Page images
PDF
EPUB

den vermittelnden Mächten, am 6. Mai mit der Pforte einen Frieden zu schließen, der dem Mehemed Ali, gegen Räumung Kleinasiens, die Statthalterschaften von Aegypten und Kreta bestätigte, die Bezirke von Damaskus, Tripolis in Syrien, Seyde, Safed, Aleppo, Jerusalem und Naplouse zusprach, und außerdem seinem Sohne Ibrahim den Distrikt von Adana unter der Eigenschaft einer Pachtung überließ. Noch sind aber durch diesen Frieden die politischen Aufgaben nicht gelöset, so daß die Pforte nicht blos durch die Angriffe Mehemed Ali's, sondern auch durch die Spaltungen Beistand versprechender Freunde dem Schicksale Polens entgegen zu gehen scheint.

Geschichte des Ursprunges, der Entwickelung und Einrichtung der Hauensteinischen Einung im Mittelalter.,

Vom großherz. Badischen Hofgerichtsrathe Joseph Merk in Freiburg.

In dem großen Erbe einer reichen Vergangenheit muß der Geschichtsforscher als einen vorzüglich kostbaren Nachlaß jene besondern Provinz- und Städteverfassungen, jene Bündnisse und Volkseinungen betrachten, welche in Zeiten, wo frei nur die Stärke des Armes herrschte, und alles ge= sellschaftliche Leben gestört war, allein der übermächtigen Gewalt, die den Bürgerstand völlig zu unterdrücken drohte, noch einige Schranken entgegen zu stellen vermochten. Mit Recht sieht daher einer der geachtetsten Schriftsteller die pragmatische Bearbeitung der frühern localen Geschichte und der eigenthümlichen Verfassungen einzelner Landestheile als den sichern Leitfaden an, welcher auf den festen Boden der Geschichte, und zum richtigen Verständnisse des åltern Zustandes der Völker führt. Denn da nicht leicht, besonders in Teutschland, eine Gegend in Verfassung, Denkungsart und Charakter der Bewohner der andern glich; so wird sich aus folchen speciellen Weisthümern alter eigener Landeseins richtungen der Geist der verschiedenen Zeitalter und die Erscheinungen, von denen uns die Chroniken nur die trockene Erzählung überliefert haben, am besten erklären, so wie hieraus eine Nationalwissenschaft sich gehörig ausbilden lassen,

welche gegenwärtig,

wo man ben so engen Verband der Politik mit der Geschichte und den höhern Zweck der leztern

erkannt hat,

ein wichtiges Erforderniß der Zeit wird.

Von dieser Ueberzeugung angeregt, versuchte ich, vor züglich mit Benuhung der vom Pfarrer Maier in Gurt; weil aus dem Archive zu Togern gesammelten Notizen und Urkunden, so wie dessen, was sich im Provinzialarchive in Freiburg vorfand, über den Ursprung, innern Be stand und Einrichtung, so wie über die vornehmsten Thaten der sogenannten Hauensteinischen Waldeinung im Mittelalter ein historisches Gemälde zu liefern, welches, so schwach die Hand und der Farbenton ist, mit dem es entworfen ward, dennoch, vermöge des einwohnenden eigenthümlichen Wesens, den vaterländischen Geschichtsfreund ansprechen, und auch für den fremden nicht ohne Interesse seyn dürfte.

Schon der Umstand, daß diese Einung alle andere gleichartige weit größere Bündnisse überlebte, und, wenn auch nicht in ursprünglicher Gestalt, doch noch in vielen, besonders auch im Charakter der Waldleute ausgedrückten, Hauptzügen bis zu der Weltveränderung unserer Zeit, in der auch sie unterging, ihre Dauer behielt, zeugt unver kennbar von einer aus einem freien Volkszustande hervor gegangenen, und in seinem Wesen tief begründeten, Einrichtung derselben, und es wird sich das, hierdurch an dem Bilde entstehende, Interesse noch insbesondere durch den Kontrast erhöhen, welcher sich in Mischung der Leibeigenschaftsunterwürfigkeit mit einer volksthümlichen Selbststån: digkeit darin herausstellt; so daß Manchem, der, das Factische in der Bildung der Staaten zu wenig beachtend, Alles nur nach absoluten Theorieen geformt sehen will, kaum be

[ocr errors]

greiflich seyn dürfte, wie dieses Waldvolk, einerseits im Eins zelnen vielfach der Leibeigenschaft unterworfen, doch anderers seits in seiner Gesammtheit einer ganz besondern Freiheit und der großen Rechte genossen habe, die Geseze nur durch selbst aus seiner Mitte gewählte Vorsteher vollstreckt zu sehen, seine innere Verwaltung eigends zu besorgen, "frei: Waffen führen zu dürfen, und, frei von allen andern Gerichten, in allen Fällen sich nur durch Seinesgleichen richten zu lassen.

Das Land, wo diese Einung bestand, ist der füdöftliche Theil des Schwarzwaldes, und gehörte in den ålte sten Zeiten zum marcianischen Walde, der seinen Naz men wohl nicht vom Mars, wie Einige annehmen, sons dern von den Markomannen erhielt, welche in dieser Gegend als Nachbarn der Rauracher, Tulinger und Latobringer wohnten, und unter Marbod, nach eini gen drohenden Bewegungen gegen Gallien, sich plöklich vom Rheine hinwegwendend, in das Land der Bojer wanderten. Dieser Abzug verödete das Land, bis einige gallische Völker, vorzüglich auch wohl die Rauracher, die verlassene Ståtte beseßten *),, welche zu dem Eremo Helveticorum gezählt ward, der sich bis zu diesen Bergen, ,,idem cum Alpibus nomen habentes" **) erstreckté. Allein auch die Alemannen müssen, bei der großen Bes wegung der Völker, in dieser verlassenen Gegend fich festgeseht haben, da dieser Landstrich später auch, wiewohl in größerer östlicher Ausdehnung, der Albgau hieß. Es dürfte ungewiß seyn, ob dieser Gau seine Benennung von

* Tacitus de mor. Germ. Cap. 21.

$

**) Ptolemaeus lib. II. Tab. C. II., der allein des Eremus Helves ticorum gedenkt.

der Alb, die am Feldberge entspringt, und, das Land der Långe nach durchströmend, bei Albbrück in den Rhein fällt, oder nicht vielmehr davon erhalten habe, daß‚· ̃wiegesagt, schon in früherer Zeit die Berge des an Raur a2 chien grenzenden Schwarzwaldes den Namen Alpen trugen; doch möchte anzunehmen seyn, daß Fluß und Gegend von der Gebirgsbenennung den Namen eher, als diese von jenem, erhalten haben.

[ocr errors]

Wie über jeden Gau, waren auch über den Albgau, der vom Breisgau immer getrennt blieb, eigene Grafen gesetzt, welche zu Gurtweil walteten, bis deren Gerechtsame an das Habsburgische Haus auf welche Weise, läßt sich nicht gehörig darthun, übergingen. Der liber. originum von St. Blasien führt diesfalls nur allgemein an: die Herrschaft sey 1108 an das Gotteshaus kaufsweise gekommen, bis selbe auf den lezten Herzog von Z åhringen, von diesem an die Grafen von Fürstenberg, dar nach an die Herzoge von Oestreich gelangt sey. Von der Zeit Rudolphs 1 an verwaltete die Laufenburgische Linie für Destreich die Herrschaft Hauenstein, nach deren Erlöschen dann eigene Landvögte gesetzt wurden, welche ihren Sit auf der Feste Hauenstein*) hatten, die schon früher, sammt dem an deren Fuße gelegenen Orte, Vorburg Hauenstein genannt, an Destreich gekommen war; denn vermöge Urkunde de dato Schaffhausen, 2. Jånner 1317 **) ertheilten die Herzoge Leopold und Heins rich von Oestreich allen Ansiedlern daselbst besondere

*) Eigentlich Bohenstein, Howenstein, im Gegensage von Ziefenstein.

**) Ex archiv. Friburgens.

Jahrb. 6r Jahrg. VIII.

9

« PreviousContinue »