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beginnt damit, den Ursprung der zu Grunde liegenden Fabeln im Allgemeinen in den Biographien Aleranders des Großen nachzuweisen, und zeigt, daß jene Fabeln so alt find, als die wahrhafte Geschichte des macedonischen Eroberers. Er geht sodann auf die alten mythischen Behandlungen des Lebens desselben über und leitet alle diejenigen, die sich über Europa verbreitet haben, aus zwei Quellen ab: 1) aus dem Quint. Curtius und dem ihm nachgebildeten mittelalterlichen Gedichte des Gautier de Châtillon, und 2) aus dem griechischen Romane des Pseudo - Callisthenes. Bei der Besprechung des Gedichtes des Gautier de Châtillon benugt der Verf. die Gelegenheit, die Resultate seiner bibliographischen Forschungen mitzutheilen, indem er die handschriftliche wie gedruckte Literatur dieses Werkes ausführlich angibt. Das Werk des PseudoCallisthenes, aber wird dann der Hauptgegenstand der Untersuchung. Dieselbe beschäftigt sich zuerst (S. 10 u. 11) mit den verschiedenen Namen von Schriftstellern, welchen dieses Werk beigelegt wurde, und sucht daran das Alter des Werkes selbst zu bestimmen, das in das fünfte oder gar vierte Jahrhundert unserer Zeitrechnung hinaufzureichen scheint. Da dasselbe bisher noch nicht gedruckt worden, so theilt der Verf. aus der Kopie einer alten Handschrift (codex 1711 ms. gr. der Bibliothek des Königs zu Paris) Auszüge mit; und um das Verhältniß, in welchem die verschiedenen Handschriften, die von diesem Werke vorhanden sind, zu einander stehen, genau erkennen zu lassen, fügt er -die parallele Stelle aus einer andern Handschrift (Cod. 113 suppl.) hinzu. Diese Fragmente enthalten den Anfang der Alexander-Geschichte, welche der Verf., im fernern Verlaufe seiner Abhandlung, bis zu der Krankheit Alexanders auszugsweise mittheilt und mit dem altdeutschen Gedichte vergleicht, wodurch sich das Nesultat herausstellt, daß die Quelle dieses Werkes der Roman des Pseudo-Call listhenes sei, den der Pfaffe Lambrecht entweder im Original oder in einer der zahlreichen, schon seit dem neunten Jahrhundert eristirenden lateinischen Ueberseßungen studirt haben konnte. Die Untersuchung bewegt sich in einer leichten, klaren und gefälligen Sprache, und die ganze Arbeit stellt sich als die gereifte Frucht sehr umfassender und gründlicher literarhistorischer Studien dar.

Neber das Verhältniß der deutschen und romanischen Elemente der englischen Sprache von Dr. Behusch. Programm der Realschule in Bres

Lau. 1844.

„Die Sprache ist das Hauptbildungsmittel des Menschen und jeder geistige Unterricht ist eigentlich Sprachunterricht. Die Sprache ist die Trägerin der Gesammtbildung des Volkes, dessen innerstes Sein man nicht begreifen kann, ohne das Organ, wodurch sein Geist sich ausdrückt, in seinen Lebensäußerungen zu kennen." Von dieser richtigen Ansicht ausgehend führt es der Verf. in seinem Vorworte weiter aus, wie es die Volksschule mit der Volkssprache zu thun habe und wie andrerseits das Gymnasium, um eine vorzugsweise generelle Bildung zu geben, den Geist überhaupt zu schärfen und ihn vorzugsweise zur Erfassung und Wahrung des ideellen Eigenthums des Volkes geschickt zu machen, sein Hauptaugenmerk auf die beiden Basen allgemeiner europäischer Bildung, das griechische und römische Alterthum richten müsse.

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Eine dritte, die beiden eben genannten durchdringende Art von Bildung hatten die Realschulen zu verleihen. Ihre Zöglinge sollten als spätere Staatsbürger durch ihren Einfluß allmälig befruchtend und erziehend auf die Masse wirken, und dieses könnten sie nur, wenn sie sich außer den Kenntnissen, welche an Jeder im Volke habe, auch solche angeeignet hätten, welche der europäischen Gesammtbildung angehören. Nun find aber, fährt der Verf. fort, die drei Hauptträger der europäischen Bildung das deutsche, französische und englische Volk: wer in dem Leben und Geiste dieser drei großen Kultur-Völker heimisch geworden ist, steht auf der Höhe der europäischen Bildung; es muß daher ein Hauptgegenstand der höhern Bürgerschulen sein, ihre Schüler mit den Organen jener drei Völker bekannt zu machen." Referent hat diese Stelle um so ausführlicher angeführt, da auf der leßten Versammlung der Realschullehrer in Mainz es von einigen Seiten in Frage gestellt wurde, ob das Englische in dem Lehrplane der Realschule ein nothwendiger Unterrichtsgegenstand sei. Es wie auf dem Gymnafio Griechisch und Lateinisch, die Bildung des gesammten klassischen Alterthums, fast gleich berücksichtigt wird, so sollte es auch auf der höhern Bürgerschule mit der französischen und englischen Sprache, der außer deutschen europäischen Kultur der Gegenwart, gehalten werden. Warum dies nicht geschieht, ist schwer einzusehen, da man die Bildung des englischen, uns noch überdies stammverwandten Volkes, wenn nicht grade höher, doch wahrlich nicht niedriger anschlagen kann, als die des französischen. Der Verfasser zeigt nun in Folgendem, wie unter jeßigen Verhältnissen, indem das Englische auf den meisten Schulen nur facultativ und mit sehr wenigen Stunden bedacht ift, nichts als Flickwerk sein kann; er spricht darauf die Anforderungen aus, welche an einen wahrhaft bildenden Sprachunterricht überhaupt zu stellen seien und hofft daß seine Worte, wie auch die folgenden Beiträge zur Characteristik der englischen Sprache mit dazu beitragen möchten, dem so wichtigen Lehrgegen: stande eine sorgfältigere Benußung zu gewinnen. Nach den Anforderungen welche die Prüfungs - Reglements sowohl an die Schulamts-Candidaten als auch an die Abiturienten stellen ist es überhaupt zu erwarten, daß die hohe Behörde bald geneigt sein werde, für den immer wichtiger werdenden Unterrichtszweig etwas mehr zu thun, als es bis jezt geschehen konnte. Hr. Behnsch sagt in dieser Rücksicht in einer Anmerkung: „Uebrigens ist das Studium der beiden neueren Hauptsprachen und der neueren Philologie im Allgemeinen auf den Universitäten kläglich bestellt. Außer in Bonn, wo Prof. Diez lehrt, find an den Königl. Preuß. Universitäten Lectoren für die neuen Sprachen mit 60-80 Thalern jährlichen Gehaltes angestellt. Vergleicht man damit die Munificenz, mit der dem Profeffor der slavischen Literatur an der Universität Breslau ein zwanzigmal größeres Gehalt ausgesezt worden ist, so steht wohl zu erwarten, daß das hohe Ministerium des Cultus auch für die Belebung des Studiums der neueren europäischen Hauptsprachen bald geneigte Maßregeln ergreifen werde, um das immer fühlbarer werdende Bedürfniß der Schulen, auf Universitäten gebildete Lehrer dieser Sprachen zu haben, befriedigen zu können.“

Denkt man an die Bildungsmittel, welche den Jüngern der} klassischen Philologie geboten werden, so läßt es sich gar nicht in Abrede stellen, daß die höheren Bürgerschulen in dieser Hinsicht noch immer etwas stiefmütterlich be handelt worden sind und ihre Bedürfnisse bis jezt nur wenig berücksichtigt

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wurden. Doch wir haben die feste Zuversicht zu der weisen Fürsorge unserer Behörden, daß es bald anders und besser werden müsse; ist es ja auch für die Gymnasten wünschenswerth, daß sie überall für die neueren Sprachen, welche auf ihnen gelehrt werden, Lehrer erhalten, welche ihres Gegenstandes völlig mächtig sind.

Was nun den weitern Inhalt des Programmes betrifft, so wünschen wir demselben recht weite Verbreitung und können es nicht unterlassen, unsere Freude darüber auszusprechen, daß Hr. B. diese kleine aber werthvolle Schrift in den Buchhandel gegeben hat. Sie liefert ein sehr klares Bild von der Entwicklungsgeschichte der englischen Sprache und ist zugleich mit trefflich gewählten Sprachproben versehen, die dem Verfasser zu den interessantesten Vergleichungen Veranlassung gaben. Mit besonderer Vorliebe vertritt er das deutsche Element und es scheint uns nur, daß er den Einfluß des Scandinavischen ein wenig mehr hätte berücksichtigen sollen, als es in der Abhandlung geschehen ist.

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IV. Miscellen.

Rüge eines eingewurzelten Drufckehlers.

Je mehr wir Deutsche geneigt sind, etwaige Druckfehler über Schreib

fehler unsrer westlichen Nachbaren lächerlich zu finden, (wie z. B. le chemin de fer du mont Taunus, wenn von der Schienenbahn durch die Weinberge am Mainufer die Rede ist) und in ihnen den Beweis für volksthümliche Oberflächlichkeit und Unwissenheit derselben zu erkennen, desto mehr sollten wir uns hüten, in ähnliche Fehler zu verfallen. Ohne sein Augenmerk auf dergleichen Vorkommnisse absichtlich gerichtet zu haben erinnert sich Referent, in einem der bedeutendsten unsrer Tagesblätter bei Gelegenheit eines Berichtes über die französischen Kammerverhandlungen gelesen zu haben: Alles drängt nach Geld! Alles muß der Speculation dienen! Man geht so weit, Börsen in den Klößtern zu errichten! – Es ist nicht schwer, darin das Französische: on établit des bourses (man gründet Freistellen oder Stipendien in den Klöstern, um zum Eintritt zu veranlassen) zu erkennen. Was soll man Arveres zur Entschuldigung sagen als bonus dormitat Homerus, wenn ein jeßiger namhafter deutscher Literat überseßt: Der Kopf Napoleons war das Mühlrad Europas, und im Originale heißt es: le moule die Form, in welcher Europa eine neue Gestalt annahm. Allein dergleichen Verstöße sind in der Regel doch nur eine Folge der drängenden Eile unsrer Zeit, haften daher auch wohl hauptsächlich nur an den ephemeren Erzeugnissen politischer und literarischer Uebertragungen, und sind in ihren Wirkungen eben so ephemer wie diese Erzeugnisse selbst. Ernsterer Art ist dagegen die Betrachtung, die sich uns aufdrängt, wenn wir sehen, daß fünfzig Jahre lang und darüber ein und derselbe sinnentstellende Druckfehler in einem, vorzugsweise in Schulen, vielgelesenen Schriftsteller aus einer Ausgabe in die andere hinübergeht.

Dieser Fehler findet sich in Voltaire's histoire de Charles XII. (auf der 8. Seite etwa des 2. Buches am Ende eines Absages) wo es heißt: dont ils furent la véritable cause anstatt: dont ils surent la véritable cause, und zwar in allen deutschen Ausgaben, welche Referent hat vergleichen können, namentlich bei Ernst Fleischer in Leipzig, ferner in den 7 Ausgaben von Thibaut bei Volkmar, in der von Schiebler bei Müller, in der in Deutschland verbreitetesten Zweibrücker Ausgabe der vollst. Werke Voltaire's von 1791 u. ff., dann in den Pariser Stéréotyp-Ausgaben von Didot und von Bossange von den Jahren 1813, 1817, 1827 und 1828, in den bei Lecointe und bei Pougin in Paris 1832 und 1836 erschienenen, und so wahrscheinlich auch in denjenigen, welche nicht haben verglichen werden können. Die Genfer Ausgabe der vollst. Werke, von welcher Voltaire sagt: je déclare que... ... c'est à cette seule édition que ceux qui me veulent du mal ou du bien doivent

ajouter foi, hat den Druckfehler nicht, eben so wenig wie eine Londoner elegante Schulausgabe von Charles XII. (1842) besorgt von Catty.

Der geschichtliche Zusammenhang weiset zu deutlich den Fehler nach, als daß nicht jeder denkende Leser und besonders viele erklärende Lehrer denselben follten gefunden haben, und doch sind die Herausgeber auf denselben nicht aufmersam geworden.

Die Sachlage ist folgende: Riga, vertheidigt durch den Grafen Dahlberg, wird von Flemming und Patkul unter den Augen des Königs August belagert. Leßterer verzweifelt am glücklichen Erfolge seines Unternehmens und ergreift eine günstige Gelegenheit, die Belagerung aufzuheben. Niga war nämlich angefüllt mit holländischen Waaren. Der Gesandte der vereinigten Provinzen macht dem Könige Vorstellungen darüber, und August läßt sich nicht lange bitten. Er „will lieber die Belagerung aufheben als seinen Verbündeten den geringsten Verlust veranlassen.“ Diese leßtern wunderten sich jedoch keinesweges über diese übergroße Gefälligkeit, da sie die wahre Ursache derselben kannten (surent) und nicht waren (furent)..

Solingen.

Philippi.

Joseph Labatut.

Es ist bekannt, daß der Almanach populaire in Frankreich sehr beliebt ist, da er wirklich treffliche Artikel liefert; und auch in diesem Jahre zeichnet er sich vor anderen Schriften der Art durch die Gediegenheit seines Inhalts rühmlichst aus. Einer der werthvollsten Auffäße ist von M. A. Pourchel welcher das Leben des in Deutschland noch gänzlich unbekannten Dichters, Joseph Labatut schildert, dem wie Chatterton, Hégésippe Moreau oder Escousse nur Leid hier auf Erden zu Theil geworden, der aber deshalb das Interesse seiner Zeit um so mehr in Anspruch nimmt, weil er, ungleich seinen Schickfalsgenossen mit einer seltenen Energie gegen das furchtbarste Geschick siegreich anzukämpfen vermochte. Der Vater des Dichters war in Spanien von den Engländern als Soldat gefangen genommen und später nach Malta gebracht. Sein Geschick führte ihn dann nach Messina, wo er eine schöne Sicilianerin heirathete, welche ihn mit einem Sohne beschenkte. Joseph war erst 5-Jahre alt, als das Heimweh seinen Vater veranlaßte, nach Frankreich zurückzukehren. Unterweges starb die Mutter an der Pest, verschiedene Unglücksfälle entrissen dem armen Soldaten all seine Habe und er wäre in das höchste Elend verseßt, wenn sich nicht der edle Raynouard, der Verfasser der Templiers, großmüthig seiner angenommen hätte. Sie zogen nach Bugue, wo Joseph_sehr bald nachher seinen Vater verlor; eine arme Frau nahm die Waise bei sich auf und unterrichtete Joseph mit Hülfe des Geistlichen. Lafontaine's Fabeln und eine Weberseßung der Iliade Homer's wurden seine Lieblingslectüre, und der lebhafte Knabe entwickelte sich in wunderbarer Weise. Doch nach wenigen Jahren entriß ihm der Tod seine zweite Mutter und leider auch den liebevollen Geistlichen. Das unglückliche Kind war wiederum ganz verlassen und einsam in seinem Schmerze; da nahm sich Raynouard von Neuem seines Schüßlings an und weil der Knabe große Neigung zum Zeichnen hatte, brachte man ihn zu einem Lithographen in die Lehre. Er hatte daselbst kaum zwei Monate gearbeitet, als er schon im`Stande war, sich seinen Lebensunterhalt zu erwerben;

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