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abweichender Lesarten gesammelt hätte, und so in den Stand gesetzt worden wäre, ein Werk zu liefern, das dem bedächtigen und umsichtigen Kritiker vielleicht Veranlassung geben möchte, manche von seinen in Betreff der Kritik bisher gehegten Ansichten zu ändern, und von einigen jetzt für dieselbe aufgestellten Grundsätzen abzugehen. Selbst mich hierüber zu äussern, vermeide ich, und überlasse es jedem, nach Durchblätterung dieser Ausgabe des Vicar of Wakefield über diesen Punkt seine eigenen Betrachtungen anzustellen. Auffallend ist es gewifs im höchsten Grade, dafs jetzt, da die schriftstellerischen Arbeiten durch die Presse vervielfältigt und fortgepflanzt werden, bei einem Werke, das im Jahr 1766 zuerst erschien, schon nach einem Zeitraum von 60 Jahren sich so viele abweichende Lesarten vorfinden. Zuerst überraschte mich in dieser Hinsicht eine zu Glasgow im Jahr 1790 erschienene Ausgabe des Vicar, in welcher sich mir, selbst von denen damals in Deutschland schon ans Licht getretenen Ausgaben jenes Romans, kaum möglich gedachte Abweichungen darboten. Meine Absicht war anfangs, sie alle anzumerken; allein da ich bald fand, dafs aus ihnen nichts Erspriefsliches zu schöpfen sei, so beschränkte ich mich auf die ersten drei Kapi

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tel, bei denen ich sie auch alle hier habe mit abdrucken lassen. Andere und bessere Abweichungen von dem gewöhnlichen Text fanden sich in der zu London bei Cooke am Ende des vorigen Jahrhundertes (ohne Angabe der Jahrszahl) erschienenen Ausgabe: die vorzüglichsten Verbesserungen bot mir jedoch die von W. Scott besorgte Ausgabe dar, von der Arnold in Dresden den gegebenen Versicherungen nach uns einen genauen und treuen Abdruck geliefert hat, an den ich daher, da ich der Original-Ausgabe nicht gleich habhaft werden konnte, mich gehalten und den ich als W. Scott's Ausgabe immer angeführt habe. Einige abweichende Lesarten habe ich auch in Ausgaben gefunden, die theils zu Wien, theils zu Paris ans Licht getreten sind.

Unter diesen Umständen schien es mir der Mühe werth zu sein, von einem so beliebten und so viel gelesenen Roman eine neue Ausgabe zu Tage zu fördern, in welcher alle diese verschiedenen Lesarten, nachdem sie kritisch und grammatisch gesichtet worden wären, niedergelegt, und dann, um dem Anfänger die Lesung des Buches zu erleichtern, die ParaIgraphen in meiner Grammatik nachgewiesen würden, durch deren Einsicht die in der Sprache obwaltenden Schwierigkeiten gehoben, und

die Eigenthümlichkeiten des Englischen in das gehörige Licht gesetzt würden.

W. Scott hat jedoch nicht blofs im Text Veränderungen gemacht und Verbesserungen hineinzutragen sich verstattet, sondern auch in mehreren Fällen die Schreibungsweise verändert. Goldsmith schrieb z. B. prest, past, learnt, possest, drest, stopt u. s. w. W. Scott gab diesen Imperfecten und Participien, der von Walker aufgestellten Vorschrift gemäfs, die regelmäfsige Endung und schrieb pressed, passed, learned u. s. w. Ribband verwandelte er in ribbon, goal in jail, eat (das Imperfect von to eat) in ate, cloaths in clothes, smoaked in smoked, alledging in alleging, sate in sat; und statt scarce nahm er überall scarcely auf. Auch würde er gewifs honour, favour u. s. w. in honor, favor u. s. w. umgeändert haben, wie es bei Fielding's Tom Jones von den meisten Herausgebern dieses Romans geschehen ist, wenn er nicht selbst bei diesen und ähnlichen Wörtern der älteren Schreibungsweise treu geblieben wäre; daher sie auch in seiner Ausgabe des zuletzt genannten Werkes beibehalten worden ist.

Die Accentuation habe ich auf die einfachste Art durchgeführt. Nur auf mehrsilbigen Wörtern ist der Accent bezeichnet worden,

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und zwar so, dafs, wenn mehrere Vocale zu der nämlichen Silbe gehörten, er auf dem letzten seinen Platz erhielt: nur bei dem und w war dieses nicht möglich, weil diese Buchstaben mit einem Accent versehen in der Drucke rei nicht vorhanden waren; daher denn auch, wenny allein die accentuirte Silbe eines Wortes ausmachte, der Accent unbezeichnet bleiben musste, wie in reply.

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Im hohen Grade schwanken die Engländer noch in der Betonung der zusammengesetzten Wörter; und ich mufste in diesen oft, um nicht von Walker und Chalmers abzuweichen, dem Accent gegen meine Ueberzeugung den Platz anweisen, welches ich vielleicht seltener gethan hätte, wenn es früher von mir bemerkt worden wäre, dafs diese Sprachforscher selbst in diesem Punkte nicht immer mit einander übereinstimmen. Das bestimmende Wort oder die erste Silbe finden wir bei beiden z. B. in folgenden Zusammensetzungen betont: seácoal, seamaid, seácap, seáman, seámark, seápiece, seaport, pósthorse, pósthouse u. s. w.; dagegen hegt bei ihnen der Accent auf dem Grundworte in seatoad, seashárk, seashore, und bei Chalmers auch in postchaise, welches Wort Walker nicht mit aufgeführt hat Wie sehr aber diese beiden Sprachforscher in

der Betonung der hierher gehörigen Wörter von einander selbst abweichen, erhellet aus folgenden Beispielen. Walker nämlich betont die Wörter seacálf, seahóg, seahorse, seafarer, seawater, postóffice, so wie es hier geschehen ist; bei Chalmers findet man sie dagegen auf folgende Art accentuirt: seácalf, sedhog, seahorse, seafarer, seawater, póstoffice.

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Freuen wird es mich, wenn die Freunde der Englischen Literatur diese meine Arbeit wieder mit der Nachsicht aufnehmen sollten, die sie meinen übrigen, jene Sprache betreffenden, Werken haben angedeihen lassen. Sollten Verbesserungen erforderlich sein, so werde ich die darüber mir zukommenden Winke nicht unbenutzt lassen.

Marburg im October, 1827.

Wagner.

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