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fen, sondern auch zu erklären, daß dies vielleicht eins der größten Hindernisse für einen Deutschen ist, die Sprache wie ein geborner Engländer zu sprechen. Es ist indessen genau zu bemerken, daß die Weglassung des Hauchlautes, wenn diese Wörter dem Accent oder der Emphasis unterliegen, im entgegengesezten Falle ein eben so arger Fehler sein würde." In Praxis mag sich noch der Leser durch ein Paar aus Fielding's Tom Jones entnommene Stellen überzeugen, wie rauh und hart diese klingen würden, wenn alle, hier durch Cursivschrift ausgezeichneten Hauchlaute ausgesprochen werden sollten, als:

Mr. Patridge acted for some time on the defensive only: indeed he attempted only to guard his face with his hands; but as he found that his antagonist abated nothing of her rage, he thought he might, at least, endeavour to disarm her, or rather to confine her arms; in doing which her cap fell off in the struggle, and her hair being too short to reach her shoulders, erected itself on her had; her stays likewise, which were laced through one single hole at the bottom, burst open, and her breast, which were much more redundant than her hair, hung down below her middle; her face was likewise marked with the blood of her husband; her teeth gnashed with rage and fire, such as sparkles from a smith's forge darted from her eyes, etc. oder nur Eine Seite tiefer: As soon as she had a little recollected her spirits, and somewhat composed herself with a cordial, she began to inform the company of the manifold injuries she had received from her husband; who, she said, was not contented to injure her in her bed, but upon her upbraiding him with it, had treated her in the cruellest manner imaginable; had torn her cap and hair trom her head, and her stays from her body, giving her, at the same time, several blows the marks of which she should carry to the grave. — Wie störend Herrn Williams diese Hauchlaute für den Wohlflang der Sprache erschienen sein müssen, geht noch daraus hervor – daß er, um wie ein geborner Engländer zu sprechen, auf die theilweise Unterdrückung derselben einen so großen Nachdruck legt, während er doch den völlig analogen Hauchlaut des f in den unaccentuirten Silben z. B. von of- fend', ef- fect', af-flict', etc. mit Walker stehen läßt. Kann aber Etwas die Nothwendigkeit der theilweisen Unterdrückung dieser Hauchlaute theoretisch recht augenfällig beweisen, so ist es grade die Analogie. Es gibt in der ganzen englischen Sprache auch nicht Einen Fall, daß ein Wort oder Wörtchen, das, wegen sehr häufigen Gebrauchs oder als untergeordneter Theil der Rede, den Nachdruck nicht behaupten kann, den weniger gebrauchte und selbstständige Wörter behaupten, in seiner Aussprache nicht eine wesentliche Veränderung erlitte, die, in Folge der zurückwirkenden Kraft des Accents, natürlich

immer als eine Lautabschwächung erscheinen wird. So wird of, wenn nicht unter dem Accent, regelmäßig zu ov, ja verliert bisweilen den Hauchlaut ganz; so wird das in der gewöhnlichen Rede so häufig wiederkehrende sure regelmäßig zu sheor (f. Princ. of Pron. 139.), eben weil es, wie wir z. B. aus folgender Stelle desselben Tom Jones ersehen können, in Verbindung mit to be in dem Munde gar mancher Leute zur stehenden Redensart geworden ist, als:

La Ma'am, what does your La'ship think? the girt that your La'ship saw at church on Sunday, whom you thought so handsome; though you would not have thought her so handsome neither, if you had seen her nearer; but to be sure she has been carried before the Justice for being big with child. She seemed to me to look like a confident slut; and to be sure she has laid the child to young Mr. Jones. And all the parish says Mr. Alworthy is so angry with young Mr. Jones, that he won't see him. To be sure, one can't help pitying, etc. etc.

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Fallen nun aber z. B. die Wörter of und sure, unter dem eben berührten Gesichtspunkt und der Analogie nach, her, him, have, had eng zusammen, und ist bei of und sure die Lautabschwächung eben so unverkennbar als unabweisbar, so wird mit gleicher Nothwendigkeit dieselbe auch auf her, him, etc. übertragen werden müssen. Dasselbe Wörtchen sure aber kann uns zugleich und schließlich nochmals zeigen, wie durchaus unklar und falsch z. B. Walker die Lautverhältnisse der Sprache aufgefaßt und verstanden hat; denn nach seiner Bezeichnung lautet dasselbe nicht shoor, sondern shure (u wie in pure), was mit seiner falschen Auffassungsweise der Zischlaute des c, s, t überhaupt zusammenhängt und die natürliche und nothwendige Folge jenes Irrthums oder fast vielmehr Leichtsinns ist, den wir oben des Weiteren besprochen haben. Sheridan dagegen bezeichnet das Wort mit shoor, und da ihm, wie wir oben gesehen, das rechte Verständniß des Accents entging, so schließt er, in seinem Sinne ganz folgerecht, von sure auf super, sudorific, etc.. und spricht shooper, shoodorific, statt su'per, su"dorif'ic; und tshootor, tshoomult, etc., statt tu'tor, tu'mult. Dieser Mißgriff Sheridans ist zwar groß, aber, recht besehen, doch noch klein im Verhältniß zu dem andern Mißgriff Walker's, der alle Grundfesten der englischen Aussprache erschüttert und die ganze Sprache aus ihren Fugen gerissen hat.

Als das Endresultat dieser Abhandlung dürfte sich denn aber das folgende ergeben: 1) daß der euphonische Moment sich in der

englischen Sprache so gut geltend zu machen strebt als in jeder andern; daß er aber noch nicht zum vollen und klaren Ausdruck gekommen und zu allseitiger Anerkennung gelangt ist, da einzelne, mehr und minder klare Andeutungen in den orthoepistischen Werken der Engländer selbst Alles sind, was darüber laut geworden; 2) daß bis auf Sheridan, vom richtigen Verständniß des Accents und den damit zusammenhängenden Gesegen des Wohllauts abgesehen, die Sprache wenigstens im Uebrigen ganz naturgemäß und richtig gesprochen und so von Sheridan behandelt worden ist, so daß sich bei ihm in Bezug auf die Consonanten, die doch den Nerv und die Sehne der Sprache bilden, auch nicht Ein Laut gegeben findet, der nicht im Leben wie in der Wissenschaft seine Rechtfertigung fände; daß aber durch Walker, namentlich durch ein gänzliches Verkennen und Entstellen des romanischen Elements der Sprache, der Keim zu einer Corruption in dieselbe gelegt und in derselben gepflegt worden ist, an der fie bis jezt auf den heutigen Tag schwer, und schwerer als je, darnieder liegt; 3) daß, wie der Engländer überhaupt zu einer rein objektiven Auffassung einer fremden Eigenthümlichkeit sehr wenig Befähigung hat, weil seine Erziehung und sein ganzes Leben zu ausschließlich national sind, dieses Verhältniß ihn auch gehindert zu haben scheint, die verschiedenen fremden Elemente, gleichsam lautlichen Nationalitäten seiner Sprache klar und tief zu erfassen, so daß er zwar für die Bereicherung seiner Sprache aus fast allen Ländern der Welt Anlehen gemacht, aber vergessen hat die landesüblichen Zinsen dafür zurück zu zahlen, wodurch denn ein Ueberreichthum entstand, der, weil er durch die höhere Weise der Wissenschaft und freie, allseitige Entwicklung des Lebens nicht ausgeglichen worden, für die Sprache selbst mehr ein Duell des Verderbens als des Glücks geworden ist.

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Ist diese Darstellung parteilos und wahr, und bin ich nicht selbst in dem gröbsten Irrthum befangen wenigstens habe ich nach Wahrheit gestrebt, wie auf diesem Felde vielleicht wenig Andere so dürfte wohl nur Deutschland das Land sein, wo die englische Sprache zuerst in ihrer ganzen Schönheit und Wahrheit aufgefaßt, ins Leben treten kann, und unsere höheren Bürgerund Realschulen die Stätten, die diese Aufgabe zu verwirklichen hätten. Während unsere Gymnasien und Universitäten mit den alten Sprachen denselben engherzigen Geist nähren, über den sich das Alterthum selbst nicht erheben konnte, fönnte in unseren Volksschulen die englische Sprache, die große, freie, die die Enden der

Welt verbindet und namentlich in Amerika von einem Volke ge= redet wird wie es in staatsrechtlicher Hinsicht die Welt noch nie gesehen hat, ein herrliches Bildungsmittel für unsere Jugend werden, das dieselbe mit wahrer Begeisterung für Vaterland und Wissenschaft erfüllen, edle, wahre und mannhafte Gesinnung wecken und nähren, allseitige, echt menschliche Bildung fördern, und so weit über die Schule hinaus den wohlthätigsten Einfluß auf das ganze Leben üben dürfte.

Jena.

Voigtmann.

Der fünfte Mai. *)

1. Er 1) ist hinwie unbeweglich,
Nach dem letzten Athemzuge,
Unbewußt die Hülle da lag,
Die ein solcher Geist verlassen,
Also stehet nun die Erde

Bei der Kunde starr vom Schreck;

*) Dieser Hochgesang des berühmten Alessandro Manzoni, den vor Allen unser Sängermeister bei uns eingeführt und gebührend gewürdigt hat (s. Kunst und Alterth., Eckermann's Gespräche mit Goethe, I. S. 326, 371, 374, 376 2c. und 379 2c.) gibt sicher ein vollgültiges Zeugniß von der jugendlichen Geistesfrische, wie von der edlen Denkungsart des Dichters, der selbst, ihres Werthes sich bewußt, von dieser Ode weissagt, daß sie vielleicht nie sterben werde. Unser Goethe hat bekanntlich das herrliche Gedicht in sein geliebtes Deutsch“ zu übertragen sich gedrungen gefühlt (neueste Ausg. Bd. 3), wobei er sich jedoch der Fesseln des Nhythmus und der Neimverschränkung entschlug. Der kunstgewandte Ueberseßer des Dante, Ariosto und Tasso, den er aufmunterte, diesen strengen Forderungen zu genügen, lehnte zu bescheiden den Antrag ab, und so einigten sich in heiterer Stunde vier befreundete Männer, la Motte Fouqué, Giesbrecht, Zeune und Ribbeck, zu dem Vorsage, sich an dieser Aufgabe zu versuchen. Nur der Leztgenannte hat den strengen Forderungen der Form nicht genügt, sondern die Form der Romanzen gewählt, in denen die Heldenthaten des großen Cid fortleben, wodurch seine Uebertragung vor den übrigen, welche hie und da dunkler als das Original sind, den Vorzug größerer Genauigkeit und Verständlichkeit hat. Der Einsender dieser Uebertragung, welche als ein Versuch, einzelne Mängel und Unrichtigkeiten der frühern zu verbessern, angesehen werden möchte, ist ihm in der Wahl der Form nicht unbewußt gefolgt.

1) Nirgends wird in dieser Ode der weltstürmende Held genannt, nicht einmal in der Ueberschrift, welche nur seinen Todestag nennt, und doch fragt nicht leicht Einer, wer gemeint sei.

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