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schickte. Nun wurden tausend Entschuldigungen wegen des Mißverständnisses gemacht, und die Depe schen zurückgegeben, troß dem erschien aber der Cous rier nicht zu Adrianopel. Zwei Tage später ges lang es ihm, ben Conful zu benachrichtigen, daß er gegen feinen Willen zurückgehalten werde und sehr für seine Sicherheit besorgt sei. Der Conful_machte neue Vorstellungen und verlangte die Freilassung des Boten. Eine höfliche Antwort erfolgte mit dem Bea fcheide, für den Courier folle Sorge getragen und berselbe mit Escorte nach Enos zurückgesandt wer= ben, da es im Lande sehr unruhig sei. Er wurde auch mit einer Escorte zurückgeschickt; dieß war aber eine Truppenabtheilung mit vier Stücken Geschüß, bazu bestimmt, Enos zu nehmen; ihr mußte der Courier als Führer dienen. Enos fiel nach kurzem Widerstande, und auf diese Weise war eine Communication zwischen Adrianopel und den beiden Flots ten des Archipels und des schwarzen Meeres er= öffnet.

Die Eröffnung der Depeschen mochte wohl von der Dummheit des Griechischen Couriers herrühren, der nicht deutlich erklärte, wer ihn abgesandt habe; übrigens war es ein unangenehmer Vorfall. Das

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Zurudhalten bes Couriers findet seine Entschuldis gung darin, daß die Russen teine andere Mittel hatten in diesem Augenblicke, um den Weg nach Enos zu finden, und es für sie von der größten Wichtigkeit war, mit ihrer Flotte in Verbin dung zu stehn.

Da der Pascha von Scutari beständig drohte, mit seiner ganzen Macht das Russische Hauptquar=' tier angreifen zu wollen, so hielt man es für raths fam, die Division des Grafen Pahlen von den Vors posten bei Kirkalissa zurückzurufen. Bei ihrer An kunft auf der Ebene, südlich von Abrianopel, ritt der Feldmarschall mit seinem Stabe hinaus, um sie zu inspiciren. Graf Pahlen rückte an der Spiße seiner Division von 5000 Mann in Colonnen vor; darauf marschirten sie bei dem Feldmarschall vorüber. Bu erst erschienen einige hundert Lanciers in Weiß; ihnen folgten die Husaren mit Piken; darauf kam ein langer Bug Artillerie, an den sich ein Musikcorps stieß, und endlich schloß ein starkes Corps Infanterie in Capotrocken den Zug. An der Spike des Fufivolkes offenbarte sich eine höchst comische Erscheinung. Ein langer, starker Grenadier, wie die übrigen mit Capotrock und Müge bekleidet, die Mus

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kete schulternd, tanzte und hüpfte vor seinen Came= raden her, nach der lebhaften Melodie von Po ulit. za mostavoi; seine Gefährten sangen mit ihm, eine Trommel begleitete sie, und dann und wann stieß Jener ein kurzes Juch aus und beeilte seine Schrits te. Indem fie so vor uns vorüber zogen, ihr Liebs lingslied singend, bewegte sich auch kein Zug auf ih rem Gesichte, noch wurde ihre Haltung fröhlicher, ihr Aussehn schien einexercirt zu seyn, wie ihre Glieder. Das Ganze war von höchst seltsamem Effect.

Da man mich oft gefragt hat, was ich von der Russischen Armee denke, so will ich diese Frage hier furz beantworten. Die Ruffen verdienen im Allge= meinen großes Lob wegen ihres Bestrebens, in der Cultur fortzuschreiten; auch spornt ihr Ehrgeiz sie gewaltig an, sich den Fremden vortheilhaft zu zeis gen. Sie erscheinen daher nirgends besser, als im Heere; der Kaiser, feine Brüder und die Generale bemühen sich daher mit der ausgesuchtesten Aufmerks samkeit, die Truppen zu vervollkommnen. Diese sind gut gekleidet und gut exercirt; ein gleichartiges Sys stem geht durch das Ganze, und eine Abweichung von der bestehenden Ordnung fällt Niemanden ein. Der Officier, der sich erlauben würde, irgend ein

Stück feiner Uniform anders, als nach der gegebenen Vorschrift zu tragen, wird mit Arrest bestraft, und die Soldaten, die sehr sorgfältig hinsichtlich ih. rer Kleider sind, fehen auf der Parade immer nett aus. Die Evolutionen werden mit Prácision, doch nicht so geschwind, wie bei den Engländern, ausges führt. Die Cavallerie bewegt sich langsam, in Vers gleich zu der Schnelligkeit der Englischen Dragoner; die Russische reitende Artillerie giebt dagegen Keiner an. Geschwindigkeit nach. Die gemeinen Soldaten sind geduldig bei Hunger und Mühseligkeiten, folgen aus Gehorsam gegen ihre Vorgeseßten diesen, wohin fie fie leiten, und stehen, ohne zu wanken, dem wil desten Feuer ausgefeßt. Doch sind sie, wegen der schlechten Nahrung, an die sie gewöhnt sind, bei Weiz tem nicht so stark, wie die Engländer.

Hinsichtlich des Esprit de corps unter den Russen, läßt es sich leicht denken, wie schwer es fällt, denselben einzuflößen, sobald ein Recrut sich nicht dies jenige Waffengattung wählen darf, die ihm gefällt, sondern je nachdem man seiner bedarf, unter Gavallerie und Infanterie, oder gar unter die Matrosen ges steckt wird. Da er jedoch zu den Prådestinarien gehört, so sagt der Ruffe nur: Steho dielitt?

„Was ist da zu thun? Ich kann mir nicht helfen," und ergiebt sich in sein Schicksal. Nach einiger Beit wird er stolz auf die Waffengattung, zu der er gehört, und betrachtet seinen Polkownick oder Obristen als seinen zweiten Vater.

Aufenthalt in Adrianopei.

Ich hatte von den Russischen Officieren im Las ger gehört, daß ein Englischer Consul in Adrianopel fei, den man häufig in einer rothen Uniform umher reiten såhe. Da ich nun wünschte, ein Quartier in der Stadt zu erhalten, was dem Bivouakiren im Zelt vorzuziehn war, so entschloß ich mich, ihm meis ne Aufwartung zu machen. Als ich nun eines Abends nach seinem Hause, ungefähr anderthalb Englische Meilen vom Hauptquartier ging, war ich höchst angenehm überrascht, zu finden, daß der Herr in der rothen Uniform ein alter Camerad aus dem Militärcollegium, Major George Keppel, sei, der mich seinem Reisegefährten Lord Dunlo, und dem Conful Herrn Durelog vorstellte. Der Major hatte kürzlich Gries chenland durchreist und sich zulest in Constantinopel mit Sir Robert Gordon aufgehalten. Da er die

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