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auffallend, daß drei Holländische, drei Italienische und ein Paar Deutsche Senatoren zu fungiren fortfuhren.

Damals erschienen im Moniteur und andern Volksblättern zwei viel Aufsehen erregende und die Absichten der Verbündeten über Frankreich in ein ge= hässiges Licht stellende Auffage, nämlich ein Bericht über die in Chatillon am 18. März abgebrochenen Friedensunterhandlungen, nach welchem die Verbündeten Bonaparte wollten regieren lassen, wenn er ihre Friedensbedingungen angenommen hatte. Der zweite Auffah war die die Bourbons betreffende Proclamation Lord Wellingtons vom 2. Februar. Man fand keinen vernünftigen Grund, warum beid@gerade in der Staatszeltung Aufnahme erhielten.

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Paris war damals, ungeachtet des Gerüchts von Napoleonischen Emissarien, um Aufruhr anzustiften, fo ruhig, daß Herr von Talleyrand volle Muße hatte, die Armee im Felde und in den Festungen durch seine Agenten zur Anerkennung der Bourbonischen Regien rung zu bewegen, und als es ihm mit Marschall Marmont gelungen war, fiel Jedermann ein, daß es für die Privatinteressen und für das Allgemeine am Besten sei, sich ruhig jener Regierung zu unterwer

fen. So stand Napoleon von Allen verlassen, und nahm an, was man ihm bewilligte.

Vom Kaiser Alexander ging der Antrag aus, daß Napoleon künftig auf der Insel Elba refibiren solle. Nach der Bewilligung gab dieses viel Gerede, ob das nicht gefährlich sei, weil die Insel Frankreich und Italien nahe lag. Man meinte, daß Eugen Beauharnais in Italien, und Murat in Neapel so beliebt wåren, daß sie die Geister neu aufregen und für Napoleon ein eigenes selbstständiges Reich In Italien stiften könnten, wenn er seine alten Waffengefährten dorthin zu sich berufen würde.

Ich hege für den Kaiser Alexander die höchste persönliche Verehrung und Zuneigung, will mich aber doch hier ganz freimüthig über sein damaliges Vers fahren aussprechen.

Als der Kaiser wahrnahm, daß er in Paris die Gunst des Französischen Volke gewonnen hatte, und fo entschiedenen Einfluß auf den König von PreuBen besaß, so nahm er den Ton der Ueberlegenheit unter den Verbündeten an. Was die Politik seines Staats ihm zu bedürfen schien, das wurde nicht Långer unter Mächten mit gleichen Ansprüchen freundtich berathen, sondern fast oberherrlich vorgeschrieben.

: Dadurch erlangte er, daß Oesterreich und PreuBen ihm endlich seine Grenzen bis Kalisch auszubreiten gestatten wollten. Noch war aber Preußen nicht gesonnen, ihm auch Thorn und Oesterreich Krakau und Zamoisk mit der Auferstehung des Königreichs Polen einzuräumen.

Selbst diese großen Zugeständnisse befriedigten den Kaiser noch nicht; er erklärte laut, daß Polen wiederhergestellt werden solle, auch daß er Polen, Kras kau, Zamoisk nicht aufgeben wolle, und in aller Stille gab er zu verstehen, daß er zur Behauptung ein Heer von 480,000 Mann bereit habe.

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Der Preußische Minister sah die große Gefahr der Uebermacht Rußlands schon jest ein; aber der kluge Alexander machte sein ganzes Gewicht der Freundschaft beim Könige von Preußen geltend, wodurch dieser geneigt wurde, das Möglichste dem Russischen Kaiser einzuräumen, von hem er nichts fürchtete. Dadurch wurde aber fast unmöglich, eine Vereintgung des übrigen Continents, mit Einschluß Franks reichs, wider Rußlands gefährliche Vergrößerung in Europa zu Stande zu bringen.

Man fonnte sich in Paris über die Theilung der Erbschaft Napoleons nicht vereinigen; aber Ruß

land hatte im Besik, was es haben wollte; auf dem Wiener Congreß wollte man sich schlüssig vereinigen.

Sollte jemals die ganze diplomatische Correspons denz der damaligen Unterhandlungen unverfälscht ge. druckt werden, so wird man sehen, daß die Brittische Regierung beflissen war, ein wahres Europäisches Gleichgewicht herzustellen, und dagegen den Plan des Ruffischen Kaisers, als einen Versuch, Frankreichs Tyrannei, bie vom Süden ausging, zwar zu vertilgen, aber durch das Russische Dominat vom Norden > aus, unter dem täuschenden Vorwand der in Polen hergestellten Volksfreiheit, zu erseßen, männlich und lange widersprach.

Es ist meine Absicht, wenn meine Werke den Beifall des Publicums finden sollten, dem Publicum das ganze diplomatische Gewebe des Wiener Congref= fes, deffen Theilnehmer ich war, mitzutheilen, und zugleich militärische Details und den Briefwechsel mit den unter mir angestellten Officieren bei der Preußis schen, und Oesterreichischen Urmee.

Durch das damalige Betragen Großbritanniens erschien Englands Anspruch auf eine Art Herr schaft über die Meere den Völkern weniger verfång

lich, und Rußland wurde verdächtig, sich in alle bas übrige Europa betreffende innere Gestaltungen mischen zu wollen. Rußland konnte nicht mehr hoffen, den Continent von ganz Europa wider Großbritanniens Seerechte zu vereinigen, obgleich ersteres fühlte, fein Wohlstand bedürfe, daß Großbritannien viele Producte Rußlands verbrauche.

Während der König von Frankreich, nachdem er Paris im März 1815 verlassen hatte, weil Bonaparte mit dem zu ihm übergegangenen Heere von Súben heranrückte, war er wider Jedermann mißtrauisch geworben. Von der ganzen Bourbonischen Familie hatten Alle, bis auf den Herzog von Orleans, den Kopf verloren. Dieser besaß zwar in der Armee viele Zuneigung, und sein Rath wäre nüßlich gewesen; aber jeder Rath Orleans wurde verworfen und vers nachlässigt, weil der König auf diesen die Liebe des Volke besißenden Fürsten eifersüchtig war. Alle waren sich eins, daß er wegen seiner vielen Fähigkeiten von der ganzen Bourbonischen Familie der einzige im Bolte beliebte Fürst war.

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