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daraus, dass in dem dem Scholiasten vorliegenden Berichte ovvvavμαχήσοντας gestanden haben muss dem βουλομένους συναγωνίσασθαι des Diodor entsprechend. Er handelte also von den Rüstungen ganz richtig unter dem Archon Antigenes. Denn der feinen Berechnung von L. Herbst (die Schlacht bei d. Argin. p. 87), der die Rüstungen just an dem Antrittsantrage des Archonten Kallias 206/5 begonnen werden lässt, gestehe ich nicht folgen zu können. Entschieden falsch ist demnach nur die offenbar von dem Schol. nach I bearbeitete Notiz II, während I und III einer offenbar vortrefflichen Quelle folgte, die die Ereignisse jenes Krieges jahrweise erzählte. Man beachte dafür besonders das διεξιών τὰ ἐπὶ ̓Αντιyévous. Als Hauptquelle wird aber Hellanikos an beiden Stellen ausdrücklich bezeugt. Nun überlege man sich, was das heissen will: ein Logograph, der sonst sein Hauptvergnügen an Stammbäumen hat, an Lokalsagen und Topographie, der wenn er einmal bei Gelegenheit seine Zeit die Pentekontaetie berührt, gerade wegen des Mangels an Ausführlichkeit und chronologischer Datierung von Thukydides scharf getadelt wird, derselbe Schriftsteller soll in seinem allerhöchsten Alter auf einmal ein genau nach Jahren seine Erzählung durchnehmender (dev) Historiker werden.

Und nun vollends, wie konnte Thukydides seine Atthis denn in dieser müsste doch wol das Fragment untergebracht werden so erwähnen, wie er es thut I 97, wenn er in ihm nicht den flüchtigen Erzähler der Pentekontaetie, sondern einen nach der obigen Probe durchaus nicht verächtlichen Concurrenten erblicken musste. Vielleicht wird man mir eine stückweise Publicierung der Atthis entgegen halten, so dass Hellanikos später sein Verfahren ändern und nun mit seinem Nebenbuhler um den Preis hätte ringen können. Schade, dass das Alterthum von diesem edlen Wettkampfe auch gar nichts weiss. Ja sogar Dionysios von Halikarnass, der genaueste Kenner der Logographie, setzt ep. ad C. Pompej. d. graec. hist. c. 3 deutlich Herodotos dem Thukydides entgegen, weil dieser absichtlich einen von keinem Bearbeiter gewählten Stoff zum Vorwurfe genommen, während Herodot an Hellanikos und Charon Vorgänger gehabt habe. Man sieht Dionys ist die späte Schriftstellerei des Logographen nicht nur unbekannt, sondern er setzt sie ausdrücklich vor Herodot Dionys. de Thuc. iud. c. 5. Wie kann also ein solcher offenbar vor 431 thätiger Historiker Concurrent des Thukydides oder gar des Xenophon und Theopomp werden!

Hier hilft länger kein Deuteln. Liegt den genannten Frag

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menten I und III, wie ich gegen Isler festhalte, eine genaue Ueberlieferung zu Grunde, so ist der Name verkürzt und verderbt aus Θεόπομπος ἐν Ἑλληνικοῖς. Lehrreich für diese in zwei Stadien eingetretene Metamorphose ist besonders Stephanos. Heute noch würden wir p. 712, 8 Mein. Оɛóлоμлоç xai Eλúxos lesen, wenn uns nicht jetzt der Rhedigeranus das richtige Osóлоμπος ς Ἑλληνικῶν böte. War nun einmal der Titel des Werkes verlesen, so fiel - in der Scholienüberlieferung besonders leicht die eine Autorität weg. Für diese absorbierende Kraft des Hellanikos verweise ich ebenfalls auf Stephanos unter Xauguveia, wo Elárixos das folgende Lemma des Theopomp vollständig verschlungen hat. Dass der Name dann zweimal erscheint, ist ohne Belang, da die drei Stellen ja wie oben bemerkt deutlich aus einer zusammenhängenden Erzählung über das Jahr des Antigenes zerpflückt sind. Wie vortrefflich der Charakter der Thatsachen in die Hellenika passt, brauche ich nicht zu erörtern. Ich erinnere nur die oben S. 51 berührte Uebereinstimmung mit Diodor, für den hier vielleicht doch der Ursprung aus Theopomp festzuhalten ist.

Mit der senilen Historiographie des Hellanikos ist es also vorbei. Die späteste Notiz ist der Stammbaum des um 467 gebornen Andokides f. 78. Ihn interessirte nicht das abenteuerliche Schicksal des Mannes, sondern nur sein hochadliches Blut. Sein Name kam gewiss nur episodisch vor, wie die Erwähnung des Miltiades f. 14. S. FHG IV p. 624.

Es hindert also jetzt nichts mehr den Ansatz der Pamphila zugleich mit dem Alter des Lukian (496-411) aufrecht zu erhalten, zumal er vollständig mit der Stellung übereinstimmt, die wir aus allgemeinen Gründen dem Hellanikos in Bezug auf Herodot und Thukydides zu geben geneigt sind. Ja man könnte sogar vermuthen, dass Apollodors Ansatz erst aus der Proportion Thukydides: Herodotos: Hellanikos 471 484: 496 erschlossen wäre, wenn wir nur ein anderweitiges Beispiel einer derartigen Combination constatieren könnten. Zum Schlusse erwähne ich noch der merkwürdigen Vita des Suidas, die der eigenthümlichen Missverständnisse halber eine Betrachtung verdient. Man kann darin unschwer zwei Bestandtheile unterscheiden, einen biographischen über Genealogie, Tod und Schriften, der vielleicht wegen des oμávvμov Eoxer vióv auf Demetrios Magnes basiert und einen chronologischen διέτριψε δὲ Ἑλλάνικος σὺν Ηροδότῳ παρὰ ̓Αμύντα τῷ Μακεδόνων βασιλεῖ κατὰ τοὺς χρόνους Εὐριπίδου καὶ Σοφοκλέους καὶ Ἑκαταίῳ

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Chronologische Untersuchungen über Apollodors Chronika.

τῷ Μιλησίῳ ἐπέβαλε γεγονότι κατὰ τὰ Περσικὰ καὶ [1. ἢ] μικρῷ πρός, ἐξέτεινε δὲ καὶ μέχρι Περδίκκου χρόνων. Das Nest von Irrtümern, das in diesen Worten steckt, lässt sich auf eine chronologische Tabelle zurückführen, in der die Epochen der Historiker an die makedonischen Königsliste angeknüpft waren. Daraus ist nun erstens das gewöhnliche Missverständniss entstanden, als ob Hellanikos mit Herodot Amyntas und Hekataios persönlich zusammengetroffen sei und zweitens die Verwechslung der Könige. Von Amyntas (540-499) kann keine Rede sein, anderseits hat er nicht bis in die Regierungszeit des Perdikkas 554-413, sondern jedenfalls noch bis Archelaos 413-399 gelebt. In der Tabelle waren durch einen leicht erklärlichen Zufall die Epochen der Schriftsteller etwas zu weit in die Höhe gerathen. Statt Amyntas ist also natürlich Alexandros 1 498-454 und statt Perdikkas sein Nachfolger Archelaos gemeint. Die erste Epoche bezieht sich auf 480 wie der bekannte Synchronismus des Sophokles und Euripides zeigt, die Erwähnung des Hekataios etwas nach 480 jedenfalls auf dessen Todesjahr F HG I p. IX.

Man erkennt daraus, dass diese sehr approximativen Angaben selbst nach ihrer Richtigstellung keinen besonderen chronologischen Werth haben, sich aber ohne Schwierigkeit in den Rahmen der apollodorischen Bestimmung einpassen lassen.

Nachtrag. Die bei Schluss des Druckes erschienene Jen. L. Z. 1875, Nr. 34 enthält in Art. 539 eine Rec. von Comparetti's Papiro Ercol. von Gomperz, worin die von mir übersehene Vermutung Röpers (Phil. Anz. II 24 ff.), dass der Ind. Acad. Hercul. eine Reihe von metrischen Apollodorfragm, enthalte, auf das schlagendste auf Grund neuen Materiales bestätigt wird. Zur Ergänzung der obigen Untersuchungen ergibt sich daraus, dass die zweite Auflage der Chronik sogar nach 119 v. Chr. abgefasst ist. Ferner hat Gomperz aus dem Index den Archon Philokrates als Todesjahr Polemons eruiert (der aber, wie oben nachgewiesen, nicht Ol. 127, 4 oder 128, 1 zu setzen ist) und ein neues Fragm. Apollodors aus Philodem περὶ τῶν φιλοσόφων nachgewiesen.

Hamburg.

H. Diels.

1 Euseb. ann. setzt ihn in das erste, Hieron. in das 4. Regierungsjahr dieses Königs.

Beiträge zu Placidus.

Die jüngst erschienene höchst dankenswerthe Ausgabe der Placidusglossen von A. Deuerling1 lässt doch in einigen Stücken noch manches zu wünschen übrig. Ich habe dies mehr im Allgemeinen nachzuweisen gesucht in der Jenaer Litteraturzeitung 1875, Artikel 598 und will jetzt versuchen, einige Punkte näher zu erörtern.

1.

Es ist Deuerling entgangen, dass die im codex Salmasianus der Lateinischen Anthologie erhaltene praefatio' für Kritik und Ergänzung des Placidusglossars nicht geringen Werth besitzt. Um diese älteste Quelle von Placidusglossen in's rechte Licht zu stellen, ist es nöthig sie hier noch einmal abzudrucken, was ich um so mehr für angezeigt erachte, als ich manchen der von Riese gegebenen Textesgestaltungen nicht beitreten kann. Der Text lautet bei ihm I P. 69 f.:

Hactenus me intra bulgam animi litescentis inipitum tua eritudo instar mihi luminis aestimanda de norma reduviare conpellit. sed antistat gerras meas annitas diriuata, et post artitum Nasonem quasi agredula quibusdam lacunis 5 baburrum stridorem averruncandus obblatero. uos etiam, uiri optimi, ne mihi in aginam uestrae hispiditatis arnanti cataculum carmen inreptet, ad rauim meam conuertite cicuresque conspicite, ut alimones magis meis carnatoriis quam censiones extetis. igitur concinno sensu meam returem quamuis

1 Luctatii Placidi grammatici glossae. Recensuit et illustrauit A. Deuerling. Lipsiae, in aedibus B. G. Teubneri, a. MDCCCLXXV,

10 uasculam Pieridem. actutum de uobis lampenam comtulam spero adiutandi, quae cuppedia praesumenti iam non exippitandum sed oppitandum sibi esse coniectat. ergo bene pedam me hac, pudori citimum, collocare censete, quonium si haec nec crepera extiterint nec fracebunt, quae alucinari 15 uelut bouinator adactus sum, uoti uobis damium usque ad exodium uitulantibus coagmentem. quis enim me soniuiam et non murgissonem fabulae haut amabit, quem mentorem exfabillabit altiboans? unde fauorem exfebruate fellibrem, ut apludam harmoniae tensore a me uelut ambrone collectam 20 adoreos uertatis in struppos.

Zeile 1 ist die Aenderung Riese's, bulgam für das uurgam1 des Salmasianus, obwohl sie sich auf Placidus p. 13, 13 bulga: saccus scorteus stützt, doch nicht überzeugend. Freilich weiss ich hier eben so wenig Rath, als bei dem auffälligen litescentis. Das Simplex zu delitescere und oblitescere kann doch nicht anders als latescere lauten. Schon das folgende Wort, welches in der Hds. inipitu geschrieben wird, zeigt uns den Nutzen der praefatio für Placidus; denn es geht zweifelsohne auf das Lemma der Glosse p. 60, 1 impitus: implicatus vel inretitus. Impitus haben die beiden Hauptquellen des Placidus, inipitu aber die älteste: deshalb vermuthete Riese auch für Placidus inipitus. Deuerling, der die Wiederholung der praefatio bei Riese unberücksichtigt gelassen hat, setzt impeditus in den Text, Dübner dagegen corrigirt in der praefatio inhibitum. Meiner Meinung nach müssen wir inipitum halten, wenn es sich nur irgendwie erklären lässt. Da das Verbum apere nun nach Festus Pauli prohibere, compescere oder auch comprehendere vinculo 3 bedeutete, so wird man sich nicht wundern, wenn das von der gleichen Wurzel abgeleitete Compositum mit in-, inipire1 bei Placidus mit implicare, inretire erklärt wird.

Der Schluss dieses Satzes ist befriedigend noch nicht hergestellt. Er lautet im Salmasianus: instar mihi luminis extimandea

1 Dübner, der die praefatio zuerst im Rh. Museum von Welcker und Näke Bd. III (1835) abdrucken liess, schrieb virgam.

2 S. 22, 17 ape apud antiquos dicebatur prohibe, compesce'.
3 S. 18, 9 apex, qui est sacerdotum insigne, dictus est ab eo,

quod comprehendere antiqui vinculo apere dicebant...

4 Am nächsten würde natürlich liegen ein Verbum der 3ten Conjugation inipere, ganz wie inigere componirt: doch macht dann das itum' Schwierigkeiten.

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