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I.

Reiche, Staaten,

und

Verfassungen

haben ihre

Perioden.

Maxime n.

1. Keine Nation unter der Sonne ist bisher in geradlinigter Bewegung fortgeschritten.

2. Auf dem Schutte alter Reiche, und Republiken wurden neue Thronen gebaut, und aus den Trümmern zerstückelter Königreiche gien gen viele Kleinere hervor: aus den Kleinern wieder große Staaten.

3. Bald wanderten die Völker; bald wanderten die Kronen.

4. Die größten Monarchien haben ihre Namen verlohren, und von mehrern Städten kann man fagen: Seges est, vbi Troja fuit.

5. Das Hinscheiden der blühendsten Reiche ist eben so erstaunungswürdig, als der Tod ih rer Sprachen.

6. Mächtig erhoben sich die großen Republiken Sparta, Athen, Korinth, Theben,. Sicilien, Karthago, Rom. Es kam die Zeit, wo man um die Ursachen fragte, warum sie verschwunden.

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Quot post excidium Trojae sunt eruta reg.

na ?

Quot capti populi ? quoties fortuna per

orbem

Seruitium, imperiumque tulit, varieque re

uertit?

Trojanos cineres in quantum oblita refouit
Imperium? Fatis Asiae iam Graecia pressa

est:

Secula dinumerare piget: Quoties que recur

rens

Lustraret mundum vario sol igneus orbe:

Omnia mortali mutantur lege creata;
Nec se cognoscunt terrae vertentibus annis
Exutas variam faciem per secula gentes.

Manilius.

7. Glaubt man, daß es auf der hohen Stuffe der Kultur, und Macht, worauf wir stehen, nicht mehr möglich zu stürzen; so muß man gleichwohl denken, das man es einst in dem glänzenden Athen nie geglaubt håtte: Die Nachwelt würde von den majestätischen Denk: målern eines Perikles nur mehr einzelne Ruinen finden mit Hütten der Barbarn ver: mischt. Wer hätte es je gewagt, dem gro Ben Rom zu sagen: Sogar beine Sprache wird sterben!

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8. Die Idee von der Verewigung eines Reichs hat noch wenige Vertheidiger gefunden. Philos sophie der Geschichte des Abbate Aurelio.

9. Jedes Reich hat seinen Anfang, seinen Wachsthum, und sein Ende. Polybius.

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Sie

10. Mit den Staaten hat es die nämliche Beschaffenheit, wie mit dem Menschen. haben ihre Geburt, und ihr Wachsthum, ihre Gesundheit, und ihre Krankheit, ihre Abnah

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me, und ihren Tod. E. Young II Brief über

die Wohllust. p. 286.

11. Kein Staat auf Erden konnte sich gegen den Konkurs der Umstände sicher stellen. Magazin der europäischen Staatenverhältnisse.

12. Sobald das Steigen eines großen Reichs einmal sein Ziel erreicht hat; so zeigt die Vôl kergeschichte keinen Staat, der sich in eben derselben Größe, und Macht sehr lange erhalten hat. Ebend.

13. Die großen Reiche haben mit jenen Kunstmaschinen viele Aehnlichkeiten, die ein Meis ster auf den Grad einer solchen Vollkommen: heit gebracht hat, welche eine dritte Hand bey der geringsten Unordnung nicht mehr herzu stellen vermag. Ebend.

14. Graf Guido Stahrenberg schrieb einst an den Prinz Eugen,, Uns beyden geht es, wie den alten Königreichen ; je mächtiger sie anwachsen, desto schwächer wird ihr Zustand.“ Neueste Memoiren.

15. Von manchem Reiche läßt sich sagen, was im Jahr 1741 Baron von Waffenaer von der deutschen Kaiserkrone schrieb: „, Der

1

Reichsapfel hat eine sehr schöne reizende Aussenseite; aber innerhalb nimmt die Fåulung sehr systematisch überhand. Waßen: Memoiren

Tom. I.

16. Wenn die Natur, der fortströmende Gang der Zeit ewig neue Mischungen von Umstånden, und Wesen zusammenwebt; so wird es immer Aenderungen, und Stürme abgeben, um wenigst auf einige Zeit ein Gleichgewicht herzustellen.

17. Quand vous voyez pafser comme en un instant devant vos yeux, je ne dis pas les Rois, et les Empereurs; mais ces grands empires qui ont fait trembler tout l'Univers: quand vous voyez les Assyriens anciens, et nouveaux, les Medes, les Perses, les Grecs, les Romains se présenter devant vous successivement, et tomber, pour ainsi dire, les uns sur les autres; ce fracas effroyable vous fait sentir, qu'il n'y a rien de solide parmi les hommes, et que l'inconstance, et l'agitation est le propre partage des Choses humaines. Bossuet discours sur l'Histoire Universelle.

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