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nehmen der Lady Jersey auseinander, und schilderte ihre Lage als die eines verlassenen, hintergangenen und höchst unglücklichen Weibes. Der König nahm fich ihrer an, bewirkte eine Aussöhnung, vermochte den Prinzen, die Lady Jersey aufzugeben, und gebot, daß sie nie wieder zur Aufwartung kommen solle. Einem Theile dieser Verpflichtung wurde Genüge geleistet; allein der Prinz hing nur zu sehr an der Lady Jersey.

Da der Prinz sich anheischig gemacht hatte, seine Lebensweise nach den beschränkten Einkünften einzus richten, die ihm nach Abtragung seiner Schulden noch übrig blieben, so brachte die Prinzessin ihre meiste Beit im häuslichen Kreise zu; sie schrieb viele Briefe, las einen großen Theil des Tages hindurch, und erschien nur selten im Publicum, ausgenommen, daß fie zweimal des Winters das Theater und dann und wann auch die Oper besuchte.

Nicht lange darauf begann auch der vertraute Umgang mit Mrs. Fizherbert, von dem man glaubte, daß er auf immer aufgegeben sei, wieder aufzulcben. Die Freundschaft war in der That nicht übermäßig groß; allein ein bedeutender Jahrgehalt wurde für sie ausgesett, ein Haus in Parklane für sie eingerichtet

und häufig Gesellschaften bet thr veranstaltet. Die Prinzessin war von diesem allen unterrichtet, und bes klagte sich unaufhörlich darüber.

Die Lage der Prinzessin wurde mit jedem Lage bekümmerter. Ihre Niederkunft wurde bald erwars tet. Der Prinz verweilte stets nur kurze Zeit bei ihr; allein Mrß. Figherbert erhielt Besuche und Liebkosungen, die Prinzessin war in England eine Fremde, und selbst auf die Treue ihrer Diener konnte sie nicht einmal rechnen. Die glänzende Lebensart, die, wie man ihr sagte, fie in England führen würde, war weit hinter ihrer Erwartung zurückgeblieben, und das Betragen und die Aufführung ihres Gemahls waren täglich der Gegenstand von Vorwürfen. Nur der König zeigte ihr unverhohlen die innigste Zuneigung, nahm immer den größten Antheil an ihrer Gesundheit und an ihrem Glück, und in Briefen und bei pers sönlichen Besuchen drückte er die ångstlichste Besorg. niß aus.

Unter dem 1. December 1795 schrieb sie folgen. den Brief an eine Freundin in Deutschland: „Ich werde in Kurzem Mutter eines Kindes werden. Ich weiß nicht, wie ich es in der Stunde der Noth aushalten werde; allein ich vertraue auf die Unterstüßung

des Himmels. Die Königin besucht mich nur selten, und meine Schwägerinnen sind ebenso aufmerksam. Ich bewundere indeß den Englischen Character, und wenn ich mich öffentlich zeige, so giebt es nichts Schmeichelhafteres, als die Aufnahme, die man mir erweist. Vor einiger Zeit hatte ich eine große Freude, als ich eis nes von den vorzüglichsten Theatern besuchte. Das Schauspiel war bereits angegangen; doch als die Zus fchauer den Volksgefang anstimmten, so dunkte mich, nie etwas Großartigeres vorher gehört zu haben.

*,,Doch wozu erzähle ich Ihnen diese Dinge; ich bin von elenden und schlechten Leuten umringt, und was ich auch vornehme, es wird in einem fal fchen Lichte dargestellt. Die Gräfin ist noch immer hier; ich baffe: fie, und bin fest davon überzeugt, daß fie eben diese Empfindung gegen mich.. hegt. Mein Gemahl ist ihr sehr zugethan, und daraus können Sie wohl das Uebrige errathen. Man sagt mir, daß ich ein Mädchen bekommen werde; der Prinz wünscht einen Knaben; allein ich kümmere mich darum nicht. Nach den Englischen Gesehen haben die Eltern nur wenig dafür in dem zukünftigen Leben zu thun; dieß verursacht mir aber eben den meisten Kummer. Ich feße voraus, daß Sie die Englischen Zeitungen geles,

sen haben; denken Sie meine Eheure, was die Lochter des Herzogs von Braunschweig dabei gefühlt has ben muß."

Während des Prinzen Benehmen, bei Erneues rung seiner Bekanntschaft mit Mrß. Fizherbert zu bes dauern ist, als eine unglückliche Abweichung von dem Wes ge, den ihm ein Blick auf seine eigene Ehre und den Einfluß seines Beispiels hätte andeuten sollen, was allgemein beklagt wurde, ist es unmöglich, nicht mit anzuführen, daß das Betragen der Prinzessin ebens auch nicht geeignet war, den Widerwillen 'zu vertilgen, ben, wie bekannt, ihr Gemahl gegen die Heiz rath mit ihr hatte, und ihm eine Neigung einzufló= Ben, die er jest: weder fühlte, noch fühlen konnte. Zum wenigsten hätte sie seine Hochachtung zu gewin nen suchen sollen, wenn sie auch seine Liebe nicht ers langen konnte. Da der Herzog von Clarence, der gegenwärtige König von England, ihrer im Oberhause als eines reizenden und liebenswürdigen Weibes!" gedachte -ein Lobspruch den nach einem Vierteljahrhundert Canning in kräftigeren Ausdrücken noche mals wiederholte so unterliegt es keinem Zweifel, daß sie mit Geduld und Nachsicht größtentheils eis

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nen so wünschenswerthen Zweck doch möchte erreicht

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haben. Sicher würde sie durch ein solches Vers fahren, die Freundschaft ihrer liebenswürdigen und reizenden Schwägerinen, zumal bei der dem weiblichen Herzen so eigenthümlichen Zuneigungen zu unglücklichen Weibern, erlangt haben; doch statt auf diese Weise zu handeln, gab sie sich gar keine Mühe, ihren Unwillen und ihr Mißvergnügen zu verbergen. Sie benahm sich auf eine sehr verschiedene Weise gegen König und Königin; liebkosete erstern wie einen Vas ter und behandelte lehtere mit Steifheit und abgekürz ter Höflichkeit. Es ist keinem Zweifel unterworfen, daß sie sich in Klagen hierüber gegen die Lady Jers sey ergossen, und daß diese sie der Königin hinterbracht habe. Wenn dieß wahr wäre, so würde geradezu daraus folgen, entweder, daß die Geschichten von der Zuneigung des Prinzen zu der Lady Jersey, und von dem Zorne der Prinzessin darüber Fabeln sind, oder daß die Prinzessin als sehr unvorsichtig gehandelt haben muß, wenn sie eine Person zu ihrer Ver trauten machen konnte, die sie als Feindin und Nes benbuhlerin betrachtete. Indessen kann man mit Recht annehmen, daß solche Bemerkungen in der Ub= sicht gemacht wurden, diejenige Person in Unruhe zu verseßen, gegen die sie gerichtet waren, und wobei man

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