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Um zu zeigen, auf welche Weise man gegen die jenigen verfährt, welche sich nicht genau nach ben Vorschriften der Regierung oder der geistlichen Bes hörden in Betreff gefährlicher Bücher richten, will ich eine Thatsache hier anführen, welche mir von vers schiedenen glaubwürdigen Personen auf dieselbe Weise erzählt wurde, und unter andern auch von einem Eas nonicus in Pampeluna, der mit dem Hergang ders felben aufs Genaueste bekannt war.

Im J. 1826, als die Französischen Truppen bereits seit drei Jahren Pampeluna beseht hielten, mithin Alles in der größten Ruhe war, wurde der Buchhändler Longas, in dessen Nachbarschaft ich wohnte, als ein solcher benunciet, der verbotene Bü cher befäße. Die Justiz begab sich sogleich in seine Wohnung, und fand auch wirklich in einem staubis gen Winkel feines Magazins ein ganz eingewickeltes und selbst verschlossenes Paket mit solchen verbote= nen Büchern, unter denen man mir den Citateur Don Pigault-Lebrun, des Dupuy Origine des Cultes und noch einige dieser Art nannte. Der erwähnte Geistliche (deffen Erzählung um so glaubwürdiger ers scheint, da er an diesem ganzen Hergang gar nichts Anstößigee, sondern Alles ganz in der Ordnung fand)

gestand selbst ein, daß biese Bücher nicht von dem Buchhändler verkauft oder zum Verkauf auch nur ausgelegt waren; derfelbe hatte sie im J. 1821 aus Valencia erhalten, und sein ganzes Verbrechen war eigentlich nur, daß er sie nicht der Autorität auslieferte, als die Constitution durch unsere glorreichen Waffenthaten umgestürzt ward. Man führte, nach Ausmittelung und Feststellung dieses corpus delicti den Buchhändler sofort ins Gefängniß, woselbst er während seines Processes bleiben mußte, welcher ges gen drei Monate dauerte. Dieser Proces wurde vor dem geistlichen Gericht" instruirt, vor dessen Forum folche Dinge gehören, und deren es in allen Provins zen giebt. Longas wurde hierauf zu dreimonatlicher Verbannung aus dem Königreich Navarra, zu viers zehntägigen Bußübungen in einem Kloster und zu einer Geldstrafe von ungefähr funfzehnhundert Franks verurtheilt, und dieß Alles, weil er Bücher, die sein Eigenthum waren, verborgen gehalten hatte!

Ein Französischer Arzt, der noch von den Beis ten Napoleons her in Spanien bei einem Canonicus Bücher hatte, beauftragte mich, dessen Residenz auszukundschaften. Ich erfuhr auch in Madrit, daß der= felbe sich in Tortosa aufhielt, und meldete dieß meis

nem Collegen, worauf derselbe einem Handelshause in Bayonne, das sich mit Speditionen befaßte, den Auftrag ertheilte, ihm seine Bücher über Tudela und Pampeluna nach Bayonne schaffen zu lassen. In Pampeluna untersuchte die Douane die Kiste, und fand barunter mehrere verbotene Bücher, worauf sie fofort auf das Ganze Embargo legen ließ, und mit der Confiscation desselben drohte. Und dieß sollte mit dem Eigenthum eines Franzosen in Dienst geschehen, während die Französischen Truppen Pampeluna noch inne hatten; ferner mit Büchern, die man nicht nach Spanien, sondern (wie der Frachtbrief für dieselben fattsam erwies) aus Spanien herausschaffen wollte. "Das ist ganz gut, meinte die inquisitorische Behdra be; aber wer steht uns dafür, daß sie auch ganz ges wiß aus dem Königreich kommen, und nicht vielleicht doch in demselben bleiben?" Nach langem und vies lem Hin und Herschreiben gelang es uns endlich doch noch, diese Beute den Klauen derer, die sie schon ergriffen hatten, zu entreißen.

Eine der Volksbeluftigungen, welche der Clerus bei dem Spanischen Volke ganz vorzüglich unterhält und begünstigt, weil sie sehr viel dazu beiträgt, das» selbe in dem Zustande der Rohheit und Niedrigkeit

zù zu erhalten, ist das Stiergefecht. Wahrscheinlich wird es Manchem auffallen, daß grade der Elerus hier ale Beschüber und Erhalter jener Sitte, odeć bielmehr Unfitte genannt wird; allein bei nähereé Betrachtung findet sich die Sache wirklich so. Unt dieß zu erweisen, muß ich einen Umideg machen. Ich gehe von dem unbestreitbaren Sag aus, daß die dras matische Dichtkunst einerseits schon einen nicht unbes Beutenden Grad von Bildung des Publicums vori ausfest, andrerseits aber diese Bildung dann erhöht und vermehrt; ferner, daß die dramatischen Sujets Immer aus der Geschichte oder dem wirklichen Leben genommen werden, daß die tragischen leicht heftige und einer absoluten Willkürherrschaft nicht günstige Leidenschaften aufregen können, die komischen oft Stånd de oder Personen lächerlich machen, die in der Ges fellschaft eine bedeutende Rolle spielen, daß überhaupt die einen oder die andern mannichfachen Stoff zum Nachdenken darbieten, und namentlich viele Belehrung åber politische und religiöse Dinge enthalten. Da nun der dortige Clerus die dramatische Kunst nicht ganz abzuschaffen" vermochte, so richtete er sie feinet Absichten gemäß ein, und beschränkte fie, besonders früherhin, (wie dieß auch Calderons Werke zeigen)

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meistens auf ble fog. autos sacramentales, b. h. allegorische Schauspiele von religiösem Inhalt. Neuers bings giebt es zwar zwei Theater in Madrit, auf denen Schauspiele im gewöhnlichen Sinne gegeben werden; allein sie sind ganz unbedeutend, und von dem Geistlichen schon gehörig zugestugt, um durchaus kei= nen Anstoß und besonders ja nichts zu denken zu geben. So . B., um nur Einiges anzuführen, er= scheint Baselio im Barbier von Sevilla niemals im Gewande eines Priesters, und ebenso ist Voltaires Baire in einen Triumph der Religion" verwandelt worden, zu deren Unterstüßung die Spanischen Pries fter dieß Stud das seinige auf ihre Manier beitras gen lassen, obwohl sein Verfasser gewiß nicht daran bachte, für ihr Bestes zu arbeiten. Im Ganzen hals ten die Priester und Mönche jedoch auch schon dars um wenig vom Theater, weil sie demselben nicht persönlich beiwohnen dürfen. Ganz anders verhält sich nun Alles mit den Stiergefechten; bei diesen ist nicht zu besorgen, daß irgend eine Geistesfähigkeit außer der rohen Schlächterwuth entwickelt werde; durch diese grausamen Spiele scheidet sich Spanien auf das Strengs ste von dem übrigen civilifirten Europa; diese erhals ten das Volk fortwährend in schner Rohheit und

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