Page images
PDF
EPUB

1

erwachten es stellten sich alle seine großen Ideen in vollem Feuer ein. Er wollte nicht an= ders nach Stockholm zurück kehren, als bis er sie ausgeführt håtte. Er zerfällt mit Preußen: bekömt England zum Feinde, und seine gewal tigen Plane werden vereitelt. Er zieht gegen Norwegen, um es zu erobern; da er aber Frida richshall belagert, so findt er daselbst aus Uibermuth das Ende seiner Laufbahn. Unter dem Feuer der Belagerten stellte er sich geflißentlich an den gefährlichsten Ort. Der gemeinste Soldat beschuldigte ihn eines Frevels; da seine Ges genwart an diesem Orte gar nichts nugte. Er gab keiner Bitte Gehör, sich zu entfernen, als ihn mit einem Male eine Kugel tod zu Boden streckte, 1718. So starb nun Karl XII in dem 36ften Jahre seines Alters, der unfehlbar außerordentliche Fortschritte würde gemacht haben, wenn er die Bahn des Weisen, den Mittelweg, nicht verlassen, sondern seine Tapferkeit durch Klugheit gemäßiget hätte. So aber wurden seine gute Eigenschaften, sein Glück, und seine Werke das Opfer seines Starrsinhs, und seiner tollen Kühnheit. Voltaire. Aug. Welthift.

26.

Friedrichs II Königs von Preußen merkwürdige Thaten sind noch im frischen Anden

fen. Es sey dann zu dem gegenwärtigen Zwecke genug, ihn selbst, gleich einem Gustav, reden zu hören, wie er über den Namen: des Großen, und über die Unternehmungen großer Hels den dachte:

,, Keine Schmeicheley, schreibt er, macht mich verdrießlicher, als wenn elende Menschen, um ein Paar Friedrichd'or dem Publikum abzujagén, mir den Namen des Großen beylegen. Geht man die Geschichte von Alexander bis auf Ludwig den Großen von Frankreich durch, so findt man immer, daß jenes Reich, das einmal einen so karakterisirten Großen aufzuweisen hat, im Innern äußerst unglücklich gewesen ist, Man werfe nur einen Blick auf Karl Emmanuel Herzog von Savoyen, der durch den affektirten Titel des Großen seine Staaten in den elendesten Zustand versehet hat. Diese übel ange brachte Schmeicheley ist vielmehr auf die Souve råne, und die Staaten die größte Satyre. Hat man dadurch bey den Regenten die Nachahmung zur Absicht, so wünscht man, daß der Nachfolger ein Eroberer sey, und dieß kann er nicht seyn, ohne durch Kriege seine Länder und Unterthanen unglücklich zu machen. Will man aber durch dieses Prädikat dem Staat eine Erhebung über andere bewirken, so sieht die neidische Eiferfucht mit einem höhnischen Lächeln auf die Größe

[ocr errors]
[ocr errors]
[ocr errors]

hin; wenn der Nachfolger das Talent, oder der Staat die Kräfte nicht mehr hat, weder die prunkvolle Außenseite, oder selbst den innerlichen Verfall mit den durchlöcherten Mantel der so hoch gepriesenen Größe zu bedecken. Ich weiß, daß der Prinz Eugen, als er einst in Gegenwart feiner Freunde etwas in der Geschichte von Sas voyen las, bey der Stelle: Großer Karl Emmanuel, ein paar Thrånen fallen ließ, und fagte: „Leider! Großer! denn seine Lånder fühlen noch die Last dieser eingebildeten GrdBe." Man sage mir, was man will: diese Thrånen waren ein Zeichen wahrer Größe des Geistes." Neueste Memoiren.

Y

Friedrich II starb 1786 nicht ohne Ahnung und Besorgniß über die Zukunft.

27.

Als die Kaiferinn von Rußland Katharina den 1790 erfolgten Tod des rómischen Kaisers Joseph II vernommen hatte, so schrieb sie an den Herzog von Würtenberg:

Ich beweine den unschäßbaren Verlust dieses liebenswürdigen Fürsten. Aber sehen Sie: Dieß ist das Schicksal aller Fürsten, die selbst gegen die Geseze der Natur alle Begebenheiten, erzwingen alles durchsehen wollen." Neueste Memoiren.

""

III.

Nichts

ift wandelbarer,

Is dié

Stimmung des Volks.

[ocr errors]

Marimen.

Wohin fic

Sohin sich das Glück neigt, dahin neigt sich auch die Gunst des Volks.

2. Nie erhält sich das Urtheil des Volks in der Mittelstraffe. Es erhebt und stürzt: ergóta tert und haßt. Es ist ein Thier mit vielen Köpfen: Ein Meer in einer beständigen Ebbe und Fluth.

3. Wenn man auf den großen Haufen, so wie er in allen Låndern und zu allen Zeiten war, einen flüchtigen Blick wirft; so wird man geneigt, ihn an allen Orten, und zu allen Zeiten

ten für ein und eben dasselbige aus seltsa men Widersprüchen zusammengesezte Wesen zu erklären. Wir finden ihn abwechselnd standhaft und veränderlich, seinen Wohlthätern mit Leidenschaft zugethan, und undankbar gegen fie, sanftmüthig, und wüthend: widerspånstig, und lenksam: in seine Liebe ausschweifend und unversöhnlich in seinem Hasse. Uib. die P. d. G. 4. Vitate, quaecumque vulgo placent: clamore decernunt: non calculo.

Thucydides.

5. Vulgus non paulatim, sed torrentismore in negotia praecipitatur. Herodotus.

6. Cicero schildert das Volk: carens consilio, ratione, discrimine, diligentia ex opinione multa, ex virtute pauca judicans.

7. Tacitus fagt von dem Volke:,, ad suspiciones prónus: facilis ad credendum, et suscipiendum omnia nova maxime tristia audita pro compertis habens. Aehnliche Schilderungen finden sich in Lis vius, Sallust, Seneka, Cur tins u. a.

[ocr errors]
« PreviousContinue »