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voer desser tyt gedrucket unde ghevoert is). Der Umstand, dafs hier ausdrücklich hervorgehoben ist, diese deutsche Bibel sei schon lange Jahre handschriftlich in Klöstern und Konventen vorhanden gewesen, scheint, wie nicht zu verschweigen ist, freilich gegen ihren ketzerischen Ursprung zu sprechen. Auch darf nicht übersehen werden, dafs wir aus der Mitte des 14. Jahrhunderts (1343) eine, wie urkundlich bezeugt ist, von einem clusenere, d. h. Klosterbruder, in Halle, Matthias von Beheim angefertigte Übersetzung der Evangelien haben.*

Wenn ich selbst eine Vermutung über die Heimat unserer vorlutherischen deutschen Bibel aussprechen soll, so möchte ich an die Mystiker und Gottesfreunde denken, welche in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts am Oberrhein, namentlich in Strafsburg und Basel eine so grofse Rolle spielten. Auch bei ihnen, wie bei allen von der orthodoxen römischen Kirche Abweichenden, herrschte die Vorliebe für den Gebrauch der Landessprache, wie die Predigten eines Tauler, Suso, Hermann v. Fritzlar 1. a. beweisen. Andererseits besafsen sie, was bei den deutschen Waldensern zweifelhaft erscheinen mufs, die genügende Gelehrsamkeit, die Bibel aus der Vulgata zu übersetzen. Auch die in der obigen Notiz aus der Kölner niederdeutschen Bibel enthaltene Bemerkung, diese Übersetzung sei schon lange „im Oberlande", d. h. doch am Oberrhein, in Gebrauch gewesen,

* Pfeiffer sowohl als der Herausgeber dieser Übersetzung, Reinhold Bechstein, haben dieselbe zwar dem Matthias von Beheim absprechen wollen, weil es am Schlusse der Handschrift heifse: „dise dutung (Verdolmetschung) des latines ist gemachit Mathie von Beheim dem clusenern zu Halle." Das heifse offenbar nur, sie sei für ihn, nicht von ihm gemacht. Allein diese zuerst von jenen beiden Gelehrten gegebene Auslegung dieser Worte ist weder sachlich noch sprachlich haltbar. Ein Klosterbruder, der sich von einem anderen eine Bibelübersetzung anfertigen läfst, während er selbst auf der Bärenhaut liegt, ist geradezu eine lächerliche Figur. Der Dativ: „Mathie dem clusenern" ist der sowohl in der dichterischen Sprache der Griechen und Römer übliche als auch im Deutschen nicht ungewöhnliche Dativ beim Passivum und heifst von Matthias dem Klausner. So sagt Notker Ps. 70: „Wes kemanot unsich diser Psalmus selbemo davidi gesungener.“ Ähnlich Ps. 68.

würde auf jene Gegenden hinweisen. Ebenso redet der Umstand dafür, dafs die ersten Drucke dieser Bibel, die aus dem Jahre 1446 herrühren, in Strafsburg (bei Eggesteyn und Mentelin) angefertigt wurden. Indessen ich spreche dieses ausdrücklich vor der Hand nur als eine Vermutung aus.

Was die Ansicht Haupts betrifft, dafs die in der vierten Ausgabe der vorlutherischen Bibel hervorgetretene modernisierende Überarbeitung derselben eine im orthodox katholischen Sinne gehaltene sei, indem sich die Kirche auf diese Weise jene ursprünglich ketzerische Übersetzung habe zu eigen machen wollen, so mufs ich gestehen, dafs ich in jenen Umsetzungen der archaistisch gewordenen Ausdrücke in modernere eigentlich nichts speciell Kirchliches oder Katholisches habe entdecken können. Wenn andererseits Jostes diese Annahme Haupts damit widerlegen will, dafs in diesem Falle die vierte Ausgabe unstreitig einen Hinweis auf diesen ihren orthodoxeren Charakter und eine Verurteilung der früheren ketzerisch gehaltenen Ausgaben enthalten würde, so kann wieder Haupt für sich anführen, dafs in der That eine solche ähnlich zu deutende Schlufsbemerkung, wenn auch nicht von dem Drucker der vierten Ausgabe, so doch von dem der fünften und denen der späteren hinzugefügt worden ist. Fast alle heben sie hervor, dafs ihre neue Ausgabe lauterer, wahrer und klarer als die früheren sei, Anton Koburger fügt in seiner 1483 gedruckten Ausgabe noch besonders hinzu, dafs dieselbe „mit hohem vnd grofsem vleyfs gegen dem lateynischen text gerechtvertigt" d. h. berichtigt sei. Gründe und Gegengründe stehen sich also auch hier noch unentscheidbar gegenüber.

Im allgemeinen wird man sagen müssen, dafs es sich vor der Hand mehr empfehle, anstatt Zeit, Mühe und Gelehrsamkeit auf die vielleicht nie ganz zu erledigende Frage über das Herkommen dieser alten deutschen Bibel zu verwenden, lieber sie selbst zu studieren und zu erklären, namentlich in sprachlicher Hinsicht. Haupt ist zwar so freundlich, auf S. 45 seiner Schrift zu erklären, dafs in meinem oben erwähnten Aufsatze, welchen er mehrfach anführt, die sprachliche Seite der Frage, wenigstens insoweit sie die Umgestaltung des alten Bibeltextes in den späteren Ausgaben betreffe, schon recht befriedigend behandelt

sei. Allein dieses Zugeständnis ist doch zu nachsichtig. Gefördert würde diese Frage zunächst durch ein eingehenderes Glossar werden, worin die neueren Lesarten den alten archaistischen gegenübergestellt würden. Vielleicht dafs ich, wenn mir Zeit und Kräfte es gestatten, an dieser Stelle einmal den Anfang damit mache.

Berlin.

Karl Biltz.

The lyf of saint Katherin of Senis.*

Nach dem Drucke W. Caxtons (c. 1493) mitgeteilt

von

C. Horstmann.

here begynneth the lyf of saint Katherin of Senis, the blessid virgin. Audi filia et vide:

HEre, doughter, and see fructuous example of vertuous liuinge to edyfycacion of thy sowle and to comforte and encrese of thy gostly labour in all werkis of pyte: ffor, as I truste, by the gracious yeftes of oure lorde

* Dieser Druck, nach dem Schlufszeichen W. C. von William Caxton berrührend, sonst ohne Titelblatt und ohne Bezeichnung des Orts und Jahres, aber von Blades „Life and Typogr. of W. C. c. 1493 angesetzt, ist eine häufig kürzende und zusammenfassende, sonst wörtliche Übertragung der c. 1390 verfassten Vita S. Catharina Senensis († 1380) von Raimund v. Capua, Ord. Prædic. mag. gen., dem Beichtvater der Heiligen (ed. Col. 1553 von Th. Loher, und, mit Kollation eines Lütticher Ms., in den Act. SS. Boll. April 30, Bd. III, p. 853 ff.). Die Einleitung hat der Übersetzer hinzugefügt, dagegen die zwei Prologe des lat. Textes ausgelassen, wie auch solche „poyntes of diuynyte", die er der Fassungskraft der geistl. Schwester und ihrer Genossinnen, für die er diese Übersetzung anfertigt, für zu hoch hält. Zufolge dieser Bestimmung für ein Schwesterkloster hat er auch die Anrede „lector“ in maydens" verwandelt. Mss. sind nicht bekannt. Die Übersetzung mag um die Mitte des 15. Jahrh., der Blütezeit der Übersetzungslitteratur, entstanden sein; der ursprüngliche Dialekt ist durch Caxtons Umschreibung in seine Sprache leider verwischt und wird sich nur noch schwer bestimmen lassen. Caxtons Druck beruht auf einer bereits vielfach verderbten Hs. und ist durch viele schreiende Druckfehler noch mehr entstellt. Überhaupt darf man sich diese alten Drucke keineswegs als Muster der Korrektheit vorstellen, das Amt eines Korrektors scheint noch unbekannt gewesen zu sein. Die Interpunktionszeichen (/ und :) sind noch höchst unvollkommen, die Anwendung der Kapitalen ist oft auch auf den Anfang von Nebensätzen ausgedehnt, dagegen in Hauptsätzen oft unterlassen, so dafs die Sätze und Satzteile nicht hinreichend geschieden sind. Ich habe hier gründlich Remedur eintreten lassen, auch einfachere Fehler nach Möglichkeit zu bessern gesucht. Doch ist es unmöglich, den Text von den vielen Weiterungen und Doppelungen des Ausdrucks und anderen groben Entstellungen zu befreien. Noch sei bemerkt, dafs in diesem Drucke von den alten Abbreviationszeichen die Schleife an n (77) regelmäfsig, öfter auch die an I, h beibehalten ist (nicht aber die an d, wie in anderen Drucken Caxtons). Ich habe hier einfach n, 11, h gesetzt, wie auch & durch and ersetzt. Noch erübrigt mir, dem (leider soeben verstorbenen) Bibliothekar der Universitätsbibliothek, Mr. Henry Bradshaw, für die freundliche Bereitwilligkeit meinen Dank ausz. sprechen, mit der er das dort befindliche Exemplar dieser höchst seltenen Ausgabe zu meiner Benutzung hierher gesandt hat.

Archiv f. n. Sprachen. LXXVI.

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Ihesu thy wyll is sette to plese hym and to do hym seruyce in all holy excercise by the vertue of obedyence vnder counseyll and techinge of thy gostely gouernours. And for as moche as I fele by longe experyens the inward affeccions inclynyng wyth pyte to comforte of all that haue nede, 5 bothe lyuyng and dede, therfore to strengthe and comforte of thy wil and of al other of thi gostely susteren, whiche our lord hath graciously chose to serue hym nyght and day in prayer and meditacion and to laboure bodely in tyme of nede to socour and helpe of the seke and the poure, here I purpos by our lordis mercy only in his worshyppe wyth 10 truste of his grace and leue by helpe of your prayers to translate in englyffhe tongue the legende and the blessid lyf of an holy mayde and virgyn, whiche was and is callyd Katheryn of fene.

[ocr errors]

This legende compyled a worshypfull clerke, fryer Reymond, of the ordre of saynt domyník, doctor of deuynyte and confessour of this holy 15 virgyn. But in this translacion I leue of the two prologues whiche in the begynnyng the same clerke made in latyn the whiche passeth your vnderstondyng, and touche (1) alle maters only that longeth only to your lernyng (2), by-cause that moche maner of her vertuous lyuyng shall be rehersyd in especial in (3) chapytres of this boke whiche in generall wordes he 20 toucheth shortely in his prologue; I leue of also poyntes of diuynyte whiche passeth your vnderstondyng, and touche only maters þat longeth to your lernyng. Now than, as I sayde in the begynning, here, doughter, and see what thou herest or redest of this holy mayde and vyrgyn. And that thou yeue full credence to that I shal wryte; the veryte may be preuyd 25 wythout ony feynyng bi scryptures of her confessours and verefyeng of creatures whiche late lyued in erthe. Also the vytnes I purpose to put in at the ende of eche chapytre, as that worshypfull clerke dide whiche compyled this boke in latyn. Therfore, that all our werke begynne and (be) perfourmed in the name of the holy trynyte, this boke shall be deuyded 30 in thre partyes, and eche parte of the boke shal be departed in to diuerse chapyters; whiche chapyters been compyled to-gyder in the begynnyng, in manere of a kalendre, that ye mowe redely fynde what matere in the boke ye desyre to here or rede.

The fyrst parte of the boke shal be the byrth and the holy werkis 35 of that mayde from her chyldhode and tendre age In to the time that she was spoused merueylously and gracyously to our lord.

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45

The seconde parte conteyneth the maner of her conuersacion from the tyme of her desponsacion to our lord and what our lord wrought in her in to the tyme bat she passyd out of this world.

The thyrde parte shall shewe the passyng out of this world of the same mayde, with myracles whiche our lord wrought for her in her lyf and after: And thus bi the mercy and graunt of our lord almyghty this werke shall be termynyd to the lawde of that holy Trynyte, to whom be honour and glorye euer wythout ende Amen

(I) Cap. j. The fyrste chapytre of the fyrste parte of this forsayde blessyd mayde and virgyn Katheryn treteth of her progenyte and of other maters whiche byfyll touchyng her, or she wente out openly abrode: And of her fader and moder and of the condycions of her (1).

Cap. ij. Of her byrthe and of merueylous werkynge whiche our lord 50 wrought and shewed in the chylhode of this holy mayde and vyrgyn.

Cap. iij. Item of the vowe made of her vyrgynyte, and of other vertuous lyuynge and myracles whiche befyll tyl she came to the age of abylyte to be wedded to man - but wedded was she not and neuer wolde. Cap. iiij. Item how her feruour of deuocyon was wythdrawe, whiche

(1) Caxt. to touche. (2) tilge the whichelernyug? (3) tilge in. (4) 1. hem.

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