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fie verfügte, daßrer, ohne Zustimmung der Cortes, nicht aud Spanien sich entfernen, oder eine Cheverbindung abschließen, oder eigenmächtig Steuern ausschreiben,} øder Offensivbündnisse und Handelsverträge mit einer andern Macht abschließen könne. Sie untersagte die Ausübungs jeder andern Religion als die der katholis fchen. Sie schloß das sogenannte Zweikammernsystem-aus, und entschied für die Versammlung der gesammten Core tes in einer einfigen Kammer. Sie verfügte die Erneuek rung sammtlicher Deputirten aller zwei Jahre, die aber jährlich sich versammeln, und deren Sigungen d fe fentlich seyn sollten.

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Diese Verfassung, theilweise der ersten franzöfifchenvom Jahre 1791 nachgebildet, in der That aber bis zu dem Extrem der Beschränkung der königlichen Macht ges freigert, konnte auf die Dauer nicht bestehen, selbst wenn sie Ferdinand VII, bei seiner Ankunft auf fpanis! schem Boden (1814), angenommen hätte. In der That läßt es sich nur aus dem Drange der damaligen politi?? schen Verhältnisse und des begonnenen Riefenkampfes1 gegen Napoleon / wobei man auf die Mitwirkung des spanischen Volkes vorzüglich rechnete, erklären, daß Diese Berfaffung von mehrern europäischen Mächten, bei ihrem Bündnisse mit der Regentschaft Spaniens gess gen Napoleon, anerkannt ward. Eben so konnte nur der Mangel an aller Erfahrung in der practischen Anwensi dung conftitutioneller Formen in den bereits nach neuen Verfassungen regierten Reichen und Staaten, so wie der Agang des richtigen politischen Tatts in der Feststels lang der wesentlichen und haltbaren Bedingun gen des conftitutionellen Lebens, und die Anhänglich? keit an die, auf monarchische Staaten söllig unanwende bare, Idee der vlksfouverainetät die Anhänger dies”

fer neuen Verfassung so sehr verblenden, daß er selbst im Jahre 1820, nach dem Aufstande des, zum Einschife fen nach Amerika bestimmten, Heères gegen die von Ferdinand VII. bergestellte abfolute Gewalt, ihm eben diese Verfassung zur Annahme aufdrangen, die, mach dem Einzuge des französischen Heeres, in Spanien im Jahre 1825, für immer beseitigt ward.) - Noch mehr mußte es aber Europa, und nicht bloß die Gegner jeder: Repräsentativverfassung, sondern auch die Vertheidiger des Systems einer, durch ein schriftliches Grundgesek. gemäßigten und beschränkten, Regierungsform überras schen, daß eben diese, so höchst unvollkommene, spanis sche Cortesverfassung in Portugal, Neapel und Turin Beifall und Nachahmung fand, während bereits Die, in Frankreich von Ludwig XVIII. gegebene Charter so wie die parlamentarische Form Großbritanniens,) unde die, im Königreiche der Niederlande vom Könige Wils helm I. angenommene, Verfassung, wohl den Cortes der. beiden Reiche der pyrenäischen Halbinsel, so wie den Parlamenten von Neapel und Turin, als Beispiel gels: ten konnten, daß nur in Republiken, nicht in Monars chieen, der Regent vom Antheile an der Gesetzgebung völlig ausgeschlossen, und daß eine Versammlung aller Volksvertreter in Einer Kammer blog in den Staaten vom vierten politischen Range, deren Bevölkerung-nicht eine halbe Million Menschen erreicht, versucht werden, könne. Je mehr Unheil die Festhaltung der fehlers haften Theorie, welche der spanischen Cortesvers: fassung zur Unterlage diente, über beide Reiche der pyrez nåischen Halbinsel, so wie über Ober- und Unteritalien brachte; desto schärfer muß der Tadel einer Verfassung: ausgesprochen werden, deren unhaltbarkeit sich thatfachs lich bewies, und deren irrige Grundsäge Regenten und, 1 Staatsmänner abhalten mußten, das conftitutionelle Les 1

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ben in denjenigen Reichen einzuführen, die deffelben ermangelten.

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Da nun die von den portugiesischen Cortes, während Abwesenheit des Königs Johann VI. in Bras filien, bearbeitete, am 23. Sept. 1822 beendigte, und von dem, nach Europa zurückgekehrten, Könige am 1. Det. 1822 angenommene, Verfassung auf die Grundlage der spanischen, doch mit den für Portugal nöthigen Modificationen, abgefaßt worden war; so konnte ihre baldige Auflösung — bewirkt durch den zweiten Sohn des Königs, den Infanten Don Mis guel, am 3. Juni 1823— an fich nicht befremden. Sie war eben so unhaltbar, wie die spanische. Zwar versprach Der König Johann VI., an die Stelle derselben, selbft eine Verfassung zu geben; er starb aber am 10. Mårt 1826, ohne sein Versprechen erfüllt zu haben.

Darauf bestimmte sein ältefter Sohn, Don Pedro, der Kaiser von Brasilien, welcher, nach der Verfassung Brasiliens, die Kronen beider Reiche auf seinem Haupte nicht vereinigen konnte, den portugiesischen Thron seiner noch minderjährigen Tochter: Donna Maria da Gloria, unter den beiden Bedingungen, daß sie mit ihrem Oheime, dem Infanten Don Miguel, sich vermählte, und daß die, von ihm für Portugal gegebene, Constitution in Portugal angenommen und beschworen würde.

Diese, vom Kaiser von Brafilien für Portugal gegebene, und der brasilischen Verfassung vom Jahre 1824 theilweise nachgebildete, Constitution trug allerdings auf keine Weise den demokratischen Charakter, wie die Verfassung der portugiesischen Cortes vom 23. Sept. 1822. Sie schien aber ebenfalls den Verhältnissen Pors tugals nicht anpassend zu seyn, und enthielt, in einie

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gen ihrer Grundbestimmungen, Rücksichten auf politische Theoricen (. B. in den aufgestellten vier Gewalten), welche schwerlich bei der Einführung ins innere Staatsleben als haltbar fich bewähren dürften. Diese Vers fassung galt, dem Namen nach, so lange die Schwester des Don Pedro, die Prinzessin Isabella, die Regents schaft von Portugal führte. Als aber der Infant Don Miguel in Lissabon ankam, nachdem er zu Wien, wo er seit 1823 fich aufhielt, diese Verfassung am 4. Oct. 1827 beschworen hatte, erneuerte er zwar am 26. Febr. 1828 diesen Eid auf die neue Verfassung. Er lösete aber bereits am 14. März die beiden Kammern der versame melten Cortes auf, berief die angeblich alten Cortes Portugale (nach drei Ständen) zusammen, ließ von diesen am 25. Juni zum Könige von Portugal und Algarbien sich ernennen, und regierte seit dieser Zeit ohne Verfassung und mit unbeschränkter Willkühr.

Da diese Verfassung, sowohl nach ihrem Inhalte, als nach ihrer Beziehung auf Portugal, nicht wieder ins Leben treten kann und wird; so genügt es, derén wesentlichster und eigenthümlichster Bestimmungen zu gedenken. Nach dieser Verfassung war die Regierungss form Portugals monarchisch, erblich und repräs sentativ. Die römisch-katholische Religion sollte die Religion des Königreiches, jede andere Religion aber den Fremden mit häuslichem Gottesdienste gestattet seyn. Es gab vier anerkannte Gewalten: die ges feßgebende, die vermittelnde, die vollzie= hende und die richterliche. Die Repräsentanten der portugiesischen Nation follten der König und die Cortes seyn. Die gefeßgebende Gewalt das Recht, Gesetze zu geben, fie auszulegen, zu fufpendiren und zu widerrufen stand den Cortes, unter der Bes Hátigung des Königs, zu. Die Cortes zerfielen in

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wei Kammern die Pairskammer, und die Kammer der Abgeordneten. Den Cortes stand das Recht zu, die Staatsausgaben jährlich zu bestimmen; die Stärke der Land- und Seemacht, nach dem Berichte der Regies rung, festzusetzen; die Regierung zu Anleihen zu ermächs tigen, die Abzahlung der Staatsschuld zu sichern, und Die die Verwaltung der Staatsdomainen zu leiten. – Cortes follten jährlich auf drei Monate sich versammeln, und ihre Sigungen öffentlich seyn. Die Pairskammer befand aus erblichen und lebenslånglichen Mitgliedern, welche der König nach unbestimmter Zahl ernannte. Die Mitglieder der Deputirtenkammer wurden gewählt, so daß zuerst die Masse der activen Bürger aus ihrer Mitte die Wähler ernannte, und diese die Abgeordneten in der zweiten Kammer wählten. Der Vorschlag, die Opposition, und die Ges nehmigung der Gesezesvorschläge stand beiden Kammern jul. - Die sogenannte vermittelnde Gewalt gehörte dem Könige, als Oberhaupte der Nation; er war zugleich das Oberhaupt der vollziehenden Gewalt. Nach der vermittelnden Gewalt stand ihm das Recht ju, die Pairs in unbestimmter Zahl zu ernennen; die allgemeinen Cortes, und, nach seinem Ermessen, die außerordentlichen Cortes zu berufen; die Beschlüsse der Cortes zu bestätigen, damit fie Gefehedkraft erhielten; die Minister zu ernennen und abzusehen; Amnestie zu ertheilen, und das Begnadigungsrecht zu üben. Unter seinen Rechten, als dem Oberhaupte der vollziehenden Gewalt, nannte die Constitution ausdrücklich auch das Recht, das Exequatur der Conciliendecrete, der apostos lischen Briefe und aller andern kirchlichen Constitutionen, sobald sie der Verfassung nicht zuwider wären, zu ertheilen oder zu verweigern, doch nach vorausgegangener Genehmigung der Cortes.

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