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Landtag ein christ licher seyn, und somit bie christliche Kirche auf demselben gehörig vertreten werden? *)

Allein dieß und alles Aehnliche, was noch etwa in dieser Hinsicht vorgebracht worden ist, kann nicht zu dem fraglichen Resultate führen; wie sich denn auch die Stimmen sehr bedeutender Politiker entschie ben gegen eine besondere Vertretung der Kirche unb Geistlichkeit erklärt haben, wie z. B. Uncillon), Arndt3), Pilis 4) u. A. und selbst Geistliche, wie Bretschneider, 5) Kähler). Gerade weil das Repräsentativsystem Vertretung eines jeden Interesses fordert, ist es nicht nöthig, das besondere kirchliche und religiöse durch einen besondern Stand zu vertre= ten. Wie könnten die Vertreter des Gemeinwese'ns dieses seyn, wenn sie nicht des gemeinen Besten gedachten, zu welchem ja auch das religióse

1) Jon. Schuderoff Ueb. Staats- und Kirchens verfassung.

2) Ueb. d. Staatswissenschaft S. 94.

3) Ueb. ständische Verfass. S. 59.

4) A. a. D. Vgl. Schweizer dff. Recht d. G.H. Weimar S. 78.

5) Oppositionsschrift 1819 B. III. S. 283.

6) Sonnenklarer Beweis, daß ein chriftl. Regent stets der oberste Bischof in f. Laude fei. S. 46.

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und kirchliche Wohl gehört! Gerade weil unser Staatsleben auf christlicher Grundlage ruht, ist unser Landtag von selbst ein christlicher, auch wird ja von jedem Deputirten das Bekenntniß zu dieser Religion zefor bert. Und ist es irgend denkbar, daß, feine Mitglieder, fobald Religion oder Kirche irgend durch einen Act ber Staatsgewalt bedroht oder beeinträchtigt werden follten, nicht schon als Volksvertreter schlechtweg, fich jener annehmen und dieselbe in ihren Rechten schüßen würden? Freilich nur in so weit, als hier äußert Rechtsverhältnisse in Frage kommen; aber wenn die Kirche und die Geistlichkeit ihren wahren Vortheil verstehen, so werden sie auch nichts mehr verlangen, und in Hinsicht ihrer innern Angelegens heiten, so weit nicht das Oberaufsichtsrecht des Staats reicht, jede fremde. Einmischung fern halten. Das Repräsentativsystem ist aus der Idee der Ein heit des Volks und Staats hervorgegangen, und ihm zufolge kann die Kirche nur als eine einzelne, immer untergeordnete Gesellschaft im Staate, wenn gleich die wichtigste, angesehen werden, nicht als eine, die neben dem Staate, oder ihm gegenüber stehen könnte. Die Kirche als äußere Religionsgesells schaft muß dem Staate so gut sich unterordnen und

ihm dienen, wie es die Wissenschaften, Künste u. f. w in den vom Staate geftifteten ober erhaltenen Anstal ten, den Universitäten, Academieen u. f. w. thun/ 1 und einer Kirche, die sich nicht in jener Beziehung dem Staate unterordnet, gebührt keine Stimme, noch weniger Repräsentation. Dabei bleibt es ihr, d. h. Ihren Gliedern und Vorstehern, oder dem geistlichen Stande als solchem, ja immer unbenommen, von dem: Petitionenrecht, was ohnehin jedem Staatsbür ger zustehen muß, Gebrauch zu machen, und den = Landtag oder die Regierung von demjenigen in Kennt

niß zu sehen, was der Kirche oder ihrer Dienerschaft, #der Geistlichkeit, besonders Noth thut, und wofür' ber Staat Abhülfe hat. Sieht man die Geistlichen als Staatsdiener an (wogegen sich, km weitern. Sinne dieses Worts, nichts sagen läßt), so kann um so weniger von einer besondern Vertretung die Rede feyn mit gleichem Rechte würden sonst die Schullehrer, Advocaten, Aerzte, Apotheker, u. s. w. u. s. w. besondere Repräsentanten fordern können.

Dagegen versteht es sich, daß Geistliche ebenso gut, wie Juristen u. f. w., sowohl ein actives, als passives Wahlrecht haben müssen, und daß es sehr unpassend ist, wenn sie nicht ebenso gut, wie Andere, zu Volks

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vertretern gewählt werden können; falls sie nur sonst fich gehörig qualificiren. Einheit:: zwischen : Staat und Kirche kann übrigens nur insofern möglich und nüßlich seyn, als der Staat die Kirche als ein hochwichtiges, seinen Zweck in sich selbst habens bes Institut anerkennt, und sich nicht in ihr Innes res mischt, und als die Kirche ihrerseits bedenkt, daß ihr Reich nicht von dieser Welt ist, daß sie mithin ihre Glaubensfäße nicht zu Staatsgesehen erheben, und für dieselben nicht den Staatszwang in Anspruch zu nehmen hat. Damit vertrågt es sich übrigens gang gut, daß die Kirche sich die Aufgabe seßt, das irdische: Leben schon jest möglichst zu verklären, zu veredeln und namentlich durch Anschließen: an das Staatsleben im Großen und Kleinen, diesem einen edlern Geist und Schwung einzuhauchen. Dann wird es der bes sondern Vertretung um so weniger mehr bedürfen, und wenn die Glieder der Kirche und namentlich die Geistlichen immer vor allem danach trachten, Andern ein Vorbild, vor Allem selbst tüchtige Staatsbürger zu seyn, so, wird ihnen Alles, was sie in Hinsicht auf Repräsentation verlangen und wünschen: Tones nen, schon von selbst zufallen.

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III.

Die Diplomatie und die Diplomaten.

Zeiten, wie die gegenwärtige, find die Glanz perioden der Diplomaten. Während die Cabinette, scheinbar zusammenwirkend, jedes für sich, noch nicht mit sich selbst einig sind über die zu ergreifenden Entschlüsse und Maßregeln in irgend einer bedrohlis chen Periode, treten jene ostensibel auf, und erklas ren sich, wie es jezt in London geschieht, in einer Weise, als werde das, was sie beschließen und kunds machen, zur Richtschnur dienen, bis zur völligen Schlichtung des obwaltenden Streits. Sind sie klug und verständig, und das sollten sie doch wohl alle feyn, so wissen sie recht gut, daß sie nur hingestellt find, um die Aufmerksamkeit festzuhalten oder abzus lenken, während anderwärts und oft gerade da, wo man es am Wenigsten ahnet, in einer ganz andern Richtung das Steuerruder gelenkt wird. Daher die Einigkeit und das Rasche in ihren Entschlüssen und Verfahrungsweisen, im Gegensaß der Bedächtigkeit und der Langsamkeit, wenn es Ernst gilt.

Man sollte beinah glauben, es habe jeder große Hof besondere Männer in Reserve, die in ruhigen

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