nunc dextros solvere sinus, una ardua torquent cornua detorquentque, ferunt sua flamina classem. princeps ante omnis densum Palinurus agebat agmen; ad hunc alii cursum contendere iussi. 835 iamque fere mediam caeli Nox umida metam contigerat, placida laxabant membra quiete sub remis fusi per dura sedilia nautae: cum levis aetheriis delapsus Somnus ab astris aëra dimovit tenebrosum et dispulit umbras, 840 te, Palinure, petens, tibi somnia tristia portans insonti; puppique deus consedit in alta Phorbanti similis funditque has ore loquelas: 'laside Palinure, ferunt ipsa aequora classem; aequatae spirant aurae; datur hora quieti. 845 pone caput fessosque oculos furare labori. ipse ego paulisper pro te tua munera inibo.' cui vix attollens Palinurus lumina fatur: 'mene salis placidi vultum fluctusque quietos ignorare iubes? mene huic confidere monstro? 850 Aenean credam quid enim fallacibus auris et caeli totiens deceptus fraude sereni!' talia dicta dabat clavumque adfixus et haerens nusquam amittebat oculosque sub astra tenebat, ecce deus ramum Lethaeo rore madentem 855 vique soporatum Stygia super utraque quassat gespannt war und die andere Seite wieder mehr angezogen wurde zum Auffangen des Windes. Der Wind fällt so schräg in das Segel ein (Laviren). 832. cornua sind die Endpunkte der Segelstangen, welche sich zugleich mit dem Anziehen oder Nachlassen der pedes drehen; daher torquent detorquentque. sua, vgl. V. 54. flamen, das Wehen, vgl. v. 90. 833. densum agmen, ein dichtgedrängtes, d. i. ein ununterbrochenes Treiben. 835. metam, von der Rennbahn entlehnt, wo am Ziel der halbe Weg war. 837. dura, ein Epitheton ornans. 839. dispulit umbras, epische Epexegese zu dimovit aëra. 843. ipsa, ohne Zuthun. 844. aequatae, gleich gemacht, in ungestörter Regelmässigkeit. So auch aequata vela, Aen. IV. 587. 847. vix attollens lumina, schlaftrunkenen Blickes. 850. credam quid enim, wie denn könnte ich den Aeneas den trügerischen Winden anvertrauen? fallacibus auris. Wenn die Lüfte (aurae) noch so ruhig scheinen, so trügen sie. 851. et, und zwar, und dazu noch = et is. 853. nusquam, verstärkt noch die Ausmalung des Festhaltens: an keiner Stelle liess er das Steuerruder los, d. h. er hielt es sorgfältig fest. oculos sub astra tenebat. Ueber diesen Widerspruch zu v. 847 vgl. v. 820. 854. Lethaeo, aus dem Strome Lethe in der Unterwelt, aus welchem die Ahgeschiedenen Vergessenheit trinken. 855. vi Stygia, eine Steigerung zu Lethaeo rore. tempora cunctantique natantia lumina solvit. et super incumbens cum puppis parte revulsa P. VERGILI MARONIS A EN EIDOS LIBER SEXTUS Sic fatur lacrimans classique immittit habenas 5 praetexunt puppes. iuvenum manus emicat ardens an der Küste von Italien, geht in die Unterwelt und kehrt nach einer Wanderung durch dieselbe zur Oberwelt zurück. 1-13. Aeneas landet bei Cumä und geht in den Tempel des Apollo. 1. lacrimans. Auch die homerischen Helden vergiessen Thränen. immittit habenas, eine von dem Rosselenker entnommene Metapher. Da aber bei der Annäherung ans Ufer von einem beschleunigten Laufe nicht die Rede sein kann, 80 bedeutet die Figur hier nur: er lässt dem Schiff den Lauf. 2. tandem, nach langer Sehnsucht. Euboicis oris. Cumä war eine Colonie von Chalcis auf Euböa. war 8. densa tecta, die Lager des Wildes im nahen Wald; Apposition dazu ist silvas, welches hier das Gesträuch des Waldes bezeichnet. rapit, plündert aus und bringt eilig zum Feuer das kleine Holz des Waldes. at pius Aeneas arces, quibus altus Apollo 10 praesidet, horrendaeque procul secreta Sibyllae, iam subeunt Triviae lucos atque aurea tecta. Daedalus, ut fama est, fugiens Minoia regna, 15 praepetibus pinnis ausus se credere caelo insuetum per iter gelidas enavit ad Arctos Chalcidicaque levis tandem super astitit arce. redditus his primum terris tibi, Phoebe, sacravit remigium alarum posuitque immania templa. in foribus letum Androgei, tum pendere poenas Cecropidae iussi - miserum! - septena quotannis corpora natorum, stat ductis sortibus urna. 20 9. altus Apollo. Wie Aen. III. 275 ist der Tempel des Apollo auf der Anhöhe. altus ist prädicativ: hoch in der Höhe schützt er die arces, das Vorgebirg. 10. horrendae. Unheimlicher und ehrfurchtsvoller Schauer erfüllt den, welcher die gottbegeisterte (insana, Aen. III. 443) Sibylle schaut. procul, vom Ufer aus, gehört enge zu secreta. secreta. Das Unheimliche wird durch ihren Aufenthalt in abgeschiedener Grotte erhöht. 11. antrum. Die Sibylle hat als Wahrsagerin ihre Grotte in der Nähe des Tempels des Gottes, der die Weissagekunst giebt. mentem animumque, Herz und Sinn, das ganze innere Wesen. 12. vates heisst der Gott selbst als Geber der Weissagekunst. 13. subeunt, Aeneas mit seinen Begleitern. Trivia, Hecate, die Göttin mit dreifachem Gesicht (als Luna, Diana, Proserpina), welche nächtlicher Weile an den Kreuzwegen mit Opfern verehrt wurde. Alles ist hier düster, menschenleer und unheimlich; daher ist in der Nähe der Eingang in die Unterwelt. 14-41. Die Darstellungen auf der Tempelthüre. 14. Daedalus, ein athenischer Künstler, der dem König Minos auf Kreta das Labyrinth gebaut hatte und dann mit seinem Sohne Icarus wegen der dem Theseus und der Ariadne geleisteten Hilfe ge contra elata mari respondet Gnosia tellus: bis patriae cecidere manus. quin protinus omnia non hoc ista sibi tempus spectacula poscit; nunc grege de intacto septem mactare iuvencos praestiterit, totidem lectas de more bidentis.' 40 talibus adfata Aenean -- nec sacra morantur iussa viri Teucros vocat alta in templa sacerdos. 30. caeca, vgl. Aen. IV, 2. 31. sineret. Im Bedingungssatz kann si ausgelassen werden. Statt des Plusquamperfects tritt bisweilen das Imperfect im Bedingungsoder Folgesatze, oder in beiden ein, wenn ein dauernder Zustand hervorgehoben werden soll. Vgl. dazu bis conatus erat. 34. perlegerent, vgl. v. 13: subeunt. 35. Triviae, vgl. v. 13. 36. Glauci. Der Genetiv wird wie im Griechischen zur Bezeichnung einer Familienangehörigkeit gebraucht. Glaucus war ein weissagender Meergott. 38. intacto. Zu den Opfern durften nur Thiere genommen werden, die noch zu keinem Dienste verwendet waren. 39. bidentis, vgl. Aen. IV, 57. 41. vocat alta in templa, nicht aussen, mit der Betrachtung beschäftigt, sollen sie sich aufhalten, sondern eintreten in den Tempel, um das Orakel zu holen und die Opfer darzubringen. 42-76. Das Gebet des Aeneas. 42. latus, die Seite des Felsens, an welche die Rückwand des Tempels stösst. in antrum ex 6 |