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Bugslaff (der unschlüssig gestanden). Nun denn, Vater Lange, in Gottes Namen

Lange (ärgerlich für sich). Er merkt, weiß Gott, noch immer nichts! (laut) Junker, wie weit ist es wohl bis nach Polen? 5 Massow. Was geht's Dich an, Bauer? Was schwabest Du immer dazwischen?

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Lange. Ich meine bloß, gnädiger Herr, von wegen der Nachrichten aus Wolgast, wie lange die Zeit brauchen, bis sie nach Polen kommen.

Massow (zusammenfahrend). Was soll das?

Lange. I nu, von wegen unserm Junker seinem Herrn Vater, der soll ja auf den Tod verwundet in Wolgast liegen. Massow. Teufel! Wer hat das

Bugslaff.

Was hör' ich? Mein Vater verwundet, und 15 das sagst Du mir erst jezt so zufällig, wie die erste beste Neuigkeit? Wann

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25

30

wie

Lange. Ich selber habe es ja eben erst ganz zufällig erfahren.

Bugslaff. Von wem?

Lange. Von dem Reitknecht des Herrn Hofmarschall, draußen bei den Pferden.

Massow (für sich). Die Peitsche dem Buben!

Bugslaff. Massow, steht mir Rede: Ist es wahr, daß mein Vater

Massow. Ein Gerücht, wie ihrer Hunderte in Kriegszeiten umlaufen. Wollt Ihr hinhorchen, was die Troßbuben schwaben?

Bugslaff. Massow, Du leugnest mir's nicht ab. Das Leben meines Vaters ist in Gefahr.

Massow. Eines jeden Leben und Tod steht in der Hand des Herrn.

Bugslaff. Nicht ausgewichen mit elenden Zweideutigfeiten! Ha, ich durchschaue das ganze Spiel!

Lange. Na Gott sei Dank!

Bugslaff. Mein Vater am Tod, da war ich natürlich 5 im Wege. Fort mußt' ich, am liebsten an der Welt Ende, damit Herr von Massow hinter meinem Rücken die Karten nach Belieben mischen konnte. Fort mußt ich, damit Herr von Massow

Massow. Ich bin nicht gewohnt, Beleidigungen hin10 zunehmen, und dulde eine solche Sprache von niemand, selbst nicht

Bugslaff. Von Deinem Herrn und Herzog?

Lange (leise zu ihm). Ruhig Blut, Junker!

Massow. Niemand hat mir zu gebieten, als meine

15 gnädige Frau, die auch Eure Herrin ist, und Euch hiermit anbefehlen läßt, Euch auf morgen zur Reise nach Polen bereit zu halten, wo nicht

Bugslaff. Jhr droht, Sinnloser?

Massow plöslich kalt werdend). Ich drohe niemals. Ich 20 handle. Ihr kennt meinen Auftrag. Was soll ich Eurer Mutter melden?

ihr

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Bugslaff (nach Worten ringend, in höchster Aufregung). Meldet

Lange (ihn am Ärmel zupfend). Junker, Ihr werdet doch 25 Eurer eignen Mutter nicht

Bugslaff. Hast recht, Vater Lange. Geht, reitet heim, Massow. Sagt in Rügenwalde, der Lachs gehe diesmal nicht dem süßen Wasser nach, er wolle noch in der Salzsee bleiben, die bittrer schmecke, aber keine Untiefen und Fallen habe. 30 Und weiter sagt

Lange (zupft ihn am Ärmel). Die Lachse sind stumm, Junker.
Bugslaff (besinnt sich, gibt ihm die Hand). Ich danke Dir,

Alter!

Glück auf die Reise, Herr von Massow! (Er winkt

Massow mit der Hand, als wenn er ihn entließe, und geht in die Nebenkammer
zur Rechten.)

Massow (sprachlos vor Wut, dann mit einem durchbohrenden Blick auf
Auch meinen Dank, Bauer, werde

5 den Bauern).

Nur zu!

ich nicht schuldig bleiben. (Wendet sich nach der Thür.)

Lange (ihm folgend, mit ruhiger Behaglichkeit, als ob er ihn nicht verstünde). Nicht Ursach, gnädiger Herr. Ist alles recht gerne geschehn. Und wenn der Bauer dem gestrengen Herrn sonst 10 mit etwas dienen kann

Massow (geht hinaus, schlägt die Thür zwischen ihnen zu).

Lange (ruhig sich umblickend). Na nu wird's ernsthaft. Hehehe, da zieht der Fischer ab mit dem leeren Nez, und der Lachs lacht ihn aus. Ja Fischefangen und Vogelstellen, wer's 15 nicht versteht, der wird sich prellen. Hehehe! Muß doch nach meinem Junker sehn. Junker! Junker!

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Sechste Szene.

Lange. Bugslaff (wieder hereintretend).

Bugslaff. Ist die Luft rein?

Lange. Es riecht bloß nach Schwefel!

Bugslaff. O wie mir wohl ist, daß ich's endlich von der Seele habe, daß er's hat hören müssen, was mir jahrelang (sieht Lange an, der ganz still im Vordergrund steht). Vater Lange, Du schüttelst den Kopf. Hab' ich meine Sache denn nicht 25 gut gemacht?

Lange. Wenn's Eure Absicht war, Euch die Schlinge erst recht um den Hals zu ziehn, dann habt Ihr's ganz wacker gemacht, Junker; sonsten aber spottschlecht!

Bugslaff. Das Blut kochte mir über, ich konnt's nicht 30 bändigen.

Lange. Hm! Ich bin man ein armer Bauer, aber ich

habe immer gehört, wer Land und Leute regieren will, muß sich erst selber regieren können.

Bugslaff. Schilt mich nicht, Alter. Es ist mir wie ein Gift, wenn ich sein Gesicht sehen muß (für sich) das 5 Gesicht des Erzfeindes, um den meine Mutter ihren eignen Gatten

Lange. So? Und die Lockspeise, der polnische Hof und die schönen Weiber - haben die das Gift auf einmal süß gemacht, Junker, he?

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Bugslaff (verwirrt).

Vater Lange

Lange. Na 's ist menschlich. Hans Lange

war auch

mal jung und ist dem süßen Wasser nachgegangen. seid ein geborner Prinz, da liegt's schon im Blut. Euer Herr Vater

Und Jhr

Aber jezt

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Bugslaff. Ich muß hin, ich muß nach Wolgast. Lange. Sachte, mein Sohn; da wird der Herr von Massow wohl einen Riegel vorschieben. Und wenn Ihr auch allein durchkämt, könntet Ihr Eurem Herrn Vater doch blutswenig nüßen. Aber wie wär's, wenn Ihr ihm was mit20 brächtet?

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Bugslaff. Was meinst Du?

Lange. Das Land, mein' ich, ganz Hinterpommern, oder doch ein rechtschaffenes Stück davon, soviel noch Ehre im Leibe hat und seinem rechten Herrn die Treue hält.

Bugslaff. Wie soll mir so Großes gelingen!

Lange (feierlich). Der alte Gott lebt noch. Hast Du Mut, Junker?

Bugslaff. Mut? Kopf und Herz zum Zerspringen voll. Lange. Schön, mein Sohn. So spreche auch ich Dich 30 heute mündig. Zieh hinaus und zeige der Welt, daß Du Dein Brot in Lanzke nicht mit Sünden gegessen hast. Du

haft was am nötigsten ist: gutes Recht und guten Mut. Was weiter noch fehlt, dafür wird der da oben sorgen!

Bugslaff (ihm an den Hals stürzend). Vater Lange! Lange. Närrischer Junge! Was zum Kuckuck ficht 5 Euch an?

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Bugslaff. Wie soll ich's Euch jemals danken! Lange. Dummes Zeug! Wenn Ihr's aber durchaus nicht lassen könnt, bringt's bei Mutter an. Denn ohne die alte Frau wär't Ihr jezt unterwegs nach Polen, oder wo der 10 Pfeffer wächst. Ja die Weibsleute! Wenn unserm Herrgott mal von Hunderten eine gerät, dann ist es auch danach, dann taugt sie hundertmal mehr, wie der beste Mann!

(Vorhang fällt.)

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Dritter Akt.

Rügenwalde. Im Schloß der Herzogin. Ein Vorgemach mit drei Thüren.

Erste Szene.

(Von rechts her hört man ab und zu das Geräusch eines Festgelages, Gläserklingen, Lachen und Sprechen.) Massow (steht mitten im Zimmer). Achim (bewaffnet, fommt von rechts).

Massow. Hast Du ihr den Brief gegeben, Achim ? A chim. Die Frau Herzogin nahm ihn mir aus der Hand und wurde blaß, als ahnte sie schon, was drin steht. Aber sie antwortete erst dem Herrn von Krokow auf eine Frage, dann winkte sie mir zu gehen.

Massow. Gut. Und jezt, Achim, aufgesessen und nimm zehn oder zwölf sichre Männer mit. Wenn ihr gut austrabt, seid ihr vor Nacht an Ort und Stelle. Meinen schriftlichen Befehl für den Notfall —

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