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retischen oder practischen Kenntnissen eines Gelehrten so manche persönliche Eigenschaften erfordert, nas mentlich Festigkeit des Characters, Selbstständigkeit der Haltung, männlicher. Freimuth, vornehmlich auch bie Gabe der Beredsamkeit, (ohne welche ein Abgez ordneter seinem Beruf nie völlig gewachsen seyn kann, daher jeder, der sich selbst diese Gabe absprechen muß, die auf ihn gefallene Wahl ablehnen sollte, *)). welche alle nur selten beisammen angetroffen werden möchten, zumal in Deutschland, welches seinen polis tischen Cursus erst seit einigen Jahren begonnen hat, baher zwischen f. 9. Ersasmännern und Amtesubsti tuten ein gewaltiger Unterschied ist. Sind nun jene Eigenschaften mehr oder minder bei diesem oder jenem Beamten vereinigt, und zeigt das Volk seine Uebers zeugung hiervon durch die Wahl desselben zum Deputirten, so kann es diesem Volke nichts weniger als gleichgültig seyn, wenn man den Gewählten perhor rescirt, und jenes zu einer neuen Wahl nöthigt. Macchiavelli stellt in seinem berühmten und bes

1) Für Statiften, für unklare Köpfe, für Männer ohne mündliche Beredsamkeit wird keine Tribune in Ståndeversammlungen errichtet!!! - Pólik a. a. D.

S. 103,

rüchtigten Fürsten" *) (Cap. 22) den Sag auf, daß die Wahl der Minister für einen Fürsten eine höchst wichtige Sache fei, weil man nach derselben über seinen Verstand urtheile. Auf gleiche Weise und mit gleichem Rechte urtheilt man von der Wahl der Repræsentanten auf den Geist des Volkes, welche das her bei lehterm mit allem Fug für eine Ehrenfache gilt; fällt diefelbe auf wackere Männer, die nament= lich von Seiten der Lüchtigkeit ihres Characters, (welches immer die Hauptsache ist, 2) besonders in Hinsicht ihres rücksichtslosen Eifers für Freiheit und Recht, 3) fich allgemeine Achtung erworben haben; so schließt man auch auf ähnliche kräftige Gesinnung im Bolke, und wird eine solche Wahl durch nichtige Urs faubverweigerung annullirt, fo' beleidigt und kränkt

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1) Von welchem übrigens schon der alte Janus Gru terus ganz ehrlich und treffend bemerkt: Jeders mann schilt ihn, und jedermann practicirt ihn."

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),,Ob du der Klügste seist, daran ist wenig gelegen; ,,Aber der Biederfte sei, so wie bei Nathe, zu Haus.“

3)Männertrop vor Königsthronen."

Githe.

Schiller.

maris das Volk

was dgegenwärtig immer als eine

unpolitische Handlung gelten müß.

Hierzu kommt: endlich, daß die allgemeinen bleis benden Landesinteressen überall den bloß particulåren und momentanen vorangehen, sowie das Verfassungsgrundgeseß der Verwaltung; daher verfassungsmaßige Wahl mit einer Beschränkung durch eine von subjecti= vem Belieben einer Verwaltungsbehörde ausgehende Urs laubverweigerung ganz in Widerspruch steht. ) Dick wurde auch in Baden neuerdings anerkannt. Im Fahr 1820 legte die Regierung als eine Verfas funge ånderung den Ständen den Vorschlag vor, baß auch in Baden, wie in. Baiern, für die Staates dieners Ersaßmånner gewählt werden sollten, um Uplaubsverweigerungen ohne Beeinträchtigung der Stáns deversammlung und der Wahldistricte möglich zu maş chen,und damit namentlich lektere nicht ihres Depur tirten beraubt oder zur neuen, Kosten verurtheilt were den könnten. Man gläubte zugleich diese Veränderung anticipiten zu können, indem man vier Mitglieder zwar nicht ihres Deputirtenrechts für die ganze Lands

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1) Vgl. d. Beilage jüm Niederrheinischen Korresp. f. d. constit. Deutschland 1831 No. 10.

tagsperiode beraubte, aber doch momentan nicht einber rief. Für diese Maßregel konnten damals die Regierungscommiffåre anführen, daß der allgemeine oberste Justizhof bes Landes, dem drei jener Mitglie ber, Fohrenbach, Fezer und Liebenstein, ans gehörten, selbst amtlich erklärt habe, seine Justizverwaltung leide durch ihre Abwesenheit, und daß das vierte Mitglied, Prof. Duttlinger, gleichzeitig mit Rotted darum besonders schwer bei der Universit *åt vermist werden würde, weit damals weniger jus ristische Lehrer in Freiburg waren, und weil der Landtag damals nicht, wie der Regel nath, größten theils in die Osterferien, sondern schon mit feinem Anfang in das Sommersemester fiel. Dennoch aber erregte diese Maßregel einen solchen allgemeinen und energischen Widerspruch in der Kammer, eine solche aufgeregte Spannung, daß die Regferung, um bièr selbe zu beruhigen, schon nach wenigen Engen, und ohne daß der schon fertige einstimmige ständische Auss Schußbericht gegen die Maßregel und der Vorschlag nur zum Vortrag kommen durfte, beide vältig zurücknahm, und die schleunige Einberufung jener vier Deputirten verkündete, worauf die Kammer, um das ganze Gewicht, das sie auf diese Sache legte, zu

bethätigen, durch eine besondere Deputation dem Großherzog dankte für diese schnelle, Beschwichtigung der entstandenen Mißstimmung durch die Zurücknahme einer Maßregel, die noch nach Jahren in der Kammer bezeichnet wurde, als eine gehässige, die im gan zen Lande und im Auslande die größte Sensation, ges macht habe,“ (S. Verhandl. d, zweiten Kammer von 1820. H. I. S. 14; 5. II. S. 4, 12, 84, 91).

Sonach zeigt sich in jeder Hinsicht jene Recufation als nichtig und schädlich, vornehmlich aber darum, weil sie ein Zeichen von Furcht von Seiten der Regierung ist, oder, was gleichviel gilt, als fol. ches gedeutet wird; was denn, nach Montesquieus treffender Bemerkung, *) dem monarchischen Princip selbst verderblich ist....

Wir schließen mit den hierher gehörigen Wors ten des wackern P¿lig2): „Nie wird eine, auf die öffentliche Meinung sich stügende, Regierung in die Verlegenheit kommen, durch ihre Commissarien entweder die Wahl gewisser, ihr unwillkommener In dividuen zu hintertreiben, oder eine geschehene Wahl

1) S. das Motto zu diesem Auffah."
2) Das conftitut. Leben S. 105%

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