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Ueber Moral, Politik und Religion sprach sich Jefferson, der so viele scharfsinnige Bemerkungen in Vergleichung des Zustandes der Europäischen und Nordamericanischen Staatskunst aus seinem an Erfahrungen reichen Geschäfts- und Privatleben in Ame rica und Europa in seinen Schriften und in seinem Briefwechsel mittheilte, folgendergestalt aus.

I. Föderalisten und Republicaner. Die ehrlichen Männer dieser beiden Parteien in America wollen zwar das allgemeine Beste befördern, aber sie sind sich uneins in Hinsicht der dazu führenden Wege. Beide glauben, daß dieses allgemeine Wohlfein besonders von der Form der Staatsvers waltung abhänge. Die Föderalisten fürchten die Unwissenheit des Volks, und die Republicaner den Eis gennus der vom Volke zu unabhängigen Gesekvollzieher. Wer Recht hat, wird die Zukunft und die Erfahrung beweisen! Lange genug hat man ver= sucht unwissende Völker zu regieren, aber dadurch das allgemeine Wohl der regierten Bürger gewiß nicht befördert. Der Versuch, die Aufklärung und bie Bildung eines Volkes sich frei entwickeln zu las= fen, ist noch nicht mannichfaltig genug erprobt wor=

den."

„Die Föderalisten haben eine andere Meinung. Diejenige Meinung, welche im Volke die herrschende geworden ist, muß man im Volke vorherrschen lassen. Immer muß aber die Regierung sich ehrlicher Mittel zur Verbreitung der Wahrheit und des Lichts der Vernunft bedienen, und niemals weder den sittlichen Werth derjenigen, welche anders denken, noch ihre Freundschaft geringschäßen. Wenn mir auch deß= halb, sagt Jefferson, eine Zeitlang ein Freund Kälte zeigte, so war ich doch stets zur Aussöhnung mit ers Ealteten, fich mir wieder nähern wollenden Freunden bereit."

II. Könige. Ich habe den Werth des Kö nigthums und der Magistrate, welche gern Könige werden möchten, scharf geprüft. Möchten aus den jüngsten Erschütterungen des Königthums und der Aristocratien unsere jungen Republiken lernen, nies mals fremde Mächte zur Schlichtung der Uneinigkeit ihrer Bürger über Gegenstände ihrer inneren Verwals tung herbeizurufen; sich húten, erbliche Staatsbeamte einzuführen und zu verhindern suchen, daß ihre eins zelnen Bürger jemals so reich und so mächtig wer= den, um sich mit den Nichten, Schwestern und Tóch= tern der Könige zu vermählen!"

III. Aristocratie. Sollte in Nordamerica irgend ein Glled der aristocratischen Vorzüge, z. B. der Cincinnatusorden sich einbürgern, wenn auch erst vielleicht nach unserm Ableben, so führt jede solche erbliche Auszeichnung zur erblichen Aristocratie, welche bann unsere treffliche Form der Staatsverwaltung in die schlechteste umbilden dürfte. Wer Frankreich vor ber Revolution gekannt hat, sah ein Beispiel, wie auf bem fruchtbarsten Boden, unter dem mildesten Clima, in einem Lande, das aufs Innigste im Innern verbunden ist, bei einem sehr menschenfreundlichen Volkscharacter und jedem irdischen Segen, dennoch dieser Fluch für vierundzwanzig Franzosen unter fünfundzwanzigen Wurzeln faffen konnte."

IV. Der Póbel in den Städten Eu ropas. „Auch in Europa hat sich die Volkɛmeis nung ungemein umgestaltet. Alles, was lesen kann, was zu denken, vermag und Americas Beispiel, haben ein Rechtsgefühl in den Völkern entflammt, was früher schlummerte. Daher hat sich der Werth der. Wissenschaft, Talente und Muth erhoben, wider die frühere Ueberschägung des Ranges und der Ge burt. Wer durch Lestern ausgezeichnet ist, und nicht persönliche Vorzüge damit verbindet, der läuft Ge

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fahr, seine Achtung sehr vermindert zu sehen. Die ersten Versuche, die Aufklärung hierüber weiter zu · verbreiten, scheiterten, weil man sich dazu des Pỏ-: bels bediente, der durch Vernunftgründe sich nicht bándigen ließ, weil er durch Unwissenheit, Laster und Armuth sich erniedrigt hat. Der dadurch ents standene panische Schrecken vor Volksaufregungen wird sich jedoch einst vermindern, denn das Wissen steigt in allen Stånden mit den Talenten und dem Unternehmungsgeist der Einzelnen. Sollte aber eine mal das Landvolk eine gleiche Aufregung als früher der städtische Pöbel in sich aufnehmen, so werden die Landmånner von der einen Seite für Gründe der Vernunft in eben dem Grade lenksamer, als den Ges sehen gehorsamer seyn. Alsdann können am Ende Rang, Geburt und alles aristocratische Blendwerk allen Einfluß auf die Menge verlieren. Uns gebührt aber kein Interventionsrecht, um solche Gährung zu befördern. Uns Americanern genügt vielmehr, daß der moralische und physische Zustand unserer Bürger fie in Stand seht, den Regierenden mit Vernunfts gründen zu empfehlen, das Edle und Gute, was uns vielleicht noch mangelt, einzuführen, und bei allen Wahlen die Vorsicht zu gebrauchen, daß der erwählte

Beamte, wenn man den unrechten Mann erlohren' hat, bald wieder in den Hintergrund geschoben werden kann."

V. Nithige Verbesserungen. 1),,Jes: ber mündige Bürger muß eine Wahlstimme haa ben; 2) jeder Bürger auf gleiche Art repräsen= tirt werden; 8) das Volk selbst muß die Ober beamten der vollziehenden Gewalt wählen; 4) auch die Richter müssen erwählt, und wenn sie dem Volke mißfallen, durch andere ersezt werden; 5) ebenso Friedensrichter, Geschworne und Polizeibeamte eines Districts; 6) ebenso die Pupillarbeamte, und 7) von Beit zu Zeit muß jede Verfaffung eine Revision und Reinigung von Mißbrduchen erfahren."

VI. Englische Visitation der See schiffe anderer Flaggen, um auf solchen die Englischen und selbst die naturalis firten Matrosen aufzusuchen, sie wegzu» nehmen und in ihrer Marine zu gebraus chen. Dadurch entstand der weitere Mißbrauch, daß die Brittischen Visitirer beliebige ihnen anstes hende Personen preßten. zwei Neffen des General Washington auf ihrer

So wurden von ihnen

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