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ber Belagerung in größter Eile begraben. Der Winter trat ein, und der Boden gefror, so daß es bas mals geringen Unterschied machte; aber im Frühling, als der Schnee geschmolzen war, drangen Arme und Beine der Todten hervor, und die wachsende Sonnenhige erzeugte die pestvollsten Ausdünstungen.

Es leidet wohl wenig Zweifel, daß, wie das aus der Decomposition von Vegetabilien aufsteigende Miasma Malaria erzeugt, ebenso Decomposition von Animalien die Ursache der Pest ist, welche jedoch un ter verschiedenen Aspecten und einer großen Varietát von Symptomen erscheint; unveränderlich aber fångt das Blut des Angesteckten an, in Fåulniß überzu» gehen, was immer von großer Schwäche begleitet ist; dann brechen Geschwüre aus, sowohl Bubonen an den Drüsen, als Beulen auf der Haut. Werfen sich diese Geschwüre auf innere Organe, so ist der Pas tient, wegen seiner Schwäche, unfähig, sie herauszutreiben, und der Tod erfolgt. Stimulantien und ber ausgedehnteste Gebrauch von Chinarinde sind daher der Behandlung durch Aderlässe vorzuziehen.

Die Pest, welche in Varna aus der eben an. geführten Ursache ausbrach, wurde bald nach Buchas test gebracht, wo Mehrere daran starben. Die Ur

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mee-Chirurgen wurden hingeschickt, um die Beschaf fenheit der Krankheit zu untersuchen, denn die Einwohner behaupteten, es könne die Pest nicht seyn, weil sie die Uebelstände fürchteten, benen fie im Fall einer strengen Quarantáne unterworfen würden. Der Chef des Medicinalstabes erklärte jedoch nach genauem Examen der Symptome bei den suspecten Patienten und den Leichnamen der bereits Gestorbes nen, daß es die wahre Pest sei; sein nächster Unters gebener erklärte jedoch, es sei nicht der Fall, was mit den Wünschen der Einwohner, die jenem Ignoranten die Pest über den Hals wünschten, völlig übereinstimmte. Demzufolge wurden keine Maßregeln genommen, um die Verbreitung des Uebels zu verhindern. Nach einigen Monaten fand man jedoch, daß die halbe Bevölkerung Bucharests zur Strafe für ihre Hartnäckigkeit dahingerafft sei, und daß sich die Pest von dieser unglückseligen Stadt aus über die Wallachei, die Moldau, Bulgarien und Rumelien verbreitet und bis zum Süden der Karpathen große Verheerungen angerichtet habe, wo jedoch die strengė Wachsamkeit der Oesterreicher ihrem Fortschreiten nad dem Norden ein Biel feste.

Ein kleiner Küstenfahrer, der von Barna kam,

brachte die Ansteckung nach Sizeopot um die Beit meiner Ankunft an der Küste. Einer von dem aus sechs Mann bestehenden Schiffsvolk war unterwegs gestorben; seine Gefährten, die Ursache seines Todes verbergend, gingen ans Land, und alsbald zeigte sich die Seuche unter den Soldaten, ja fogar einige Schiffe blieben nicht frei davon, Der Admiral wandte sogleich vortreffliche Maßregeln an, um die Verbreitung zu hemmen, trennte die Angesteckten und führte eine sehr Strenge Quarantáne am Ufer ein; doch war es une möglich, das Uebel ganz zu unterdrücken, da die Angesteckten zu fahrlässig dabei zu Werke gingen. Ich erinnere mich, daß ein Officier, der am Ufer an diesem Uebel farb, hundert Rubel in seiner Ta sche hatte; sein Bedienter stahl das Geld, wurde aber ebenfalls angesteckt, und folgte seinem Herrn; ihm gefellten sich nach einander sieben Mann zu, die ime mer Einer dem Andern das Geld entwendeten und als ein Opfer der Pest fielen; endlich kam man darauf, daß ein böses Fatum über dem Gelde schwer ben möchte, und warf es in die See.

Starb ein Matrose an dem Uebel, und ließ ein Paar anständige Beinkleider zurück, so eignete fich

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sogleich sein Camerad dieselben zu, steckte sie in seinen

Tornister, und ging vielleicht damit and Land, auf diese Weise die Ansteckung mittheilend, wohin er sich nur begab. In den Quarantine Anstalten ist es Sitte, alle Papiere, die aus verdächtigen Ortschafs ten kommen, mit einer langen 3ange anzufassen, und fie dann in einen Räucherkasten zu werfen; nicht selten aber geschah es, daß die bei diesem Geschäft angestellten Ruffen erst das Papier in die Hand nah. men, es dann in die 3ange steckten, und darauf räucherten.

Die Russischen Officiere, welche in den Felds zügen gegen die Schweden und Franzosen gedient hatten, klagten, die Mühseligkeiten während derselben seien gar nichts gegen die Beschwerlichkeiten, denen sie in diesem Kriege unterworfen seien. Das Land war höchst schwierig für den Durchmarsch, und die Bevölkerung nur dünn gefået; die Vorräthe waren gering, Fieber schwächten die Reihen, und die furchtbare Plage der Pest wüthete, welche Mißtrauen gegen die besten Freunde erweckt, und das Herz den Gefühlen der Natur entfremdet. Wurde überdieß der Einzelne auf dem Felde verwundet zurückgelassen, so konnte er sicher seyn, enthauptet zu werden, und daß sein Kopf die Pforte des Serails zu Constantinopel

schmückte.

Kurz, es war ein entseglicher, mühse

liger Krieg, und Alle beteten eifrigst um baldige Bes

endigung beffelben.

Feldmarschall Diebitsch.

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Nach meiner Ankunft in Adrianopel gelangte ich zur Audienz bei dem Feldmarschall, der eine Reihe von Zimmern in demselben Hause bewohnte, zu dem ich am Morgen geführt worden war. Nachdem ich die Treppe hinaufgegangen, führte man mich in eine große an der einen Seite offenen Halle; hier traf ich ungefähr zwölf Officiere, welche in ihre grúz nen Oberröcke mit Epaulets gekleidet, den Säbel an der Seite, auf und abgingen. Mehrere kamen auf mich zu, sprachen mit mir, und betrachteten meine Uniform mit großem Interesse. Einige Minuten fpås ter öffnete sich eine Seitenthür, aus welcher ein Mann hervortrat, bei dessen Anblick alle Officiere die größte Aufmerksamkeit bezeugten und ihn mit wiederholten Verbeugungen begrüßten. Es war eine kleine Gestalt mit einer Adlernase und blühender Ge= fichtsfarbe; sein Haar hing zerstreut um den Kopf. Er trug ebenfalls einen grünen Oberrock und weite

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