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Die Flüchtlinge führen daselbst ein so eintöniges Le= ben, daß sich ihre Anzahl anstatt zu vermehren, tåge lich verringert. Jeder Freude der menschlichen Gezi sellschaft müssen sie ja entsagen; dort giebt es keine Gesellschaften, teine Zusammenkünfte, in denen ein Mann aus dem höhern oder aus dem Mittelstande nur auf wenige Augenblicke Trost fånde. Ein Mann des Heiligthums, wie ihn das Edinburger Volt nennt, der Herr der Abtei, nach dem Ausdruck der Bauern, ist das beklagenswertheste Geschöpf auf der Welt. Kaum alle drei Monate kommen die Trinker des Orts zusammen, um ihren Whisky oder ihren Rofent zu schlürfen. Da verfluchen sie denn auf gemeinschaftliche Kosten die Härte ihrer Gläubiger, da segnen sie den traurigen Genuß ihres Privilegis ums so lange, bis sie über der gegenseitigen Erzäh= lung ihres Unglücks einschlafen. Es giebt in diesem Heinen Lande weder eine Bibliothek, noch ein Billard, noch einen Lesezirkers kein Miethpferd ist aufzutrei= ben, und kein Mittel ist zu finden, um sich die Zeit zu vertreiben, oder sie zu tödten. Geht der Arme aus seiner Hütte heraus, so begegnet er gewiß irgend einem Edinburgischen Nachbar, dessen ftarre, spottende Blicke ihm die Schande seines Asyls vorwerfen.

Das ist die angenehme Existenz der Bewohner von Holyrood. Ihr einziges Vergnügen besteht darin, den Hügel zu besteigen, von dessen Gipfel herab sich die Blicke in einer weiten, bewunderungswürdigen Aussicht ergehen. Wie Robinson auf dem Gipfel seines Berges als einziger Besiger alles dessen, was nur sein Auge erblickte, sein Vergnügen darin suchte, die Bäume seiner Besizungen zu zählen, so kann auch der Flüchtling, auf dem Rasen hingestreckt, die Schiffe des Forth zählen, so kann auch er sehen, wie sie herannahen, ihre Segel und ihr Takelwerk ents falten, wie sie dann nach und nach immer kleiner werden, bis sie endlich den Blicken entschwinden. Aber es ist das eine traurige Vergütung für einen Mann, der von seiner Familie getrennt, und von aller übrigen menschlichen Gesellschaft abgesondert ste= hen muß.

Aber diese zerstreuungslose, uninteressante Mos notonie des Lebens erfordert auch noch ungeheuere Kosten. Eine jede solcher Hütten, die an die Schuldner vermiethet werden, kostet mehr, als ein schönes Haus in Edinburg. Die Nahrungsmittel find so schlecht und selten, daß sie mit Gold bezahlt werden. Unstatt auf Kosten des Staats ernährt zu werden,

wie das der Fall wäre, wenn ihn sein Gläubiger håtte fest sezen lassen, muß der Flüchtling viel Geld ausgeben, um sehr schlecht zu leben. Man weiß dieß, und die Gläubiger sind höchst aufgebracht gegen solche, welche das Privilegium des Asyls lange in Anspruch nehmen, denn dieß ist ein Beweis, daß sie das zu ihrer Existenz nothwendige Gelb mit sich genommen haben. Die meisten von denen, welche sich in Holyrood niederlassen, thun dieß auch nur, um der Ge= fängnisstrafe zu entwischen.

Sobald wie möglich sehen sie sich dann mit ih ren. Wechselinhabern, und verlassen mit möglichster Eile ein Asyl, in dem man sich bei weitem leichter und schneller zu Grunde richtet, als irgendwo anders. Hier nur finden die Schuldner aus allen Ländern einen Zufluchtsort. Noch kürzlich haben drei Englische Barone ihre Wohnung dort aufgeschlagen, und selbst. einige Pairssöhne haben keinen Anstand genommen, eine so bequeme, aber auch unglückliche Immunitát zu bes nußen. Mehrere haben dort ihr Vermögen durchge bracht, und sind lieber im Bezirk von Holyrood ges storben, als daß sie ihre Schulden bezahlt hatten; aber dieß sind nur höchst seltene Fälle, die man mehr

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Dem Schloßhauptmann steht das Recht zu, dew Flüchtlingen freie Wohnungen im Schlosse selbst ans zuweisen; diese Gunst wird gewöhnlich jenen vorneh men Leuten zugestanden, die wir eben erwähnt haben. Vor kurzem wohnte dort der Sohn eines Schottis schen Pairs, der einen Edinburgischen Tapezierer bes auftragte, feine Bimmer zu möbliren. Nachdem die Arbeit vollendet war, weigerte sich der junge Mann, zu bezahlen, indem er vorschüßte, das Recht des Asyls entbinde ihn von der Verpflichtung, eine Schuld zu bezahlen, die er vor dem Eintritt in den Bezirk des Asyls contrahirt habe. Der Proceß warb geführt, und der titige Betrüger gewann ihn unglaublicher Weise. Die 'unverjährbaren Rechte des königlichen1 Privilegiums wurden zu seinen Gunsten in UnweĦ=> dung gebracht, und der unglückliche Tapezierer bekam nichts für seine Arbeit und Möbeln.

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Besondere Wahrnehmungen des Sir Char les Stewart, gegenwärtigen lords LondonDerry, auf seiner diplomatischen Mission in den Jahren 1813 bis 1815 ).

Als der Brittische Generallieutenant Vane. Lon= donderry (vormals Sir Charles Stewart) vom Lord Castlereagh im Frühjahr 1813 als Englischer Militårgesandter an die hohen wider Napoleon im Kriege befindlichen Continentalmächte nach Dresden gesandt worden war, hatte er dort am 27. April seine erste Audienz beim Könige von Preußen, und erfuhr von diesem Monarchen, welche Anstrengungen er schon zum gemeinsamen Interesse der verbündeten Mächte gemacht, und welche fernere Resultate von ihm er

1) Narrative of the war in Germany and France in 1813 and 1814. By Lieut. - General Charles William Vane, Marquess of Londonderry. London, 1850.

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