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spiele einer derartigen Schlussalliteration wie I 55 murmure montis (vgl. S. 333) also fast 3% der Gesammtzahl der Verse der Aeneis, in dem erwähnten Gedichte des Dracontius 8, nämlich 6 pignora prolis, 9 portio patris, 174 passio praestat, 200 iudice iudex, 245 litora linquunt, 296 Ilios ingens, 485 admovet aurum, 506 appetat ardens, demnach nicht ganz 1.2 Proc., wobei noch zu bemerken ist, dass einige dieser clausulae ältere Reminiscenzen sind.*) - In dem bei Zingerle pag. 11-17 abgedruckten Gedichte des Paulus Amaltheus de ludo Troiano" cet. kommt eine derartige Schlussalliteration ein einzigesmal vor, nämlich 86 currere contra, bei einer Anzahl von 151 Versen, also nicht ganz 0.7 Proc. In dem ebendaselbst pag. 49-59 abgedruckten Gedichte des Q. Aemilianus Cimbriacus (aus welchem Zingerle im Ganzem 210 Verse mittheilt) findet sich zweimal (36 und 203) munera Martis, dann 546 plurima possem und 624 gloria gentis, also 1.9 Proc.; zieht man aber die Reminiscenz munera Martis (Ovid Rem. A. 153) und gloria gentis (Verg. Aen. VI 767, Ovid Met. XII 525) ab, so bleibt nur 1 Beispiel, also nicht ganz 05 Proc. In dem ebendaselbst pag. 125-139 abgedruckten Gedichte des Johannes Mathias Tiberinus de bello, strage et obitu bellipotentis Caroli Burgundiae ducis" (es sind 2 Gesänge, zusammen 380 Verse) findet sich I 36 gloria gentis, 98 pectore princeps, II 70 cognita crescat, 74 lumine lustrans, 110 munera mittunt, 130 proxima ponto, also nicht ganz 16 Proc.; ziehen wir jedoch auch hier die Reminiscenzen gloria gentis, ferner lumine lustrans (Aen. II 754) und proxima ponto (Aen. IX 238) ab, so bleiben nur 3 dem Dichter zukommende Beispiele, also nicht ganz 0.8 Proc.

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Auch andere Vergleichungen haben immer wieder zu einem ähnlichen Resultate geführt. Obzwar nämlich auch bei Dichtern, bei denen die absichtliche Anwendung der Alliteration nicht in erheblichem Masse, sondern höchstens gelegentlich hie und da angenommen werden kann, die factische Alliteration nicht eben selten vorkommt, so lässt sich doch zwischen diesen Dichtern. und Vergil oder anderen römischen Dichtern, die ebenfalls die

*) Vgl. z. B. Aen. III 300 litora linquens.

Kvíčala: Neue Beiträge z. Erkl. d. Aen.

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Alliteration mit bewusster Absicht cultivirten, auch nicht eine entfernte Parallele annehmen. So sehr behauptet die Alliteration Vergil's sowol in quantitativer als auch (und dies ganz besonders) in qualitativer Hinsicht ein ganz entschiedenes und grossartiges Uebergewicht. Kurz, ich bin auch durch diese Vergleichungen in der Ueberzeugung bestärkt worden, dass man für Vergil's Alliteration nicht den Zufall als einen einigermassen ausreichenden Erklärungsgrund annehmen kann, sondern dass für Vergil dem Zufall nur eine ganz untergeordnete Rolle angewiesen werden kann.

Trotz seiner Vorliebe für die Alliteration verfuhr aber Vergil doch bei der Anwendung derselben mit feinem Tacte und in massvoller Weise. Es ergibt sich dies schon aus dem Umstande, dass sich bei ihm die Alliteration ungeachtet ihrer grossen Verbreitung doch nirgends unangenehm aufdrängt und dass sie überhaupt verhältnissmässig wenig bemerkt und beachtet worden ist. Selbst in solchen Versen, in denen alle oder die meisten Wörter der Alliteration unterworfen sind, tritt sie doch nicht in so zudringlicher Weise auf, wie in gar manchen Versen des Plautus (z. B. Most. II 1 5 mali moeroris montem maxumum modo, Rud. III 3 23 f. miserae ubi venit in mentem mihi mortis, metus membra occupat edepol) und Ennius (z. B. in dem berüchtigten o Tite cet., oder Ann. 211 orator sine pace redit regique refert rem, 360 nec cum capta capi nec cum combusta cremari, 478 Brundusium pulcro praecinctum praepete portust, Trag. 338 sed virum virtute vera vivere animatum addecet). Von der Alliteration Vergil's gilt in vollem Masse, was Jak. Grimm von der Allitera tion im Vergleiche zu dem Endreim sagt; sie ist eine zartere und edlere Pflanze, welche durch ihre freiere Stellung .... einen geringeren sinnlichen Reiz erregt und . . . . minder in die äusseren Sinne fallend der metrischen Bewegung selbstständig sich anschmiegt." Vgl. Mähly a. a. O. S. 210 f., der eben auch diesen Ausspruch Grimm's citirt.

Bezüglich der Grundsätze, von denen ich mich bei der Sammlung der Alliterationsbeispiele habe leiten lassen, muss ich an

diesem Orte, da der Umfang des Buches die ursprünglich beabsichtigte Gränze schon erheblich überschreitet, nur mit den nothwendigsten Andeutungen mich begnügen.

I.

Im Gebrauche der Alliteration sind verschiedene Grade der Stärke zu unterscheiden, und zwar -hängt dies ab A) von der Zahl der alliterirenden Wörter, B) von der Zahl der das Alliterationselement bildenden Laute, C) von der Stellung der alliterirenden Wörter und D) oft auch von der Gleichheit oder Verschiedenheit der Quantität der Vocale.

A) Was die Zahl der alliterirenden Wörter betrifft, so ist es an sich klar, dass, wenn drei oder noch mehr Wörter eines Verses denselben Anlaut haben, die Alliteration kräftiger sein muss als bei dem Minimum, wenn nämlich bloss zwei Wörter alliteriren. Die älteren Dichter, besonders Plautus und Ennius, haben hierin nicht immer ein schickliches Mass bewahrt und ihre Alliteration drängt sich dem Ohr oft in förmlich lästiger Weise auf (vgl. S. 434). Vergil dagegen verstand es die Alliteration in einer feineren und minder zudringlichen Weise zu gebrauchen. Doch ist auch bei ihm ein erheblicher und leicht fühlbarer Unterschied zwischen I 55 magno - murmure montis, 680 sopitum somno super, II 84 insontem infando indicio, 418 stridunt silvae saevitque, IV 160 magno misceri murmure, VI 316 ast alios arcet arena, X 725 conspexit capream cornua cervum, und andererseits I 4 superum saevae, 57 tenens seditio saevitque u. s. w.

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temperat, 149

B) Was die Zahl der Alliterationslaute betrifft, so herrscht hier eine grosse Manigfaltigkeit. Die schwächste Alliteration ist, wenn bloss ein einziger Laut, sei es ein Vocal oder ein Consonant, alliterirt. Stärker ist die Alliteration, wenn der alliterirende Anlaut aus zwei oder mehreren Consonanten besteht oder ein Diphthong ist. Noch stärker ist die Alliteration, wenn sie auf einen ganzen eine Sylbe bildenden Lautcomplex sich bezieht oder sogar auch noch in die folgende Sylbe hineinreicht. Für diese Erscheinung gebrauchen manche die nicht unpassend nach Analogie

des Ausdrucks „Alliteration“ gebildete Bezeichnung „Assyllabation“.
Ich glaube ferner consequent zu verfahren, wenn ich auch die
Wiederholung eines Wortstammes in verschiedenen Formen (z. B.
in verschiedenen Casus) und die Wiederholung derselben Wort-
form von demselben Standpunkte auffasse, nämlich als höchste
Potenz der Alliteration, die man nach Analogie der Ausdrücke
Alliteration, Assyllabation" etwa mit dem Terminus „Adverba-
tion" *) bezeichnen könnte. Allerdings kann man diese letztere
Erscheinung auch von einem anderen Gesichtspunkte aus auffassen,
nämlich von dem einer allgemeineren, durch den Gleichklang sich
manifestirenden Symmetrie; ich glaube, wie gesagt, consequent
zu verfahren, wenn ich diese Beispiele der Wiederholung von
Wortstämmen und Wortformen (die in der Sammlung meist durch
die Hinzufügung des Zeichens (w) kenntlich gemacht sind) **),
hier aufnehme. Ich unterscheide also hier, um die Sache durch
concrete Beispiele zu veranschaulichen, folgende Classen:
a) Es alliterirt bloss éin Laut

a) ein Consonant, z. B. I 124 magno misceri murmure
B) ein Vocal, z. B. I 112 atque aggere

b) Es alliterirt ein Doppellaut

a) zwei Consonanten, z. B. I 470 primo
Strophades stant

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arenae,

prodita, III 210

B) ein vocalischer Doppellaut, z. B. IV 439 aut — audit.
Gewöhnlich ist freilich in diesem Falle

der Diphthong

zugleich für sich eine Sylbe (wie auch hier schon audit), so dass diese Beispiele in die folgende Kategorie (c, ẞ) gehören.

c) Assyllabation, und zwar

a) die Sylbe besteht aus einem blossen Vocal

B) aus einem Diphthong, III 40 auditur

auris

*) Verbum hier natürlich in der allgemeinen Bedeutung „Wort". Sonst könnte man die Wiederholung der Nominalstämme und Nominalformen mit dem speciellen Ausdrucke „Annomination“ bezeichnen, welcher Ausdruck freilich gewöhnlich in anderem Sinne gebraucht wird.

**) Allerdings nicht immer; so habe ich da, wo die betreffenden Wörter selbst ausgeschrieben wurden, dies Zeichen nicht gesetzt; z. B. I 486

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7) Vocal

Consonant, I 7 Albanique altae

d) Consonant + Vocal, I 520 coram data copia fandi, II
159 tegunt, teneor

ε) zwei Consonanten + Vocal, III 627 trepidi tremerent
g) Consonant + Vocal Consonant, IV 271 teris otia
terris, VII 336 versare - verbera

n) der alliterirende Lautcomplex reicht über den Umfang
einer Sylbe hinaus,*) z. B. V 553 pariterque

III 2 Superis

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parentum,

superbum, X 757 victores victique,
XII 86 pectora pectunt.

Anmerkung 1. Nicht selten findet sich eine stärkere und
schwächere Alliteration vereinigt, wie z. B. I 7 Albanique
atque altae, 164 silent- silvis scaena, V 866 sale saxa sona-
bant. So ist I 7 ein Beispiel für eine dreimalige Alliteration von
a (Albanique atque altae), zugleich aber für eine zweimalige
Alliteration des stärkeren Alliterationselementes al (Albanique
altae).

Anmerkung 2. In Betreff der stärkeren unter ba, dann
c (v, 8, ε, b, n) erwähnten Alliteration gebe ich hier eine Zusam-
menstellung der bemerkenswerthesten Lautcomplexe, die in der
Aeneis vorkommen

I 7 al, 106 his, 118 vor, 164 sil, 219 ex, 272 mu, 520 co,
563 re, 660 in, 671 ver, 680 so, 703 qui, 704 pen, 715 co
II 41 ar, 53 cav, 73 con, 84 in (dreimal), 88 reg, 93 in,
159 te, 204 or, 270 ec, 328 ar, 362 la, 367 vi, 425 ar, 452 vi
(dreimal), 507 ca, 543 re, 552 co, 565 de, 568 se (dreimal), 651
con, 673 con, 674 pa, 776 in, 783 re, 792 co

III 2 super, 6 mo, 19 di, 100 quae, 145 fe, 170 re, 183 ca,
cas, 211 in, 216 vol, 232 cae, 263 pa (dreimal), 343 ec, 386 in,
390 in, su, 437 pr, 439 sup, 448 ve, ver, 457 vo, 468 co, 538 ca,

*) Sehr oft kommt der Fall vor, dass das eine der alliterirenden Wörter
zu dieser Abtheilung (n) gehört, das andere dagegen zu y oder . V gl
für den einen Fall z. B. V 164 altum (c, y) alii (c, n), für den anderen
sehr häufigen Fall z. B. I 117 vorat (n) vortex (c, ), III 439 sup-
plicibus supera, IV 498 monumenta monstratque, V 412 germanus

gerebat.

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