Page images
PDF
EPUB

verdorbenes xáлoos, durch dessen Herstellung der Vers einen ganz passenden Sinn erhält. Nachdem Oedipus gehört hatte, er wäre in den Waldschluchten des Kithärons gefunden und daselbst gerettet worden, musste er sich natürlich vor Allem die Gefahr vorstellen, welcher er während seines Aufenthaltes in der an Ebern und anderen wilden Thieren reichen Gegend ausgesetzt war, und an die Möglichkeit eines von denselben verursachten yoç denken. Phil. 854: μάλα τοι άπορα πυκινοῖς ἐνιδεῖν πάθη.

Man glaubt diesem anstössigen Verse dadurch zu helfen, dass man mit der Beseitigung des indeiv oder des avarois (wofür das elidirte yɛ supponirt wird) sein Metrum mit dem des entsprechenden strophischen Verses in Uebereinstinmung bringt. Weil indessen der Sinn der Stelle durch das Tilgen dieses oder jenes Wortes nicht erträglicher wird, ist es unbestreitbar, dass wir nicht nur mit einem interpolirten, sondern auch mit einem durch Buchstabenentstellung des Originaltextes corrumpirten Verse zu thun haben. Indem ich mich der Ansicht von Dindorf anschliessend das Wort indeiv als ein späteres Einschiebsel betrachte, suche ich die weitere Verderbniss in dem auffallenden vжvoiç und glaube den Vers so herstellen zu dürfen:

μάλα τοι ἄπορ ̓ ἂν κινοῖς πάθη.

Wenn ein Abschreiber das anоquivos nicht recht verstand, indem ihm die Partikel av entging, was sehr wahrscheinlich ist, so konnte er nicht umhin dasselbe in άлоoα лvxɩvoię zu verwandeln, zumal da die Aehnlichkeit der Buchstaben und v, welche so häufig verwechselt werden, den Anlass gab statt vivois zu lesen.

[ocr errors]

υκίνοις

Mit κινοῖς πάθη vergl. O. R. 636 ἴδια κινοῦντες κακά, Trach. 974.
Bonn.
W. Subkow.

Die Inschrift des Othryades beim Statiusscholiasten.

Die räthselhaften Worte, welche beim Scholiasten zu Stat. Theb. IV 48 der allein auf dem Schlachtfelde von Thyra zurückgebliebene Othryades mit seinem eigenen Blute auf das von ihm errichtete Tоónov schreibt und welche uns in anscheinend anderer Form überliefert sind, als sie sich bei Theseus (Stob. Floril. VII, 67) und Chrysermus (Pseudo-Plut. parall. min. 3 p. 306) finden, sind schon im 29. Bande des Rhein. Mus. p. 478 f. von mir eingehend behandelt worden. Das Resultat der Untersuchung in Betreff der Lesbarkeit der Inschrift war ein negatives, eine sichere Lesung der handschriftlich überlieferten Schriftzeichen erschien nicht möglich, wenn auch über den ungefähren Sinn kein erheblicher Zweifel obwalten konnte. Ausser den an jener Stelle angeführten Vorschlägen verschiedener Gelehrten die fraglichen Schriftzüge aufzulösen, sind mir noch zwei andere auf brieflichem Wege freundlichst mitgetheilt worden, welche ich mir erlaube hier kurz wiederzugeben, ehe ich die mir allein richtig scheinende Lösung versuche. Herr

[ocr errors]

Prof. Bursian vermuthete mit Beziehung auf Anthol. Pal. VII, 431, 5 sq.: ἄρσενι δ' Οθρυάδαο φόνῳ κεκαλυμμένον ὅπλον Καρύσσει Θυρέα, Ζεύ, Λακεδαιμονίων, dass die Worte vielleicht als Grenzinschrift aufzufassen seien, da ja der Kampf zwischen den Spartamern und Argivern um die Grenzen beider Landschaften (den Besitz der Thyreatis) geführt sein solle. Die Inschrift könne dann etwa gelautet haben: κατὰ ἄπειρον (dor. = ἤπειρον) ὅρια τὰ ̓Αρ yeia, Mein Freund Dr. Voretzsch in Berlin schlug vor (mit specieller Beziehung auf den von Max. Tyr. diss. XXIX 2 ed. Duebner gebrauchten Ausdruck doorEVELY sowie auf die Inschrift der Berliner Gemme vici) zu lesen: κατὰ ̓Αρ[γείων] ἄκρων ἐπάξια ἀρί στενον (dor. ngiotεvov), ich trug über die Argiver einen des höchsten Preises würdigen Sieg davon'. In Betreff der Worte ἄκρων ἐπάξια ἀριστεύειν verwies Voretzsch auf Wendungen wie ὅσσα τ' ἐν Δελφοῖσιν ἀριστεύσατε κτλ. Pind. Olymp. XIII 61 und ἄκρα péoɛou. Beide scharfsinnige Vermuthungen treffen jedoch nach meiner Ansicht insofern nicht das Richtige, als sie mehr in der Inschrift suchen als darin steckt. Auch nicht einmal der weit einfacheren und mir bis dahin wahrscheinlichsten Auflösung, welche Duebner gegeben: κατὰ Αργείων Σπάρτας τρόπαιον bedürfen wir, wenn wir nur ganz genau den Wortlaut des Scholions selbst ins Auge fassen. Ich setze deswegen den Text desselben noch einmal hierher, soweit wir seiner bedürfen, und zwar im Wesentlichen nach der Lesart des mir inzwischen zugänglich gewordenen Cod. Bambergensis (M. IV 11 saec. XI), indem ich die Abweichungen Lindenbruchs (L), der Pariser Handschriften (Pabc) und des cod. Monac. 19482 saec. XI (M) hinzufüge. Die Worte lauten: Historia talis est. Thyre (Thire B) civitas (est add. M.). hujus populi duo quondam inter se bello dissentientes, Lacedaemones et (sed Pc) Argivi, et (sed B) Lacedaemonius (Lacedaemoniorum L. Lacedaemoniis M.) dux Othryades (Theriades P ac M B) cum ejus exercitus jam prope victor esset tamen gravi vulnere jaceret excepto antequam totam animam exalaret (sanguine add. L) tropaea (tropheum Pa) jussit attolli, quibus (quid Pa) digito sanguine oblito ter (oblitrato Pa ter om. L) hoc (haec L. om. Pa) scripsit. Cata aptrō ne piata argion. Genau ebenso lautet die Inschrift im Paris. 10317, wo nur der Strich über dem o fehlt; etwas abweichend im Monac. KATA APATRON EPIATA ARGION. Ebenso sind die vorhergehenden Worte, abweichend von dem Texte Lindenbruchs, ganz übereinstimmend in B Pc M überliefert: ter hoc scripsit, und darauf ist das Hauptgewicht zu legen. Da nämlich offenbar in den folgenden mit grösserem oder geringerem Ungeschick nachgemalten griechischen Schriftzeichen der verschiedenen Hand

1

1 Ich kann bei dieser Gelegenheit einen Irrthum berichtigen, welcher sich in die angeführte Abhandlung über Othryades p. 478 eingeschlichen hat. Es hätte dort bemerkt werden müssen, dass in Pc hinter exalaret sofort die Worte digito sanguine etc. folgen, da die dazwischen stehende Zeile in der Handschr. ausgefallen ist.

schriften ein zweimaliges zatú (an zweiter Stelle in IATA verschrieben) zu erkennen ist, da das am Schlusse stehende (auch von Bursian beibehaltene) 'Aoyeior als unzweifelhaft bezeichnet werden kann und die zweite Halfte der Inschrift also κατὰ 'Αργείων gelautet haben wird, da ferner das zuerst stehende zarà unanfechtbar ist (an dieser Stelle auch von Voretzsch anerkannt) und wir endlich in den Worten des Scholiasten erfahren, dass Othryades dasselbe mehrmals geschrieben habe, so glaube ich, dass wir auch in der ersten Hälfte nichts weiter als zarà Agyeiwr lesen müssen, dass also die Inschrift einfach den Namen desjenigen Volkes enthielt, über welches der Sieg erfochten war, mit Absichtlichkeit mehrmals (ter) wiederholt. Ob im Texte ursprünglich noch ein drittes zara Agyeior gestanden, welches durch Unverstand der Abschreiber, der ja auch so schon deutlich genug hervortritt, ausgefallen sei, muss dahingestellt bleiben. Für die ganz allein, wie ich früher nachgewiesen zu haben glaube, in den Rhetorenschulen allmählich erfundene Situation des mit seinem Blute schreibenden Schwerverwundeten würde die vorgeschlagene Lesung immerhin noch als das Natürlichste erscheinen.

Emden.

P. Kohlmann.

Zu Terentius' Hecyra.

Als der von der Reise heimkehrende Pamphilus aus dem Hause der Schwiegereltern herauskommt, wo er die unerfreuliche Entdeckung gemacht, dass seine Gattin Philumena in Geburtswehen liege, erzählt er auf der Bühne die Begegnung mit der Schwiegermutter, die ihn überredet hat, die Entdeckung geheim zu halten. Myrrina hat zu Pamphilus gesagt (V. 392-400);

Parturire eam nec gravidam esse ex te solus conscius : Nam aiunt tecum post duobus concubuisse mensibus. Tum, postquam ad te venit, mensis agitur hic iam septimus. Quod te scire ipsa indicat res. nunc si potis est, Pamphile, Maxime volo doque operam, ut clam eveniat partus patrem Atque adeo omnis. sed si id fieri non potest quin sentiant, Dicam abortum esse: scio nemini aliter suspectum fore, Quin, quod veri similest, ex te recte eum natum putent Continuo exponetur hic tibi nihil est quicquam incommodi. Dagegen erheben sich eine Reihe der schwersten sachlichen Bedenken. Wer könnte das Subject des aiunt in Vers 393 sein? Man denkt an Parmeno den Sklaven; denn, sagt Pamphilus 410: olim soli credidi

Ea me abstinuisse in principio, quom datast.

Das hat er ihm vertraut, aber nicht das post duobus concubuisse mensibus; jenes erzählt also Parmeno auch in der 2. Scene des 1. Actes an die beiden meretrices weiter, aber nicht dies, denn davon weiss Parmeno selbst nichts. Die Zeitbestimmung des Verses 394, wonach Philumena nun im 7. Monat des Pamphilus

Gattin ist, wird widerlegt durch ihren Vater, der sich (530 fg.) wundert, weshalb man denn aus der Entbindung ein Geheimniss gemacht habe,

praesertim cum et recte et tempore suo pepererit. Vielmehr sind sie seit 9 oder 10 Monaten verheirathet, bald nach jenem nächtlichen Abenteuer, von dem Bacchis V. 822 fgg. berichtet. Enthält aber jenes aiunt und diese Zeitbestimmung sachliche Unrichtigkeiten, so kann Myrrina auch nicht den Plan haben: dicam abortum esse, da ja in den Augen der Welt die Tochter recte et tempore suo pepererit. Auch sagt die Alte in der That, als sie das Geheimniss ihrem Gatten verrathen sieht, nichts von einem abortus, sondern (V. 528) nur, dass es des Pamphilus Kind sei, und sie hatte Recht, wenn sie glaubte, nemini aliter suspectum fore.

Ich halte die ganze Verderbniss für entstanden, und zwar sehr früh entstanden dadurch, dass das richtige ait (Subject: Philumena) in aiunt verschrieben wurde. Schon zu Donats Zeit war dann dem Verse die falsche Deutung und Gestalt gegeben worden: concubuisse eam mensibus;

zur Interpretation der Zeitverhältnisse wurde der völlig verunglückte Vers 394 eingeschoben, wodurch das folgende Quod de scire ipsa indicat res seine klare Beziehung auf Vers 393 verlor, und in Vers 398 nur noch die Möglichkeit für einen abortus übrig blieb. Es ist zu lesen:

Nám ait tecum post duobus concubuisse mensibus
Quod te scire ipsa indicat res. nunc si potis est Pamphile
Maxime volo doque operam ut clam eveniat partus patrem
Atque adeo omnis, sed si id fieri non potest quin sentiant,
Dicam abs te ortum esse: scio nemini aliter suspectum fore.
Stralsund.
M. Fielitz.

Zu Virgil.

Virg. aen. II, 407-424.

non tulit hanc speciem furiata mente Coroebus,
et sese medium iniecit periturus in agmen.
consequimur cuncti et densis incurrimus armis.
hic primum ex alto delubri culmine telis
nostrorum obruimur, oriturque miserrima caedes
armorum facie et Graiarum errore iubarum.
tum Danai gemitu atque ereptae virginis ira.
undique collecti invadunt, acerrimus Aiax
et gemini Atridae Dolopumque exercitus omnis;
adversi rupto ceu quondam turbine venti
confligunt, Zephyrusque Notusque et laetus eois
Eurus equis; stridunt silvae saevitque tridenti
spumeus atque imo Nereus ciet aequora fundo.
illi etiam, siquos obscura nocte per umbram

410

415

420

fudimus insidiis totaque agitavimus urbe,
apparent; primi clipeos mentitaque tela
adgnoscunt atque ora sono discordia signant.
ilicet obruimur numero;

[ocr errors]

Um die Schwierigkeit, welche 'primi' in Vers 422 bietet, zu beseitigen, hat O. Ribbeck, auf sehr schwache handschriftliche Autorität hin, aufgenommen Priami'. Doch dürfte diese Lesart kaum viel Beifall finden. Im Deutschen ist zwar die Phrase: den Waffenrock seines Kriegsherrn tragen' nicht ungewöhnlich; doch möchte dies kaum hinreichen, um glaublich zu machen, dass ein antiker Dichter die trojanischen Krieger durch Priami clipeos' bezeichnet habe, selbst wenn nicht aus V. 389, 392, 395 unwiderleglich hervorginge, dass Aeneas und seine Begleiter mit griechischen Schilden versehen waren. Auch wird durch Beseitigung von 'primi' die Stelle noch lange nicht fehlerfrei. Man vergegenwärtige sich nur die ganze Situation:

Angestachelt durch das Beispiel des Coroebus, der seine Braut Kassandra gefangen sah, stürzt die ganze Schaar der Trojaner auf die Griechen, zersprengt diese und befreit die Jungfrau. (Dies ist zwar nicht gesagt, geht aber aus V. 413, 14 unwidersprechlich hervor.) Nicht blos die Tapferkeit der Trojaner, auch die Verwirrung der Griechen, die an ein Missverständniss glauben mussten, als sie ihre vermeintlichen Landsleute gegen sich losstürzen sahen (ähnliche Täuschungen sind ja bei nächtlichen Treffen nicht selten; man vergl. auch V. 371), führte dies günstige Resultat herbei. Dann aber wendet sich das Blatt. Der Irrthum, welcher eben den Trojanern genützt hat, wird ihnen verderblich, da sie nun als scheinbare Griechen von ihren eigenen Landsleuten aus der Höhe des Tempels mit Geschossen überschüttet werden. Dieser selbe Umstand konnte Ajax und seine Genossen noch eine Zeit lang in dem Wahne erhalten, dass die Befreier der Kassandra doch Griechen wären und wirklich nur ein Missverständniss vorläge. Da aber erscheinen, durch das neue Kampfgewühl herbeigelockt, die vorhin bei der Niederlage des Androgeos und nachher (V. 396-98) Versprengten, die leicht ihre Besieger wiederzuerkennen im Stande waren, zumal die Genossen des Androgeos gewiss theilweise bei ihrer Flucht die Vertauschung der Waffen, welche die Trojaner auf Anrathen des Coroebus vorgenommen hatten, zu beobachten in der Lage waren. Von diesen belehrt über die Kriegslist der Trojaner, zugleich gewitzigt durch den erlittenen Verlust, und danach. mit vollständig klarer Erkenntniss der Sachlage machten jetzt die Griechen, verstärkt durch die Reste von des Androgeos' Schaar und durch anderweitige Hülfe, einen Gesammtangriff. Hier schaltet Virgil, wie er oft im zweiten Buche thut, um die Aufregung der Scenen fortwährender Schlachten und Katastrophen zu mildern, ein Gleichniss ein, und giebt dann das Resultat des Kampfes durch die Worte: ilicet obruimur numero', wo numerus, wie oft, die Uebermacht bedeutet. Es leuchtet ein, dass diese sich nur an V. 415, bez. 419, passend anschliessen, nicht an 423. Auch wäre es

« PreviousContinue »