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hätte, es ihm einzutränken, daß er mir hier im Haus den Löffel vorm Maul weggezogen hat, wie ich eben in die Schüssel langen wollte

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Achim. Du hast eine Feindschaft auf den jungen Herrn? Henning. Und was für eine! Seht, Herr Hauptmann, ehbevor er nach Lanzke kam, bin ich hier wie's Kind im Hause gewesen, und der Bauer und alle haben nicht ohne mich leben und sterben können. Ist's etwa nicht an dem, Bauer?

Lange. Halt das Maul, elender Neidhammel!

Henning. Ja wohl, neidisch bin ich, aber das Maul halt' ich drum erst recht nicht. Ihr wär't auch neidisch, wenn Jhr Durst hättet, und ein anderer tränke Euern Krug leer, und Hunger, und er äße Euch die letzte Brotschnitte vor der 15 Nase weg. Und darum

Achim. Mach's kurz: Wo ist der Junker?

Lange. Der Schurke soll mit vier Pferden zerrissen werden, wenn er Hund! (Wütet vor sich hin).

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Dörte. Liebster bester Henning, wenn Du jemals 20 ich will Dir

Henning. Nichts da! meine Rache will ich! Haus und Hof könntet Ihr mir verschreiben, Bauer, und Eure Tochter dazu ich pfiffe Euch was und nähme meine Rache! Ja wohl hat man Euch anschmieren wollen, Herr Hauptmann. 25 Denn der Junker, den Ihr sucht —

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Achim. Er ist im Haus? (Pause).

Henning. Nein, Herr Hauptmann! (Lange und Dörte suchen ihre Überraschung zu verbergen).

Achim. Wo ist er hingeflüchtet?

Henning. Er weiß alles, daß ihr ihn mit Gutem oder Bösem nach Rügenwalde bringen sollt, 's ist ihm gesteckt

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worden, vor zwei Stunden schon, und darum hat er gemacht, daß er fortgekommen ist und zwar

Achim. Wohin?

Henning. Ja, zwinkert mir nur zu, Bauer. Heraus 5 muß es und sollt ich dran plaßen. (zu Achim.) Nach Malchow ist er geritten, zu Kurt Flemmingen, Beistand zu holen, gegen den Herrn von Massow nu wißt Jhr's und nu macht,

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daß Ihr ihn zu fassen kriegt.

Achim. Aufsizen! (Die Krieger hinaus.) Komm her, Bauer. 10 (Lange nähert sich ihm gelassen.) Du hast um den Aufenthalt des Junkers gewußt und ihn mir verheimlicht troß des Befehls der Frau Herzogin?

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Lange. Ja, Herr Hauptmann, das kann ich nicht in Abrede stellen.

Achim. Du bist ein Verräter.

Lange. Kann auch wohl sein, Herr Hauptmann. Hab' es aber bisher noch nicht gewußt.

Achim. Du wirst mit uns nach Malchow reiten und von da nach Rügenwalde, Dich vor Deiner Landesfürstin zu ver20 antworten.

Lange. Kann geschehen, Herr Hauptmann. Ich habe selbst schon lange einmal ein Wort mit der Frau Herzogin reden wollen.

Achim (zu zwei Kriegern). Bindet ihm die Hände. Der 25 Philipp soll ihn vor sich aufs Pferd nehmen.

Dörte. Vater! (Bugstaff macht eine hastige Bewegung.)

Lange. Ruhig Blut, Kinder! (Mit Betonung.) Wie gesagt, Kriegslisten müssen sein, und da braucht sich ein Herzog selber nicht zu schämen, und wenn mal eine schief geht, nur nicht 30 den Kopf verloren. Gib mir meinen Hut, Dörte. So! Und nun bindet mir man rasch die Hände, sonst dreh' ich noch dem Schurken da den Hals um! (Henning steht unbeweglich.) Den

solltet Ihr festmachen, Herr Hauptmann; das ist Euch ein Lügenbeutel, ein Spizbube, ein

Achim. Nicht geschimpft! Henning, ich bleibe in Deiner Schuld. Fort mit Dir, Bauer!

5 Lange. Na, Mutter, haltet gut Haus. Es wird ja wohl nicht lange währen, so komm' ich los. Mein junger Herzog (mit erhobener Stimme) wird mich doch wohl nicht im Kerker verfaulen lassen; es sind ja noch andere altpommersche Herren, die ihm gerne helfen gegen den Gott-sei-bei-uns, den Massow.

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Achim (ihn hinausstoßend). Hüte Dich, Bauer, wo Dir Dein Leben lieb ist!

Lange. Na denn in Gottes Namen! Adjes, Dörte! (Wird hinausgeführt.) (Bugslaff richtet sich spähend auf, Henoch hebt den Kopf von dem Tische, Henning steht ganz vorn mit behaglich verschmißter Miene, Dörte 15 macht die Thür hinter dem Vater zn. Pause. Man hört die Reiter sich entfernen.) Dörte zurückkommend). Fort!

Bugslaff. (Springt auf, wirft die Verkleidung ab.) Gerettet! Um welchen Preis!

Dörte (auf Henning zueilend). Und wenn Du auch ein hinter20 listiger, böser, neidischer Mensch bist und uns halbtot geängstigt hast, dafür muß ich Dir um den Hals fallen.

Bugslaff. Henning! Wackerer, treuer Henning! (Ergreift seine Hand.)

Henning (steht gelassen und läßt alles mit sich geschehen). Ja, nu 25 ist es keine Kunst!

(Der Vorhang fällt.)

Vierter Akt.

Ein Turmzimmer im Schloß zu Rügenwalde. Rechts ein vergittertes Fenster. Eine Thür im Hintergrunde. Vorn Tisch und Bank. Auf dem Tisch ein Wasserkrug.

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Hans Lange (liegt ausgestreckt auf der Bank, den Hut unterm Kopf; schläft und spricht aus dem Traum).

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Pfui, zittern, wie ein

Nee, so ist es recht! Faß ihn, Bugslaff, den Wolf

den Massow den Wolf

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einen Kober tragend, mit dem Schließer, der auf den Alten zeigt und gleich wieder geht).

Henning. Schon gut, Veit. Will's schon besorgen. Da liegt er. Ich muß ihn man wecken. (Legt den Kober ab, tritt dicht an den Schlafenden.) Vater Lange! (Rüttelt ihn.) Wollt Ihr bis in die Ewigkeit schlafen?

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Lange (auffahrend). Dörte ist es denn schon der 20 Henning soll immer anspannen

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(reibt sich die Augen).

Henning. Ja es spannt sich auch noch was an! Wenn Ihr Herrn von Massow schön bittet, wird er Euch mit vier Pferden ins Himmelreich fahren lassen; Ihr müßt Euch man hernacher die Stücke selber wieder zusammenlesen.

Lange (ermuntert, seßt sich auf). Ja so, wir sind nicht mehr in Lanzke. Na guten Morgen, Henning.

Henning. Guten Tag auch!

Lange. Ist wohl schon späte?

Henning. Inu, es geht auf Mittag. In der Schloß30 küche unten schmoren sie einen Hammelbraten. Es roch gut. Lange. Sieh sieh, da hab' ich meiner Seel' an zwölf

Stunden geschlafen, wie 'ne Ratte. Ich war aber auch höllisch. müde gestern abend. Das Traben, Henning, so den geschlagenen Tag, ist 'ne rechte Pferdearbeit für alte Knochen.

Henning. Wie ist es denn noch geworden?

5 Lange. Na, wie wir in Malchow ankamen und von unserm Junker nichts zu hören und zu sehen. - die langen Gesichter kannst Du Dir vorstellen.

Henning (lacht in sich hinein).

Lange. Nu wollten sie von mir wissen, wo er wohl 10 stecken könnte. Ja, sagt ich, wenn er nicht hier ist, wird er sich wohl unterwegs anders besonnen haben. Aber hin hat er gewollt, das habt ihr ja von dem Hallunken, dem Henning, selber gehört.

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Henning (streicht sich schmunzelnd das Haar über die Stirn).

Lange. Nu wetterten sie und schimpften mordsmäßig, und ich saß immer ganz stille dazwischen und dachte: Hol' euch alle der Henker lotweis! Na, und da haben sie ein paar Stunden gefüttert, und dann sind wir wieder in den Sattel und fort nach Rügenwalde, und wie der Massow mich an20 geschnauzt hat und wie er mir ums Haar die Gurgel eigen

händig abgeschnitten hätte, weil ich immer ganz unschuldig blieb, das kannst Du Dir auch wohl denken. Zuleht haben sie mich hier hergebracht, es scheint so 'ne Art Schazkammer zu sein. Gestohlen kann man hier so leicht nicht werden. Nu 25 sage aber, wie ist es denn bei Euch gegangen?

Henning. So weit ganz schön, Bauer. Die Großmutter ist gut bei Wege, und die Dörte läßt Euch grüßen. Unsere braune Kuh hat lezte Nacht gekalbt, ein Bullenkalb, und der Wolf hat wieder ein Lamm geholt. Den Haber wollten 30 wir

Lange. Das kannst Du mir alles nachher sagen. Was der Junker angegeben hat, das will ich wissen.

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