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Couriers abschicken etc. und ob zwar Er dafür halte, daß Sie, nunmehro, die sonst seine guten Freunde, sich anderst begriffen haben würden; damit Er aber gleichwohl auf einoder andern Fall Seinem Durchlauchtigsten Herrn in denen Relationen mit Erzählung dergleichen Dinge nicht facheux, als sie sonst genug zu thun, fallen dürfte; So habe er nicht umhin gekonnt, ́ publice, candide und sincere, einige von seinen Rationibus, denn nicht alle ließen sich öffentlich reden, anzuzeigen“ u. s. w.).

Die Hauptfragen, welche bei diesem Streite zur Sprache kamen, waren die folgenden: 1) Soll sich die Steuerpflich= tigkeit der Unterthanen auf die Besehung und Erhaltung der, einem Reichsstande gehörenden, Festungen, Städte zc. überhaupt erstrecken, oder sich auf die Besehung und Erhaltung der nöthigen Festungen beschränken? 2) Soll diese Pflicht auch in dem Falle eintreten, wo ein Reichsstand von dem, ihm durch den westphälischen Frieden zugesicherten, Rechte Gebrauch machen würde, Bündnisse zu schließen? 3) Sollen die Unterthanen zu den, ihnen zur Pflicht gemachten, Ausgaben die „jedesmal erfordernden Mittel" beizutragen, oder ihrem Landesherrn nur

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mit hülflichem Beitrage" an die Hand zu gehen. schuldig seyn? 4) Sollen die Landstånde und Unterthanen bei den Reichsgerichten Gehör finden, wenn sie wegen der Steuern, die von ihnen der Landesvertheidigung wegen gefordert werden, Klage erheben? sollen sie sich gegen ein solches Ansinnen auf ihre Privilegien und Eremtio= nen, oder auf andere Einreden berufen können?

Nach langen Verhandlungen kam es endlich den 27.Oct. 1670 zu folgendem Reichsgutachten:

„Weil die Extension des §. Und gleichwie (§. 180) auf die Reichs- und Landesdefension zwar affirmative resolvirt worden, ratione modi aber man sich ebenmäßig nicht vergleichen können, indem das Churfürstliche Collegium und die Mehrere in dem. Fürstlichen sich mit dem sub num. 1. beygelegten Auffahe, aus den übrigen Fürstlichen aber verschiedene, und dann der Städte Rath mit einem andern sub num. 2. gleichfalls beygefügten Project conformirt haben; als hat man solche Discrepanz allerhöchster Ihrer kaiserl. Majeståt (wie hiemit beschieet,) glei chergestalt zu hinterbringen, vor nöthig erachtet." Der Unterschied zwischen diesen beiden Beilagen (N. 1 und 2.) war der, daß der erstere Aufsaß die såmmtlichen, oben erwähnten, Fragen zum Vortheile des landesfürstlichen Besteuerungsrechts, der lehtere aber dieselben Fragen gegen dies ses Recht entschied.

Hierauf erfolgte, mittelst eines kaiserlichen Commissionsdecretes vom 12. Februar 1671, (dict. den 23. desselben Monats,) eine Entscheidung des wesentlichen Inhalts, daß es bei den Rechten und Gewohnheiten eines jeden einzelnen Landes sein Bewenden behalten, auch in Streitsachen ́über das landesherrliche Besteuerungsrecht den Reichsgerichten ihre Gerichtsbarkeit, wie bisher, verbleiben solle. (Das Decret ist zu lang, als daß es, nach dem Zwecke der vorliegen= den Abhandlung, hier von Wort zu Wort eingerückt werden könnte.)

Man kann diese kaiserliche Entscheidung als ein Seis tenstück zu dem (im Eingange dieser Abhandlung angeführten) Bundestagsbeschlusse vom 28. Juni 1832 betrachten.

Beide, jene Entscheidung und dieser Beschluß, haben, sowohl ihrer Veranlassung, als ihrem Zwecke nach, und selbst in Beziehung auf ihre Form, die unverkennbarste Aehnlich. keit mit einander. Es geschiehet nichts Neues unter der Sonne; allein die Menschen glauben immer, daß sie eine neue Sonne bescheint.

Die Veranlassung zu der kaiserlichen Entscheidung, vom Jahre 1671 lag in der Ausdehnung, welche Bayern, und die mit ihm gleichgesinnten Reichsstände, dem landes. herrlichen Besteuerungsrechte und, mit diesem, der Lans deshoheit überhaupt — zu geben gedachten. Eben so ward der Bundestagsbeschluß vom Jahre 1832 durch die Ausdehnung veranlaßt, welche in einigen teutschen Staaten die zweite Kammer ihrem Rechte, die Regierung bei der Bes steuerung und so mittelbar bei der Ausübung der Staatss gewalt überhaupt

zu controliren, gegeben hatte. Die Partei, welche emporstrebte, war eine andere im Jahre 1670, eine andere im Jahre 1832. Allein das Endziel war in beiden Fållen ungefähr dasselbe.

Diese Aehnlichkeit zwischen beiden Fällen wird noch eins leuchtender, wenn man die Ursachen, oder die Zeitumstånde, in Erwägung zieht, aus welchen im Jahre 1670 das Stre ben, die landesfürstliche Gewalt weiter auszudehnen, hers vorging, und dermalen das Streben des Volkes, seinen Einfluß auf die Ausübung der Hoheitsrechte zu vergrößern, hervorgeht.

Bei allen Völkern teutschen Ursprungs ist in einer jeden Periode ihrer Geschichte ein Hang und Drang bemerkbar, die Fürstengewalt zu måßigen. Um zu diesem Ziele zu gez langen, haben sie die verschiedenartigsten Mittel, bald die ses, bald ein anderes, oft auch mehrere zugleich, versucht. Jahrb. 6r Jahrg. VII.

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In dem teutschen Reiche war es, nach vielen Schwankungen und Kämpfen, am Ende des 15ten Jahrhunderts, nachdem sich die Verfassung fester gestellt hatte, zu einer gånzlichen Zersplitterung der Machtvollkommenheit (oder Souverainetåt) gekommen. Man sprach wohl von einer kaiserlichen Machtvollkommenheit; allein in der Wirklichkeit hatte der Kaiser nur gewisse Hoheitsrechte, jura reservata Imperatoris genannt, war auch die Gewalt des Kaisers und des Reichs (der Reichsstånde) mannigfaltig beengt und gehemmt. Eben so wenig waren die einzelnen teutschen Fürsten und Herren, ein Jeder in seinem Lande oder Gebiete, Selbstherrscher. Auch abgesehen von ihrem Verhältnisse zum teutschen Reiche, hatten sie, bes schränkt theils durch Landstånde, theils durch Vorrechte einzelner Landsassen, eine nur sehr unvollständige Hoheit. Wie das teutsche Reich; so bestand auch ein jedes einzelne teutsche Land wieder aus mehrern Gebieten; ein jedes dieser Gebiete hatte seinen Grundherrn, der, als solcher, in dem Besite gewisser Hoheitsrechte (der Patrimonialgerichtsbarkeit) war; die Lehre: Princeps est fons omnis jurisdictionis! war eine ausländische Pflanze, die sich nur mit Mühe auf teutschem Boden acclimatisirte. Mit einem Worte, die Idee, auf welche man die damalige Organisation des Gemeinwesens der Teutschen zurückführen konnte, war die einer, Conföderation unter den Grundherren des teutschen Bodens; die Idee also, welche, nur anders ausgeprägt, schon aus dem åltesten öffentlichen Rechte der Teutschen unverkennbar hervorblickt. 'Die Conföderation, in welcher alle Grundherren des teutschen Landes un= mittelbar (als Landesherren und Reichsstånde), oder mittel

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bar standen, ward das teutsche Reich genannt. Unter ihr waren wieder eine Anzahl kleinerer Conföderationen, die teutschen Reichsländer, begriffen. Der Schuß- und Schirmherr jener war der König; in diesen verwalteten dasselbe · Amt die Landesherren. - Da sezte nun der westphälische Friede, in Verbindung mit dem Beispiele Frankreichs, dessen Verfassungsrecht schon unter Ludwig 13 eine neue Gestalt angenommen hatte, eine Gestalt, welche unter Ludwig 14 immer mehr ausgebildet ward, neue Rechtsmeinungen, und, mit diesen, neue Ansprüche in Teutschland in Umlauf. Man erkannte, oder man ahnete die Nothwendigkeit, den Verfassungen der teutschen Lånder, wenigstens denen der grdz Fern, neue Grundlagen zu geben. Das Ziel war bald gefunden, oder es bot sich von selbst dar, die teutschen Fürsten den souverainen Fürsten und Herren, den gekrönten Häuptern gleichzustellen. Dieses Ziel aber konnte man nur so erreichen, daß man die bisherige Landesverfassung wesentlich umgestaltete, die bisherige Föderativ verfassung in eine Staats verfassung verwandelte. Denn die Souverainetåt begreift, ihrem Wesen nach, alle Hoheitsrechte in sich; mit ihr sind Hoheitsrechte, welche einzelnen Landsassen zustehen, oder Vorrechte, durch welche die Ausübung der Machtvollkommenheit gehemmt wird, nur als vom Sou veraine verliehene Rechte, und nur als Rechte vereinbar, deren Gültigkeit allein auf Gründen des öffentlichen Wohls beruht. Wie Vieles konnte oder mußte also in den bis herigen Landesverfassungen verändert werden, wenn sie die ser ihrer neuen Grundlage vollkommen entsprechen sollten! Besonders in der Steuerverfassung. Denn, nicht nur spielt das Geld in allen öffentlichen Angelegenheiten

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