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daß, wenn man von ihm`spricht, man nicht älz-Vers rath Alles, was seinem Character vorzuwerfen seyn dürfte, aufstelle. Was liegt uns daran, baß die alte magistrale Perücke des Herrn Präsidenten Le Monnier vor Gericht compromittirt worden ist? Was kümmern uns die ehelichen Streitigkeiten del Herrn und der Frau von Mirabeau, die Interessen feiner Glaubiger; aber die Moral! heißt es, das ist nun freilich positiver, und es ist außer Zweifel, baß das Talent dieses Mannes auf Kosten der Sacht zu heben, die man immer in der bürgerlichen Ge fellschaft aufrecht halten muß, die der Familienbande, der socialen Interessen, ein großes Unrecht seyn würde; und wenn gar ich, ein Frauenzimmer, es thate, so würde ich eine abgeschmackte Rolle übernehmen. Al lein ich möchte, daß man gegenwärtig, wo die Zeit die Hårten mildern mußte, welche die rauhen Seiten von Mirabeaus Character darboten, sich etwas weniger mit seinem Privatleben und etwas mehr mit seinem politischen Leben, getrennt von jenem, beschäftigen möchte.

Mirabeau ist mir nicht wie alle diejenigen ers fchienen, die in der Revolution figurirten. Ich habe ihn vielleicht besser gekannt, als wenn ich ihn häufig

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In der Epoche › feiner » glänzenden. Existenz gesehen hätte. Die Verhältnisse sind alsdann mit vielen mittelbaren und unmittelbaren Einflüssen umgeben, die beinah immer der dirigirenden Neigung einen res lativen Character aufdrücken, und wäre es auch nur die eines zehnjährigen Kindes, immer hat man eine Ich habe sieben Jahre lang, regelmäßig alle Lage, bie zwei Männer gesehen, die am Besten meine Anë ficht über Mirabeau bestimmen konnten. Der eine war sein zärtlichster Freund, der Mann, der ihn am Mehrsten geliebt hat, und sich seiner mit einer Art Cultus erinnerte. Dieser Mann, der einem gleichen politischen Weg mit Mirabeau folgte, und wegent dieser Vertraulichkeit, welches auch später mit Dui mouriez der Fall war, eine Art Einfluß auf die Res gierung erlangte, war Bonnecarere. Er lebte in Verr failles, als ich dort wohnte. Der andere war der Cardinal Maury, der, als er noch Abbé war, mit Mirabeau támpfte und immer von ihm geschlagen wurde. Aus diesen zwei Ansichten und aus mir zu Gebote stehenden Documenten habe ich meine Induc tionen gezogen, und ein Urtheil gefällt, welches ich für gerecht erachte. Darum behandle ich auch: Mi rabeau nicht mit so herbem Tadel, wie Andere..

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Aus einem Range gestoßen, den ihm die Ge burt verlieh, schwor Mirabeau, ihn wieder zu erobern, welchen Preis das Schicksal ihm auch dafür abfordern möchte, müßte er ihn auch erringen, wie Satan, der aus dem Himmel vertrieben wurde, und an der Spite der Höllenlegion wieder hinein wollte, Berachtet, von dem Stand der Adligen seiner Pros vinz ausgestoßen, unter welchem sich jedoch Reputa tionen befanden, die wenigstens ebenso zweifelhaft waren, als die seinige, ") sah sich Mirabeau mit Wuth ausgeschlossen, und schwor Rache denen, die ihm den Krieg erklärt hatten. Mit diesem Gefühl feste fich Mirabeau auf die Bänke der Versammlung der allgemeinen Stände,

Ein Mann, ber dem Hofe sehr anhing, aber auch ein Freund Mirabeaus war, der Graf Reb... .1, bemerkte ben galligen Blick, mit dem er um sich fab, ale er sich hinseßte, und sprach noch an demselben Lage mit ihm davon, mit der Andeutung, daß seine Stellung in der Welt ihm die Thüren aller Salons

1) Barras taugte in moralischer Hinsicht gewiß nicht mehr, als er, und war ihm an Talent bei Weitem untergeordnet.

versperren würde, Bedenle, fagte er zu ihm, daß die Gesellschaft verlangt, daß man für sie thue, was fie nie thut; sie wird nicht leicht wieder beschwich tigt, wenn sie einmal verwundet ist. Du hast Vies les bei ihr gut zu machen, und wenn du willst, daß man dir verzeihe, mußt du nicht trogen, son dern vielmehr um Gnade bitten.". Während der Graf sprach, hörte ihn Mirabeau mit Ungeduld an; allein bei dem Worte Gnade brach er los, stand auf, stieß heftig mit dem Fuß, sein starker Haars wuchs schien sich emporzusträuben, seine kleinen Augen warfen Blike, seine Lippen erblaßten und zitter= ten, wie es ihm immer geschah, wenn er stark bes wegt war, ohne daß dieß doch der Klarheit seines Organs schadete. Ich bin gekommen, sagte er mit donnernder Stimme, um Gnade bitten zu lassen, nicht aber, um selbst darum zu bitten." Noch an demselben Abend wurde dieß Wort der Königin wieDergesagt. Sie zog Erkundigungen über die Depus tirten ein, deren Talente ihre Aufmerksamkeit auf sich ziehen mußten. Es ist leicht zu erachten, daß Mirabeau an der Spite der mit rother Tinte geschriebe nen Namen stand, und es war noch ein Wort mit großen Buchstaben beigefügt... da», •

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Micabeats war bestechbar, man wußte es. Dat Mittel, an ihn zu gelangen, war nicht schwies rig, aber figlicher Urt. Die Intrigue wurde je boch geschickt eingeleitet, und man gab einige Hoff. nung, daß fie gelingen würde, in einem Moment, wo die Besorgnisse immer lebhafter und gegründeter wurden. Wer kann aber mit Gewißheit hoffen, wenn man unglücklich geboren ist. Und das war der Fall mit den Bourbons. Ein Beweis von dem Verhäng= niß, welches auf dieser unglücklichen Familie lastete, zeigt sich in einem besondern, nicht fehr bekannten, aber höchst wichtigen Vorfall.

Schon am 7. Mai 1789 wurde die Königin von den feindlichen Gesinnungen Mirabeaus benache richtigt. Neder wurde um Rath gefragt; seine Meinung war, Mirabeau habe ein sehr merkwürdi. ges Talent, es fehle ihm aber an Raisonnement, und, nach Neckers Meinung, müsse er daher nicht sehr zu befürchten seyn. Necker begann seinerseite,

1) Ich habe die Papiere in meinen eignen Hån≤ den gehabt, und diese sind noch jest vorhanden, welche das, was er wollte, und das, was er für das Gegentheil verlangte, andeuteten.

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