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Beinkleider, um den Nacken bas St. Andreaßkreuz und im Knopfloch das schwarz und gelbe Band des St. Georgen Ordens. Er trat auf mich zu und fagte mir, es freue ihn, mich im Lager zu sehn. Dieß war Diebitsch Sabalkansky.

Wir begaben uns darauf in den Speisesaal; es

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war ein behagliches Zimmer mit einem Divan auf drei Seiten; die Mauern waren mit Blumen be malt, und die Dede von Stucco; in der Mitte sprang eine Quelle in ein marmornes Bassin. Der Feldmars schall feste fich an die Spise eines langen Tisches, und seine Gäste nahmen ihre Pläße zu beiden Seiten auf Stühlen von jeder Größe und Gestalt ein. Zwei Generale faßen Diebitsch zur Rechten und Linken; ich bekam meinen Plas neben dem General Das nileffsky angewiesen. Die Russischen Gerichte, welche herumgereicht wurden, waren überreich mit Sauce versehen. Eine Zeitlang wurde kein Wort gesprochen. Bulest wandte sich der Feldmarschall, nachdem er feinen Appetit gestillt, an die zu beiden Seiten neben ihm Sisenden.

Der Graf sprach viel von der Türkischen Artil» lerie und ihrer größeren Gewandtheit zu Lande, als

zur See. Darauf wandte er sich an mich, und erkun digte sich nach dem Persischen und Birmanischen Kriege; alsdann berührte er den Solb der Officiere in Indien, - dessen Betrag man kaum für glaubwürdig hielt; denn ein Russischer Obrist, der ein Regis ment commandirt, bekommt ungefähr 150 Pf. St. jährlich, viele Subalternen vom Stabe in Ostindien erhalten dagegen zwischen 600 und 800 pf. St. Der Graf bemerkte ferner, daß, obgleich das Nussi= sche Militärsystem als eins der vorzüglichsten auf der Welt betrachtet werde, doch das Englische in einem Puncte vorzuziehen sei, nämlich hinsichtlich des höhern Departements der Militärschule, in welchem Cavalle rie und Linienofficiere studiren könnten. Als er an der Spise des Generalstabes gestanden, fel és feine Absicht gewesen, ein ähnlichés Établissement1 ́în “Rußland zu gründen, und mehr Wissen in die Armee zu bringen, indem er einen Officier aus jeder Division auswählte und ihn die höhern Zweige feines Standes studiren ließ. Uber, fuhr er fort, es fand sich ein Hinderniß bei meinem Plan; diejenigen Officiere, ble dazu geneigt waren, konnten ihrer beschränkten Einkünfte wegen nicht von ihren Regimentern entfernt leben, und junge Leite, die nicht vom Dienste abhine

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gen, schienen nicht sehr geneigt zu seyn, the militari sches Wissen zu vermehren."

Bei diesem Diner, sowie bei mehreren andern Festen dieser Art in Rußland, an welchen ich Theil nahm, wurde kaum ein Wort von einem Andern, als von dem Oberhaupte gesprochen. Niemand unterhielt sich mit seinem Nachbar, sondern jedes Auge war dem Grafen zugewandt, seine Bemerkungen wurs den mit der größten Aufmerksamkeit angehört, und seine Späße einstimmig belacht. Ich versuchte mehrere Mal, meine Nachbaren ins Gespräch zu ziehen, aber vergebens; denn es lief gegen die Etikette, die Aufmerksamkeit vom Feldmarschall abzuwenden; deßhalb hörte auch ich ihm zu, wie die Andern, arrectis auribus.

Endlich standen wir, vom Tische auf, und es wurde Caffee gebracht; dann kam Diebitsch zu mir und sagte, er hoffe, mich oft zu sehen, worauf er mich der Sorgfalt des General Danileffsky anempfahl, und mich bat, mich an ihn für Alles, was ich brauche, zu wenden.

Feldmarschall Diebitsch ist ein Schlesier von Ges burt; er zeichnete sich während des Feldzugs von 1812

unter Wittgenstein aus; bann wurde er Chef des Stabes, und erhielt darauf dak, Commando über die zweite Armee zu Anfange des Feldzugs von 1829. Seine Belohnungen im vorigen Jahr waren Beför derung zum Range eines Feldmarschalls, deren es nur vier oder fünf in Rußland giebt, der Grafentitel, der St. Andreas- und St. Georgenorden, eine Million Rubel, sechs dem Feinde abgenommene. Kanos nen, ein nach ihm benanntes Regiment, der Bein name Sabalkansky, oder Ueberschreiter des Bal fans, u. f. w.

Kriegsbegebenheiten, Verlust während des Ferbaugs, Eröffnung der Depeschen; Einberufung der Vahlenschen Di. vision; Revue; Zustand der Armee;

Esprit de corps.

Zu Anfang Octobers 1829 waren nur achttausend Dienstthuende im Hauptquartier; denn von den 30,000 südlich vom Balkan waren wenigstens 9000 Frank und sterbend an der Peft, oder an Fiebern. Der angenommene Verlust während dieses Jahres betrug 100,000 Mann, im vorigen Jahre noch mehr, vorzüglich während der Belagerung von Varna und dem unglücklichen Rückzuge von Silistria. Dreizehn

tausend Mann unterhielten die Communication zwi= schen der Küste, dem Balkan und den Hauptquartieren, und Kettenposten waren errichtet von der bloEirenden Armee vor Schumla, um vor Ueberrumpe» lung von jener Seite zu bewahren. Doch erregte der Pascha von Scutari aus seinem Hauptquartier zu Philippopel einige Unruhen, und griffen die Russischen Fourageurs an. Es wurde eine Abs theilung mit Geschüß von Adrianopel gesandt, um feine vorgerückten Posten anzugreifen; diese trieb dies felben auseinander und machte einige Gefangene; dhnliche kleine Treffen kamen wiederholt vor.

Die Art, auf welche die Ruffen ihren Weg nach Enos an den Dardanellen fanden, und so eine Communication mit Graf Heydens Flotte eröffneten, ist merkwürdig. Admiral Pulteney Malcolm hatte einen Courier von Enos nach Adrianopel gesandt, mit Depeschen für den Englischen Consul, die nach Wien bestimmt waren. Der Russische General bet den Vorposten auf der Straße nach Demotica nahm es über sich, wie ich glaube, ganz ohne von Dies bitsch dazu autorisirt zu seyn, den Courier zurückzuhalten und die Depeschen zu ¿ffnen. Dieß wurde dem Consul bekannt, der sogleich nach den Depeschen

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