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als 'assulae aridae'. Dieselbe Doppelüberlieferung haben wir aber auch bei Festus Pauli p. 39, 3 'cocula: vasa aenea coctionibus apta. alii cocula dicunt ligna minuta, quibus facile decoquantur obsonia' und in den Glossaren1 cocula: ligna arida, vel vasa aerca. Beide Ueberlieferungen gehen offenbar auf denselben Vers, und der einzige Unterschied bei Placidus ist der, dass er das Wort in seiner ursprünglichen Fassung (coculis) gewahrt hat, während die beiden andern sowohl unter sich als von Placidus unabhängigen Ueberlieferungen den Nominativ substituiren, um die Glosse gewissermassen zu verallgemeinern.

Nicht weniger wichtig ist die Glosse p. 25, 9: caudeam: iunceam, quod iuncea cauda emergat... Sie geht bestimmt auf Rudens IV, 4, 65 (1109): cistellam isti inesse oportet caudeam in isto vidulo. Festus Pauli bietet nun p. 46, 11: caudeae cistellae2: ex iunco, a similitudine equinae caudae factae, 3 wo ebenso wenig der geringste Zweifel obwalten kann, dass dies auf den Rudensvers geht. Der Unterschied zwischen Placidus und Festus ist wiederum: Placidus bietet das Fragment unversehrt, bei Festus ist es 'verallgemeinert'.

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S. 26, 10 haben wir capronas: iubas equorum. Dies ist eine von den Luciliusglossen des Placidus und geht auf VI, 18 (p. 34 M.): iactari caput atque comas fluitare capronas.5 Wiederum bietet Festus Pauli p. 48, 12 den Nominativ: capronae equorum iubae in frontem devexae, dictae quasi a capite pronae. Gleichfalls auf Lucilius geht p. 13, 6 bovinator; tricosus et inconstans: vgl. XI, 16 (p. 58 M.) ... bovinator que ore improbu' duro. Sowohl Nonius (p. 79, 25 bovinatores: quos nunc malitiosos et tergiversatores dicimus) als die andern Glossare (ihre Ueberlieferung ist bobinatores: inconstantes) bieten im Lemma den

1 Vgl. oben p. 66 f.

2 caudecae die Hdss., was Scaliger längst in caudeae verbessert hat und O. Müller nicht hätte stehen lassen sollen. Ich habe caudeae cistellae, nicht blos caudeae als Lemma bezeichnet, da dies der Bezug auf die Plautusstelle gebietet.

...

3 Der Ausdruck a similitudine factae ist sehr auffällig. Man erwartet ad similitudinem factae oder a similitudine dictae.

4 Ueber die Luciliusglossen wird an anderem Orte ausführlicher

gehandelt werden.

5 Es giebt noch ein ausführlicheres aus andern Glossen zu gewinnendes Scholion, welches mit hic geradezu auf den Vers des Lucilius hinweist.

verallgemeinernden Plural, Placidus dagegen denselben Casus und Numerus wie der ursprüngliche Fundort.

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Bei Placidus lesen wir p. 13, 12 baxeas: calciamenta (vgl. Isidorus Orig. XIX, 34, 13 baxeae: calciamenta mulierum sunt). Wir haben aber eine vollständigere Ueberlieferung mit Quellenangabe beim Anonymus de dubiis nominibus' bei Keil V p. 572, 21: baxeas: calciamenta feminarum, ut Varro dicit. Placidus hat wiederum die originale Form bewahrt. Isidorus und manche Glossen (siehe die Anm. 1) weisen eine Aenderung auf.

Ebenso vergleiche man
Placidus

p. 28, 1 conspicillo: ita ut con-
spici possint ...

p. 57, 16 in flustris in portu

p. 68, 15 nefrendem : infantem nondum dentatum, qui frendere cibum nondum didicit, id est frangere.

2

mit

Nonius p. 84, 4: conspicillum: unde conspicere possis. Plautus Medico: 'in conspicillo...' Suetonius Isidori d. nat. rer. 157: flustrum motus maris sine tempestate fluctuantis, velut Naevius in bello Punico sic ait: 'onerariae onustae stabant in flustris', ut si diceret in salo.

Festus Pauli p. 89, 6: flustra dicuntur cum in mari fluctus non moventur.

Festus p. 163, 8: nefrendes arietes dixerunt ... alii dicunt nefrendes infantes esse nondum frendentes, id est frangentes. Livius: quem ego nefrendem alui ...'

1 Die übrigen Glossare bieten eine fast verwirrende Masse von Glossen, aus denen ich eine Anzahl mittheile. Bei manchen sind wohl Aenderungen nöthig. baxem : quas bucceas (oder bucellas?) dicunt: Mai VI p. 511a (bucellas); cod. Amplonianus1 p. 277, 102 (bucceias ất); cod. Amplon. p. 277, 7 (quarbus ceius); Sangallensis 912 p. 32 (buccellas); cod. Vossianus Fol. 24 (acceas); cod. Vossianus Fol. 82 (baxyem q. bacceas). | baxeus: calciamenti genus cod. Vossianus Fol. 26 (baxem); cod. Leidensis 67 F1 f. 10vb (baxsem); Mai VI p. 511 a. | baxeas: calceos cod. Bernensis 258 f. 178' c (braxeas); cod. Vossianus Fol. 24 (baxes calces). | ba xeus: calceus gloss. Salomonis; cod. Vossianus Fol. 82 (calcius); cod. Vossianus Fol. 24 (baxius calcius). | baxeas: calciamenta Mai

An allen diesen Stellen, die sich noch vermehren lassen, sehen wir, dass Placidus in seinem Lemma das Autorenfragment unversehrt bewahrt, während es bei Festus und anderswo verallgemeinert wird. Es können für unsere Ansicht aber auch andere Glossen verwendet werden, bei denen sich die Quelle des betreffenden Wortes nicht mehr erhalten hat. Es lehrt hier einfach der Augenschein, dass Placidus die originale Fassung irgend einer Stelle aufweist, während andere Quellen meist Nominative substituiren.

...

Macrobius Sat. III, 5, 1 berichtet: 'hostiarum genera... duo; .. haruspices animales has hostias vocant' und ebendarüber Servius zur Aen. III, 231 'sunt autem hae animales hostiae quae tantum immolantur ... Placidus bewahrt das Colorit der Quelle, woraus er das Wort entnimmt: p. 11, 1 animalibus hostiis quarum animae diis sacrificantur. Ebenso deutlich sind folgende Beispiele, die ich der Kürze halber neben einander aufführe, ohne weiteres hinzuzufügen:

Placidus

p. 58, 1 investem impubem, sine barba.

p. 45, 11 fratrarent: turguerent, pubescerent.

p. 46, 7 fartori: nomenclatori.

p. 42, 11 exlaudat : extra finem laudat.

p. 10, 16 anate sollicitudine,

cura.

p. 11, 7 aeruscans: aes minutum colligens.

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p. 24, 7 aeruscare aera undique, id est pecunias, colligere. Wir brauchen wohl keine weiteren Beispiele aufzuführen. Durch den gegebenen Nachweis gewinnt nun das Placidusglossar besonders in den früheren Buchstaben, wo die ausführlichen Citate des Festus verloren gegangen sind während anderseits im Placidus die bei Festus theilweise erhaltenen Buchstaben sehr verkürzt

VII p. 552b; Bernensis 16 f. 53v b. | baxea: calciamenta mulierum sunt ebenda. Diese beiden letzten Glossen sind wohl die Stellen des Placidus und des Isidor. | baxea: genus calcei muliebris cod. Amplon. 2 p. 278, 16 (der codex hat vielleicht baxeae, sicher caldei). Die bei Deuerling angeführte Glosse baxea: genus calciamenti mulieris, quas baccheas dicunt findet sich meines Wissens in originalen Quellen nicht und ist nur eine Contamination des glossar. Salomonis.

1 Es ist dies nicht etwa auffällig. Bei Festus wird gewöhnlich das ganze Citat im Verlaufe der Glosse mitgetheilt. Nun sind leider bei Paulus die Belege fast immer weggefallen. Paulus kommt aber hauptsächlich in Frage, weil nur die früheren Buchstaben des Placidus eine bedeutendere Ausdehnung haben.

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sind bedeutend an Werth. Wir haben hier Originalscholien der alten Glossographen zu archaischen Autoren vor uns. Ist dies an und für sich schon wichtig, so entspringt auch für manche Fragmente alter Schriftsteller ein nicht unbeträchtlicher Gewinn daraus. Wir haben nämlich bei Festus Angaben, dass dies oder jenes seltne Wort bei einem bestimmten Autor vorgekommen sei. Finden wir nun eben dieses Wort mit anscheinend originaler Casusoder Verbalendung im Placidus wieder, so giebt uns der oben geführte Nachweis das Recht, die Form bei Placidus für das authentische Fragment anzusehen. Auf diesem Wege stelle ich folgende Fragmente altlateinischer Schriftsteller in ihrer ursprünglichen Form her:

1. Livius Andronicus dacrimas pro lacrimas saepe posuit, nimirum quod Graeci appellant dáxova nach Paulus p. 68, 10: an einer Stelle wird dacrumis gestanden haben; vgl. Placidus p. 34, 10 dacrumis: lacrimis, àлò τwν duxρúшv.

2. Varro berichtet de 1. 1. V, 143: 'in circo carceres, unde emittuntur equi, nunc dicuntur carceres, Naevius oppidum appellat', und Placidus hat p. 57, 22 iuxta oppidum: prope carceres. Iuxta oppidum' wird Naevianisches Fragment sein.

3. Nach Festus Pauli kam bei Cato futare in der Bedeutung von saepius fuisse vor: p. 89, 3 futare arguere est, unde et confutare. set Cato hoc pro saepius fuisse posuit'. Bei Placidus finden sich zwei individuell geprägte Glossen darüber vor: p. 44, 14 futavit: fuit und p. 45, 14 futavere: fuere. Auf solche Catostellen wird die Angabe des Festus zurückgehen.

4. Sicher ist, dass bei Ennius das Wort ambactus vorkam: vgl. Paulus p. 4, 13 ambactus apud Ennium lingua gallica servus appellatur und Philoxenus p. 14, 49 ambactus: dovλos puodwTós, ús Ernos. Nach Anleitung von Placidus p. 11, 17 ambacti: servi wird ambacti als originale Form des Fragmentes herzustellen sein.

5. Titinius fragm. inc. XIV: moraciae nuces beruht auf Festus Pauli p. 139, 5 moracias nuces Titinius duras esse ait, unde fit diminutivum moracillum. In dem Verse des Togatendichters stand 'duris... moraciis': vgl. Placidus p. 67, 8 moraciis: nucibus longis.

In gleicher Weise lässt sich noch manches archaische Fragment genauer herstellen. Ich führe das für jetzt nicht weiter aus, glaube aber, dass schon aus dem Gegebenen erhellt, welch' eminenten Werth für die älteste Latinität die 'glossae Placidi' selbst neben unsern besten Quellen wie Varro, Festus (Verrius Flaccus), Nonius besitzen, ja dass sie dieselben an Originalität bisweilen übertreffen. Gustav Löwe.

Grimma, im September 1875.

Sakadas der Aulet.

Vielfache, wenn auch trümmerhafte Ueberlieferungen bezeugen den frühen und regen Antheil, welchen die dorischen Städte im nordöstlichen Theile des Peloponnes an der Entwickelung der musischen Künste genommen; vorzugsweise in ihnen scheint die Aulosmusik seit alter Zeit Pflege und Ausbildung erhalten zu haben. Nach Sikyon, erzählte man, seien die Flöten des Marsyas von den Meereswellen getragen worden; ein Sikyonier war Pythokritos, der berühmte Aulet des sechsten Jahrhunderts. Als Begründer der Aulodik, nach Einigen geradezu als Erfinder des Aulos, galt der Trözenier Ardalos. Bei den Argivern aber, deren Leistungen in der Musik zu den Zeiten des Polykrates für die vorzüglichsten gehalten wurden, ertönte nach altem Brauche die Flöte zum Ringkampf am Feste der Sthenien; eine andere auletische Melodie, welche von Hierax, angeblich einem Schüler des Olympos, ihren Namen führte, ward zur argivischen Procession der Blumenträgerinnen geblasen, und dieselbe Stadt war die Heimath des Sakadas, eines der gefeiertsten Meister älterer griechischer Musik, für dessen Zeit uns seine drei Siege an den Pythien ol. 48, 3, ol. 49, 3, ol. 50, 3 einen sicheren Anhaltspunkt gewähren 2. Sein Denkmal in Argos sah Pausanias 3. Pindar machte ihn zum Gegenstand eines Gedichtes, welches Pausanias (IX 30, 2) als ein noooiμov auf Sakadas bezeichnet. Durch eine Stelle dieses Liedes glaubt er ein eigen

1 Plut. de mus. 8. 9. Paus. VI 14. IX 30. X 7.

2 Paus. X 7, 4.

3 ΙΙ 22, 8 ὀλίγον δὲ τῆς ἐπὶ Κυλαράβην καὶ τὴν ταύτῃ πύλην ἀποτραπεῖσι Σακάδα μνῆμά ἐστιν.

4 Plut. 8 τούτου καὶ Πίνδαρος μνημονεύει. Ueber die Benennung лoооíμоv vgl. Bergk griech. Literaturgesch. I S. 745. Dass sich der Inhalt des ganzen Liedes auf Sakadas bezogen habe, bezweifelte mit Recht Boeckh Pind. op. II 2 S. 656.

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