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Gregor von Corinth über den dorischen Dialect.

Gregor von Corinth', dessen Lebenszeit in das 12. Jahrhundert fällt, hat in seinem Werke nɛgì dialéxtwv ältere Scholien benutzt. Das haben seine Herausgeber schon längst erkannt. v. die Vorrede Koen's bei Schaefer p. XXI. Er selbst bezeugt es übrigens ausdrücklich an einer Stelle. v. Gregor пɛì 'Aïðidos § 34. Daher ist es bei dem trümmerhaften und meist dürftigen Zustande unserer Scholienlitteratur gewiss nicht von geringem Interesse, einmal den Quellen Gregors nachzugehen und zu zeigen, in wie weit seine adnotationes auf älterer Ueberlieferung beruhen. In Bezug auf Scholien und Text der von Gregor benutzten Autoren wird sich manches hieraus folgern lassen.

Diese Aufgabe habe ich an einem Theile der Gregorianischen Schrift zu lösen versucht, nämlich an dem Abschnitt über den Dorischen Dialekt 2.

Derselbe besteht aus 4 verschiedenen Elementen: aus einzelnen unzusammenhängenden Bemerkungen zu Theokrit, Pindar, Aristophanes und dem, was aus der Schrift des Joannes Philoponus über den Dorismus entlehnt ist. In der Einleitung zwar erwähnt Gregor von diesen nur den Theokrit (p. 6) und den Joannes Philoponus (p. 3), indem er den Pindar und Aristophanes gänzlich verschweigt.

1 Ueber Name und Zeit vergl. die Vorrede Koen's. Dieselbe ist wieder abgedruckt in der Ausg. von Schaefer 1811. Diese Ausgabe citire ich stets.

2 Vorliegende Untersuchung ist vor mehreren Jahren auf Anregung seines hochverehrten Lehrers Herrn Prof. Dr. Usener vom Verfasser angestellt worden. Anderweitige Studien desselben haben jedoch die Publikation bis jetzt verzögert. Die Arbeit wird hiermit dem Publikum in wesentlich veränderter Gestalt vorgelegt.

Dass er aber in der Vorrede auch den Tarentiner Archytas, dessen Schriften er weder benutzt, noch wahrscheinlich überhaupt je mit Augen gesehen hat, als einen seiner Vertreter des Dorismus hinstellt, kann uns bei einem Byzantiner jener Zeit nicht Wunder nehmen. Die Untersuchung zerfällt in 3 Theile:

1) Auf welche Stellen der alten Autoren beziehen sich die einzelnen Paragraphen?

2) In welchem Umfange hat Gregor für seine adnotationes ältere Quellen benutzt?

3) In welchem Verhältniss stehen die Lesarten Gregor's zu unserer handschriftlichen Textesüberlieferung der von ihm benutzten Autoren?

I.

Schon die Herausgeber Gregor's, Koen und Schaefer, haben die meisten Paragraphen auf den Schriftsteller, auf den sie sich beziehen, zurückgeführt. Denn da Gregor den Text seines Autors häufig selbst citirt und es an diesen Stellen also ausser Zweifel war, woher sie entlehnt sind, so konnte es nicht schwer fallen, auch die übrigen Paragraphen, wo das exemplum fehlt, im Grossen und Ganzen richtig zu deuten. Ich werde daher eine übersichtliche Zusammenstellung aller Paragraphen geben mit Hinweisung auf den Autor, den sie betreffen, und nur einige Bemerkungen vorausschicken, um meine Angaben, die in manchen Punkten wesentlich von denen der Herausgeber abweichen, zu rechtfertigen.

Die ersten 15 Paragraphen beziehen sich auf Theokrit id. I mit Ausnahme von § 1-4. Davon gehen § 1-3 auf Theokrit id. 13; hingegen muss es von § 4 unbestimmt bleiben, worauf er sich bezieht. kov findet sich Theokrit 1, 102. σɛhára öfters im 2. Idyll (ausserdem in den unächten idd. 20, 43, und 21, 19, die indessen für Gregor nicht in Betracht kommen, wie wir später sehen werden); oάuɛoov, das in den meisten Msten fehlt und wahrscheinlich interpolirt ist, nur 2, 147 und 14, 45.

Es scheinen mir aber die ersten 3 Paragraphen nicht von Gregor herzurühren, der mit Ausnahme von § 65-110, wo sich eine genaue Reihenfolge nicht nachweisen lässt, im Uebrigen dennoch einer bestimmten Anordnung gefolgt ist. Dazu kommt, dass er niemals aus id. 13 ein Beispiel genommen und nur die bukolischen Gedichte, wozu er freilich auch id. 15 rechnet, berücksichtigt

hat, was mit den Worten der Einleitung Θεόκριτον τὸν τὰ βουκολικά yoaчáμevov (p. 6 Gregor) vollkommen übereinstimmt.

§ 11 ist mit dem cod. Aug. (der wie oft, so auch hier das Richtige hat) und der editio I Aldina f. 253 b zu schreiben: xaì τὸ ἦλθον ἦνθον, ὡς Θεόκρ. u. s. w. und auf Theokrit 1, 80 zu

beziehen.

§ 13 hat Usener (Rhein. Mus. B. XXV p. 611) irrthümlich auf Theokrit 17, 10 gedeutet, was aus dem über § 1-3 Gesagten erhellt. Schon Koen hat den Paragraphen mit Recht nach Theokrit 1, 78 (Tooor) verwiesen. Uebrigens fehlt dny add im Aug. (desgleichen in der Aldina f. 253 b), der dowuos άoowuos dafür hat, worin vielleicht δάσσομαι (δασσώμεθα) steckt.

Es folgen nun eine Reihe Paragraphen, die sich auf die 3 ersten Olympischen Oden Pindars beziehen, nämlich § 16-35. In § 16 ist das Citat aus Theokrit 1, 89 interpolirt. Es findet sich nur im eod. Voss.

§ 25 möchte ich der Reihenfolge wegen auf Ol. 1, 99 beziehen. Das exemplum ist aus Ol. 2, 19 genommen.

Die folgenden § 36-64 gehen auf Aristophanes' Acharner zurück und zwar auf jene Stelle, wo die Person des Megarers auftritt. Die Aristophanesartikel bilden 2 Reihen: Acharn. 772-795 (779 ἀποισῶ) = Greg. § 37-49 und Ach. 757-766 Greg. § 50-64. Beide haben in der handschriftlichen Ueberlieferung einen gleichen räumlichen Umfang (in der editio prima der Horti Adonidis grade je 18 Zeilen).

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Es hat also Umstellung eines Blattes stattgefunden, so dass die 2. Hälfte an die erste Stelle kam. In diesem Verhältniss liegt zugleich der Beweis dafür, dass der fragliche Artikel § 37 (denn § 36 fehlt sowohl in der Aldina wie im Aug.) trotz der abweichenden Beispiele sich auf Aristophanes bezieht und zwar auf eine Stelle zwischen Ach. 766 und 773, nämlich 772. Die Stelle von § 49 nach § 47 erklärt sich daraus, dass § 49, weil vergessen und am Rande nachgetragen, später nicht an seinen richtigen Ort zu § 43,

1 Θησαυρός. Κέρας ἀμαλθείας καὶ κῆποι Αδώνιδος. Thesaurus. Cornucopiae et Horti Adonidis. Apud Aldum Manucium Romanum. Venetiis 1496 in Fol. Diese Ausgabe habe ich überall genau verglichen.

2 Auf diesen Umstand, der mir entgangen war, hat mich Herr Prof. Usener aufmerksam gemacht.

sondern an das Ende des Blattes (unserer 1. Reihe, also nach 795)

zu stehen kam.

§ 48 ist aller Wahrscheinlichkeit nach interpolirt. Er fehlt im Aug. Vat., in den codd. a. b. c. und den vulgatae editiones. v. Schaefer.

In § 49 ist das Citat aus Theokrit von fremder Hand hinzugesetzt, desgleichen die Worte to knya hapo. Dem Gregor ist nach den meisten codicibus nur Folgendes zuzuweisen: Isqoяão τοὺς μέλλοντας τὸ ἀποίσω ἀποισῶ λέγοντες. Der Cod. Regius hat λýya layŵ, dagegen Voss. auch noch das Citat aus Theokrit interpolirt.

§ 58 darf Gregor nicht abgesprochen werden (wie ich dies in meiner Diss. de dial. Theocrit. p. 42 gethan) obgleich die Beispiele nicht aus Aristophanes genommen sind. Aehnliches findet sich bei Gregor an andern Stellen; so z. B. im § 37, über den oben die Rede war; ferner im § 34. vergl. auch § 79.

§ 59 stört die Ordnung. Der Aug. bringt ihn nach § 56, die andern Mste sowie die Aldina nach § 58. Er ist also entweder interpolirt oder nach § 64 zu setzen, wohin er gehört. In letzterem Falle wäre er, weil ausgelassen und am Rande nachgetragen, später an verschiedene Stellen gerathen.

§ 60 muss sich gemäss der Reihenfolge auf Ach. 764 (nach Koen auf 795) beziehen. Der Aug. hat das falsche Citat aus Aristophanes (795) nicht überliefert.

Gregor kehrt zu Theokrit zurück, auf welchen sich § 65-110 beziehen. Eine durchgängig bestimmte Reihenfolge lässt sich hier nicht erweisen; indessen scheint mir die jetzige Anordnung der Paragraphen auf Grund unserer Mste nicht von Gregor herzu

stammen.

§ 66 ist mit den meisten Msten nach § 76 zu setzen und muss daher zu Theokrit 9, 4 gehören. Die Worte wc év uộ ỷĩa ávì tov лov, die sich im Voss. und Regius finden (dieselben Mste, die auch den Artikel an der falschen Stelle bringen), sind aus dem vorhergehenden § 65 interpolirt. Ueber die Mste v. Schaefer zu § 66 und § 77.

74 und 87 haben die Herausgeber schon als Interpolation erkannt. Sie fehlen in allen Msten. (Doch § 87 nicht in der Aldina). Letzterer ist lediglich eine weitere Ausführung des vorhergehenden § 86.

§ 102 möchte ich der Reihenfolge halber lieber auf Theokrit 5, 23 beziehen, trotzdem das Citat nicht damit übereinstimmt.

§ 111-131 sind der Schrift des Joannes grammaticus neqi Saλextov (in der Ausg. der Horti Adonidis p. 236b ff.) entlehnt, den Gregor in der Einleitung p. 3 Φιλόπονος Ἰωάννης nennt' Doch weicht die Aufeinanderfolge der Paragraphen von derjenigen des Joannes in der Aldina (p. 242 b ff.) bedeutend ab. Einiges findet sich nicht bei Gregor, weil er es schon früher gebracht hat. Doch trifft dieser Grund nicht überall zu. Andererseits fehlt § 130 bei Joannes.

. Die aus Joannes entnommenen Artikel werden unterbrochen durch 132-148, die sich in strenger Reihenfolge auf das 15. Idyll Theokrit's beziehen. Hierauf folgt von § 149-174 die 2. Hälfte der dem Joannes entlehnten Paragraphen; auch hier ist einiges von Gregor ausgelassen.

Hieran schliessen sich noch an § 175-177, die auf die ersten Verse des 15. Idylls von Theokrit zurückgehen, und endlich die Schlussworte: καὶ ταῦτα περὶ τῆς δωρίδος διαφέρει etc., die wiederum aus Joannes geschöpft sind.

Die zwischen den 2. Abschnitt aus Joannes und die Schlussworte xai tauta etc. eingeschobenen § 175-177 sind um so auffallender, da Gregor schon eine Reihe Paragraphen gebracht hat, die sich auf id. 15 Theokrit beziehen. Dennoch scheinen sie nicht interpolirt zu sein, weil sie sich einerseits in alleu Msten finden,

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ναῦν, γάνα

1 Die Schrift des Joannes Philoponus ist von weit grösserer Bedeutung als die Gregor's. Der Abschnitt über den Dorischen Dialekt enthält ausser vielem Guten manches Merkwürdige (wie väv das auch sonst bezeugt wird. v. Ahrens diall. II p. 243 A. 4 = yvvý u. s. w.). Es wäre daher sehr wünschenswerth diese Schrift einmal nach ihren Quellen zu untersuchen. Die adnotationes über den dorischen Dialekt können sich unmöglich auf einen einzigen Schriftsteller beziehen. Sie scheinen im Gegentheil eine Auslese von Dorismen aus den verschiedensten Autoren zu sein. Vielleicht hat er auch die ältern Grammatiker benutzt. Wenigstens stimmt er an einer Stelle mit Apollonius Dyscolus überein. v. Ahr. diall. II p. 32 A. 13. Endlich darf bei dieser Untersuchung nicht ausser Acht gelassen werden, was ich als These im Anhang zu meiner Dissert. de dial. Theocr. aufstellte: Sub nomine Joannis Grammatici qui feruntur tractatus I et II de dial. dorica, Gregorii Corinthi de dial. dor. paragraphi 111-174, Meermanniani Leidensis Vaticani grammaticorum de dial. dor. excerpta (a Schaefero post Gregor. Cor. edita) ex uno eodemque fonte Joannis Grammatici gì dwoídos libro fluxerunt. Die Wahrheit dieser Worte wird sich bei Vergleichung genannter Excerpte jedem von selbst ergeben.

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