklung zeigen" (Allgem. Morphol. I, 112). Es besteht eine Urzeugung (1. c. S. 182; Anthropogen. S. 401). Nach E. v. HARTMANN ist das Wesen des Organismus,,Steigerung der Form durch Wechsel des Stoffes" (Philos. d. Unbew.3, S. 411; 1. c. II1o, 213 ff.). Bei der Entstehung der Organismen müssen besondere Kräfte und Gesetze mitgewirkt haben, „nichtenergetische ordnende und leitende Kräfte“, „deren Wirkungsweise durch die Individualzwecke der zu schaffenden oder geschaffenen Organismen geregelt wurde und sich in der activen Anpassung an die jeweilig gegebenen äußeren Umstände bekundete". Eine autogone Urzeugung (aus Anorganischem) ist nicht möglich gewesen,,,weil höchst labile chemische Verbindungen nicht von selbst aus stabilen entstehen, weil die höchst complicierten Maschinenbedingungen, die zu solchen rückläufigen Energieumwandlungen nötig sind, noch weniger von selbst entstehen, weil die labilen chemischen Verbindungen in den Organismen individualisiert sind und weil schon die primitivsten Organismen eine differenzierte Structur besessen haben müssen, die ihnen Ernährung, Wachstum und Fortpflanzung ermöglichte“ (Die Gnosis Nr. 9, 1903, S. 10 f.). REINKE bezeichnet als wesentliche Eigenschaft des Organismus die Form (Gesetz der „,Erhaltung der Form“, s. LASSON, Der Leib S. 68) (Einl. in. d. theoret. Biol. S. 38). Eigentümlich sind den Organismen,,die zweckmäßige Organisation, die Fortpflanzung und die Intelligenz" (l. c. S. 55). Die Organismen gehorchen der causalen und zugleich einer finalen Notwendigkeit (1. c. S. 56). Eine besondere Form und Structur der organisierten Wesen bildet die Basis des Lebens (1. c. S. 57). Ergebnisse der Organisation sind die „Dominanten" (s. d.). WUNDT meint, ,,daß die erste Entstehung einfachster Lebensformen ein sehr allmählicher in verschiedenen Stufen sich vollziehender Proceß chemischer Synthese war, der im Zusammenhang mit der allmählich erfolgenden Änderung der äußeren, namentlich der Temperaturbedingungen erfolgte" (Syst. d. Philos.2, S. 507 ff). Die organische Zelle ist ein „,Protoplasmamolecül", dessen Teile sich morphologisch differenzieren (dagegen REINKE). Die (relative) Constanz der Zelle ist das ,,Ergebnis fortwährend stattfindender Zersetzungs- und Verbindungsvorgänge. Organisierungen und Desorganisierungen" (1. c. S. 513 ff.; Philos. Stud. V 327 ff.; Log. II 1, 569 ff). Der Organismus besteht in einem System von

„Selbstregulierungen“, in einer Verbindung zu einem einheitlichen Ganzen, in der Gliederung in Organe, zwischen welchen eine Arbeitsteilung besteht (Syst. d. Philos.3, S. 618); in diesem Sinne ist auch die Gesellschaft ein Organismus s. Sociologie). NAHLOWSKY versteht unter Organismus „ein von innen heraus d. k. aus einer Urzelle, einem Samenkeim) sich entwickelndes Naturwesen, welches in seiner äußern Structur eine bis in die kleinsten Teile herab sich fortsetzende, streng regelmäßige Gliederung und nicht minder auch in allen seinen sich wechselseitig bedingenden und von gewissen Centralorganen regierten Teilfunctionen eine derartige Gesetzmäßigkeit dartut, daß dessen Gesamtexistenz (Leben genannt) nur aus dem zweckmäßigen Ineinandergreifen aller jener Teilfunctionen begriffen werden kann" (Grdz. zur Lehre von d. Gesellsch. S. 76 f.). Nach L. DILLES stellt der leibliche Organismus „die Erscheinung eines bestimmten Verhältnisses des Ich zu den (es afficierenden) Dingen an sich vor" (Weg zur Met. S. 158), er ist bloßes Balancebild, d. h. ein Orientierungsmittel für das Ich behufs Erhaltung seiner Balance, d. h. behufs Erhaltung der Integrität des Ich in Beug auf Wohl und Wehe" (1. c. S. 169). Vgl. LOTZE, Mikrok.; SIGWART, Lg. II, S. 238, 248, 254, 447 ff., 647 ff. Vgl. Leben, Evolution, Differenzierung, Selection, Urzeugung, Vitalismus, Lebenskraft, Vererbung.

Organon (eigentlich: Werkzeug): Mittel zu etwas, besonders zum richtigen Denken und Forschen. Unter dem Titel „Organon“ haben die Herausgeber der logischen Schriften des ARISTOTELES (De categoriis, de interpretatione, analytica priora und posteriora, topica, de elenchis sophisticis) diese vereinigt. Ein,norum organon" schrieb F. BACON, ein „Neues Organon" LAMBERT. Unter Organon versteht KANT,,eine Anweisung, wie ein gewisses Erkenntnis ustande gebracht werden soll" (Log. S. 5). „Ein Organon der reinen Vernunft wurde ein Inbegriff derjenigen Principien sein, nach denen alle reinen Erkenntnisse a priori können erworben und wirklich zustande gebracht werden" (Krit. d. r. Vern. S. 43). FRIES definiert Organon als „Inbegriff von Regeln, nach denen eine Wissenschaft zustande gebracht werden kann“ (Syst. d. Log. S. 13).

Orgrund, Or-Wesen nennt CHR. KRAUSE das Absolute (Vorles. üb. d. Syst. S. 418, 420, 430 ff.).

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Orheit nennt CHR. KRAUSE die Wesengegenheit“ (Vorles. üb. d. Syst. S. 414, 416). Oreinheit" ist das „, Wesen" (s. d.) (1. c. S. 410).

Orientieren (sich) im Denken heißt nach KANT „sich, bei der Unzulanglichkeit der objectiven Principien der Vernunft, im Fürwahrhalten nach einem subjectiven Princip derselben bestimmen" (Was h. s. i. D. orient.. S. 126). Vgl. BAUMANN, Philos. als Orientierung üb. d. Welt 1872.

Original: ursprünglich, schöpferisch. Vgl. Genie.

Orphiker: Verfasser kosmo- und theogonischer Dichtungen und Mythen Jhdt.), welche dem ORPHEUS (der Sage nach Stifter des thrakischen Bacchusdienstes) fälschlich zugeschrieben werden. Vgl. PLATO, Cratyl. 402; ARISTOTELES, Met. I, 983b 28; ZELLER, Philos. d. Griech. I 15, 88 ff.; ÜBERWEG-HEINZE, Gr. d. Gesch. d. Philos. I, 37 ff. Vgl. Welt.

Ort (vónos, locus) ist ein Teil des Raumes (s. d.), ein Beziehungscentrum in demselben (physischer, geometrischer Ort) oder in einem Gedankensystem logischer Ort). ARISTOTELES unterscheidet den Ort (Tóлos idios) vom Raum Philosophisches Wörterbuch. 2. Aufl. II.

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(TÓлOS Xоós, Phys. IV 2, 209 a 32). THOMAS unterscheidet,locus corporalis“ und „spiritualis“ (Sum. th. I, 102, 1 ob. 1). Der Ort (Raum) ist „terminus immobilis continentis primum" (4 phys., 6n). Nach CHR. WOLF ist der Ort ,,die Art und Weise, wie ein Ding neben andern zugleich da ist“ (Vern. Ged. I, § 47). „Determinatus adeo modus, quo ▲ simultaneis B, C, D etc. coëxistit, est id, quod locum appellamus“ (Ontolog. § 602). Nach K. ROSENKRANZ ist der Ort „die Einheit des Raumes und der Zeit". Er „existiert nur als Veränderung seiner Lage" (Syst. d. Wiss. S. 195). HAGEMANN nennt Ort den „Raum, welchen ein einzelnes Ding nach Länge, Breite und Tiefe einnimmt..., sofern wir dabei an bestimmte Lage zu anderen Dingen denken" (Met., S. 31). Nach KÜLPE bezeichnet ,,Ort" oder „Lage" alles das, was als räumliche Beziehung eines Inhalts zu anderen gelten kann“ (Gr. d. Psychol. S. 348, 356 ff., 372 ff., 391 ff.). BEDA nennt Gott den „locus angelorum", MALEBRANCHE den „lieu des esprits" (s. Gott).

Orthos Logos (ỏọðòs λóyos, recta ratio): rechte, das Richtige treffende, sittliche Vernunft (bei HERAKLIT: άindǹs λóyos; vgl. HEINZE, Lehre vom Logos S. 75). ARISTOTELES versteht unter doos λóyos die das Sittliche (s. d.) treffende Vernunft (Eth. Nic. VI 13, 1144b 23; 1103 b 32 squ.; 1114 b 29, u. ö.. Die Stoiker verstehen darunter den „,eingeborenen, sittlichen Tact“ (L. STEIN, Psychol. d. Stoa II, 264). Dieser orthos Logos ist zugleich Kriterium der Wahrheit (s. d.) und Weltgesetz. CICERO erklärt: „Recta ratio

quae cum

sit lex, lege quoque consociati homines cum diis putandi sumus“ (De leg. I, 7; I, 2).

Ortssinn nennen einige Physiologen die Empfindlichkeit der Haut für Localisation (s. d.).

Oscillation der Gefühle: das Schweben zwischen Lust und Unlust in den gemischten" Gefühlen (s. d.).

P.

P bedeutet: 1) das Prädicat des Satzes, des Urteils; 2) den Oberbegriff des Schlusses; 3) die conversio (s. d.) per accidens“. Vgl. C.

Pädagogik: Erziehungslehre, Wissenschaft von den Principien und Methoden der Erziehung. Ihre Grundlagen sind die Psychologie und die Ethik. Pädagogische Psychologie ist die auf Erziehungsfragen angewandte Psychologie (vgl. Zeitschr. f. pädag. Psychol.; STRÜMPELL, Psycholog. Pädagogik 1880; ÖSTERMANN, Grundlehren d. pädagog. Psychol. 1880). Pädologie (CHRISMAN) ist die wissenschaftliche Erforschung der die Erziehung bedingenden psychophysischen Tatsachen (vgl. E. BLUM, La pédologie, Année psychol. V, 1899, p. 299 ff.). Nationalpädagogik nennt LAZARUS „die auf die Gesamtheit des, ob auch vielfach gegliederten, doch einigen Volksganzen gerichtete Erziehungskunst“ (Leb. d. Seele I2, S.5; vgl. NATORP, Socialpädag., s. d.). Pädagogisches findet sich bei vielen Philosophen und Psychologen, so bei PLATO (Republ.), LOCKE (Conduct of understand., dtsch. 1883), ROUSSEAU (Emile), KANT (Pädag. 1803), JEAN PAUL (Levana), J. G. FICHTE, HERBART (Allg. Pädag. 1873/75, Imriẞ päd. Vorles. 1835), BENEKE (Erziehungs- u. Unterrichtslehre 1835/36),

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