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Die Flugschrift Goodcoles zerfällt in drei Teile: In der Vorrede rechtfertigt er die Abfassung seiner Schrift, weil das traurige Ende der Hexe von Edmonton schon eine Reihe von phantastischen Balladen und frivolen Volksgesängen hervorgerufen hatte. Der Hauptteil umfasst den wahrheitsgetreuen Bericht über den Prozess gegen E. S., vor allem eine eingehende Schilderung des Geistlichen über sein Verhör mit der Hexe nach ihrer Verurteilung, in dem das durch Kreuzfragen aufs schlimmste gemarterte Weib sich zu einem schimpflichen Verkehr mit dem sie in Hundsgestalt besuchenden Teufel bekennt. Der Schlussteil berichtet über das öffentliche Bekenntnis der Hexe auf dem Richtplatze und klingt mit einer eindringlichen Warnung vor dem Bösen und dem Teufel aus. In welcher Weise die Verfasser der W. of E. diese ihre alleinige Quelle verwertet haben, soll im nächsten Abschnitt dargelegt werden.1)

III. Die Benutzung der Quelle.

Ausser der Hexe Elizabeth Sawyer und ihrem Höllenhunde finden wir aus der Quelle die im Wahnsinn rasende Frau Ratcliffe nebst ihrem beklagenswerten Gatten in der Tragikomödie wieder.

Die Einheit des Ortes in unserem Drama ist streng gewahrt, wie in der Quellenschrift ist der Wirkungskreis der Mother Sawyer Londons Vorstadt Edmonton und ihre Nachbar

1) Was A. H. Bullen bereits über das Quellenverhältnis beigebracht hat, habe ich nicht einsehen können. Ein Hinweis von Köppel in seinen Quellenstudien zu den Dramen John. Fords etc. (Quellen und Forschungen Strassburg 1897) S. 196. Anmerkung 2 cf. Bullens Note vol. I p. VI f. ist nicht von Belang, da Köppel nicht die richtige Stelle angeführt hat. Damit ist Köppels weitere Auslassung 'Die von ihm (Bullen) gegebenen Beispiele liessen sich, wie er selbst bemerkt, leicht vermehren eine Bemerkung für sich geworden. Ich bin daher in der Feststellung des Quellenverhältnisses unfreiwillig unabhängig von Bullen gewesen.

schaft. Nur in dem Schlussauftritt ist der Schauplatz nach London in die Nähe von Tyburn verlegt, wobei die Angabe Goodcoles verwertet ist: The Place of Execution which was at Tiborne (C IV). Inwieweit die Verfasser sich bei dem Gang der Handlung und in der jeweiligen Charakterisierung der Gestalten an die fast aktenmässige Schrift Goodcoles gehalten haben, soll durch die nachstehende Vergleichung, in der das Drama auftrittweise zu der Quelle in Beziehung gebracht wird, nachgewiesen werden.

Bei dieser Vergleichung sind:

The Works of John Ford

edited by W. Gifford, with additions by A. Dyce
now re-issued with further additions

3 vols. London 1895

zu Grunde gelegt worden, in denen 'The Witch of Edmonton' im 3. Bande S. 171 beginnt.

Akt I.

Hinter dem Rücken und gegen den Willen seines Vaters, der ihm mit Enterbung gedroht, hat der junge Frank Thorney mit Winnifrede, der Haushälterin seines Dienstherrn, eines Landedelmannes, eine giltige Ehe geschlossen. Indes auf Drängen des alten Thorney und aus Furcht vor dessen Drohungen führt er mit Rücksicht auf eine gehörige Mitgift obendrein Susanne Carter, die Tochter eines wohlhabenden Freisassen als seine Frau heim.

Akt II, 1.

Erst im 2. Aufzuge werden wir mit der Hexe von Edmonton, Elizabeth Sawyer, bekannt, die sich mit Selbstbetrachtungen einführt, warum man gerade sie von allen Seiten zur Hexe gestempelt hat. Hierbei lassen sich reichliche Beziehungen zur Quelle nachweisen.

Vielleicht wird die alte Hexe überall gelästert und mit Bosheit überschüttet, weil sie arm, missgestaltet, unwissend, krumm gebeugt wie ein straff gespannter Bogen ist:

-

p. 196.

'Cause J am poor, deformed aud ignorant

And like a bow buckled aud bent together

cf. Goodcole LXXXVI. Her body was crooked and deformed even bending together which so happened a little before her apprehension; ferner schliesst Goodcole XCIII einen Absatz mit Nachdruck:

for she was a very ignorant woman.

Zweimal gibt Mother Sawyer ihrem Unmut Ausdruck, dass man ihr mit Unrecht Hexenkünste andichte, um sie mit Gewalt zur Hexe zu machen:

p. 196.

Some call me witch,

And being ignorant of myself, they go
About to teach me how to be one; urging

That my bad tongue by their bad usage mad so
Forspeaks their cattle, doth bewitch their corn

Themselves, their servants, aud their babes at nurse

und p. 197. This (sc. practice cf. witchery) they enforce upon me and in part

Make me to credit it.

cf. G. LXXXV A great aud long suspicion was held of this person to be a witch .. aud that not without just cause, her neighbours seeing the death of nurse-children aud cattle, strangely aud suddenly to happen; dazu

G. LXXXVIII she would (therefore thus revenge herself in this manner viz.) witch to death their nurse-children, aud cattle endlich

G. LXXXIV fictions of her bewitching corn on the ground. Über That my bad tongue-by their bad usage made so

etc. p. 196

findet sich bei Goodcole folgende Auslassung:

LXXXVI. That tongue which by cursing, swearing, blaspheming aud imprecating, was the occasioning cause of the Die unmutvollen Worte Mother

Devil's access

unto her.

Sawyer's.

p. 196.

Some call me witch . . . etc.
(vgl. oben),

ähnlich p. 197.

and in part

Make me to credit it (sc. practice of witchery)

muten wie eine Glossierung des ganzen Verhörs an,

von dem die Quelle berichtet; und jetzt wo die Quelle wieder abgedruckt vorliegt, müssen wir umsomehr der Anmerkung Giffords p. 196, Anm. 1, beipflichten: It is but justice to the speaker to observe, that she details the process of witch making with dreadful accuracy; there is but too much reason to believe that many a Mother Sawyer has been formed in this manner.

Der alte Banks, einer ihrer schlimmsten Feinde, tritt auf und vertreibt die alte Hexe, die Reisig sammelt, um sich zu wärmen, mit groben Scheltworten und Schlägen von seinem Grund und Boden. Die Flüche und Verwünschungen, die Mother Sawyer ihm dabei entgegenschleudert, stimmen zu der Quellenangabe:

G. LXXXVII she sends out . . . many most fearful imprecations as heretofore she had wished aud endeavoured to happen on divers of her neighbours.

Mehrere Spassmacher treten auf, um mit Cuddy Banks, dem Sohne des tückischen, alten Banks die Vorbereitungen zu einem Mummenschanz zu besprechen. Sie erblicken plötzlich Mother Sawyer und befürchten nun, dass die verhasste Alte mit dem Teufel im Bunde ihren Plan durchkreuzen könnte. Die Hexe laut verwünschend, verschwinden sie unter seltsamen Gliederverrenkungen. Die Bewahrungsformel des zweiten Spassmachers

p. 200. Bless us Cuddy and let her curse her t'other eye out geht auf den Quellenbericht zurück, der sich länger über die Einäugigkeit der M. S. auslässt:

G. CII Question. How came your eye to be put out?

Answer: With a stick which one of my children had in the hand, that night my mother died it was done; for I was stooping by the bedside, and I by chance did hit my eye on the sharp end of the stick.

Zu dieser Frage hat sich Goodcole genötigt gesehen, weil ihm zugetragen war, dass entweder Mother Sawyer's Vater oder ihrer Mutter schon ein Auge gefehlt habe.

An der andauernden Verhöhnung durch den jungen Banks und die Spassmacher ist vor allem der alte Schurke Banks Schuld; daher ist Mother Sawyer jetzt fest entschlossen, sich an diesem Übeltäter zu rächen. Sie wollte, dass irgend eine Macht,

gleichviel ob gut oder böse, sie belehren würde, wie sie sich rächen könnte; denn sie ist nun willens, ganz Furie zu werden; aller Menschengüte abzuschwören, die Gebete zu hassen, um sich nur in Flüchen, Verwünschungen, gotteslästerlichen Anrufungen und verabscheuungswürdigen Beschwörungen zu üben, kurz um sich dem Teufel zu übergeben.

p. 197 hat sie sich schon einen Hausgeist gewünscht:

What is the name, where and by what art learn'd
What spells, what charms, or invocations

May the thing call'd Familiar be purchas'd?
I have heard old beldams

weiter p. 200.

Talk of of familiars in the shape of mice.

Rats, ferrets, weasels, and I wot not what,

That have appear'd and suck'd, some say their blood
But by what means they came acquainted with them
I am now ignorant.

In der Quelle ist an zwei Stellen von Hausgeistern und koboldartigem Getier die Rede. In seiner dem Tatsachen-Bericht vorausgeschickten Rechtfertigung bemerkt Goodcole, indem er die gemeinen und falschen Volksballaden, die ihm bei seiner Rückkehr von der Richtstätte entgegengeklungen sind, scharf verurteilt:

G. CXXXIV. In them (sc. the ballads) I was ashamed to see and hear such ridiculous fictions of her . . . of a ferret and an owl daily sporting before her . . . of the spirits attending in the Prison.

Das andre Mal wird im Verhör darauf bezug genommen : G. XCIX Question. What were those two ferrets that you were feeding on a form with white bread and milk, when divers children came, aud saw you feeding of them?

Obwohl nach einer Randbemerkung 'some children of a good bigness, and reasonable understanding' dem Gerichtshof angegeben haben, dass sie zu verschiedenen Malen gesehen haben, wie die Beschuldigte zwei weisse Frettchen mit Milch und Brot gefüttert hat, antwortet M. S.: I never did such any thing. Bei der weiteren Frage:

G. XCIX. What was the white thing that did run through the thatch of your house, was it a spirit or a Devil?

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