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Zum schlusse sei noch erwähnt, dass Byron in einem schreiben an lord Holland vom 29. october 1812, selbst eines praecedenzfalles bei Pope als rechtfertigung für einen schlechten reim erwähnt.

Endlich sei noch über den gebrauch von wortspielen bei beiden dichtern gesprochen. Wie allen grossen poeten ist ihnen die beabsichtigte wortmalerei fremd; wo ein wortspiel vorkommt, ist es gewöhnlich aus naheliegenden begriffen gebildet: less und least; last und least; hard, hart und heart; hover'd, o'er; stings und stinks; Whig und wig (ein allgemein beliebtes wortspiel). Bei Byron allein: and beer undrawn and beards immown; immeasurable measures; lawless law; love und leaf. In zwei fällen verfiel er dennoch in die lautmalerei: das eine mal in den 'English Bards and Scotch Reviewers', v. 317-320. 'Triumphant first see 'Temper's triumphs' shine!

At least I'm sure, they thriumph'd over mine.
Of 'Music triumphs' all who read may swear
That luckless music never triumph'd there.'

und dann im bekannten epitaph auf John Adam (in manchen ausgaben den Hours of Idleness beigefügt, in andern nicht); aber exceptio firmat regulam'. Ungewönliche grammatische formen sind bei beiden gleich selten: writ neben written,

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1) Trotzdem jetzt die aussprache clark als die vorzüglichere gilt, kann nach dem historischen verlaufe doch wol nicht angenommen werden, dass zu Pope's und Byron's zeit anders als clerk gesprochen wurde. Vgl. Koch, hist. gr. I p. 86.

2) Durcheinander: adorn, mourn, return, borne, burne etc.

spake und spoke, gave statt give (imperativ); speciell bei Byron sprite für spirit1) sowol in der bedeutung animus als 'gespenst' agen statt again, sind die einzigen, ohnehin durch den sprachgebrauch gerechtfertigten eigentümlichkeiten. Auch im gebrauche des conjunctivs weichen Pope wie Byron selten von der klassischen prosa ihrer zeit ab.

IV.

Wir gelangen nun zum zweiten hauptteile unserer beweisführung, wie Byron selbst über Pope urteilt, und da braucht es wol nicht erst hervorgehoben zu werden, dass dieser teil dem ersten an bedeutung nicht nachsteht. Wenn von den werken Byron's nichts erhalten wäre, als seine briefe, wir müsten aus diesen allein einen schluss auf den hohen einfluss, den Pope auf Byron übte, ziehen können; und wollten wir wieder nur aus den zahlreichen stellen über, und citate aus Pope entnehmen, unser urteil würde auch nicht anders lauten.

Es ist oft und viel von dem unstäten temperament Byron's gesprochen worden und ein einblick in sein leben und handeln, schaffen und urteilen bestätigt es. Wie ein kind jetzt nach dem spielzeuge hascht, um es im nächsten augenblicke fallen zu lassen, so rasch und unberechenbar änderten sich seine entschlüsse und ansichten: heute nennt er die romanze 'flimsy', den nächsten tag verherlicht er sie in glühenden versen; heute wundert er sich über die vorzüglichkeit seiner jugendwerke, gleich darauf verbietet er den weiterdruck der 'English Bards and Scotch Reviewers', da sie ihm nicht einmal in poetischer hinsicht genügten; er greift schonungslos dichterische zeitgenossen an, um sie kurz darauf über sich zu stellen. Nur in einem war er beständig, in der verehrung für Pope!

Ihm ist Pope der inbegriff aller dichterischen und der meisten menschlichen vorzüge; von jenen hebt er hervor seine einbildungskraft, originalität, mängellosigkeit, entzückende schreibweise, verfeinerte sprache, endlich seine unerreichbare meisterschaft in kritischer und idyllischer dichtung; von diesen seine unparteilichkeit, fleckenlose unbescholtenheit, auch (und das sehr mit unrecht) seine neidlosigkeit; er stellt ihn geradezu

1) Aehnlich wie Spenser nur spright und sprite, aber kein spirit kennt, z. b. Faer. Q. I, I. 38, 40, 43 etc.

über Shakespeare, indem er ihn den dichter eines jahrtausends, seine dichtungen das wertvollste kleinod der englischen litteratur nennt, übertreibungen, die wir hinsichtlich des letzteren poeten, des abgotts seiner und unserer zeit, nicht bei ihm vorfinden. Und diese begeisterung gehört wie schon angedeutet nicht etwa der zur schwärmerei geneigten jugendzeit Byron's allein an, im gegenteil, je älter er wird, desto mehr nimmt sie zu. Wir werden am besten diese überzeugung aus den chronologisch geordneten äusserungen Byron's in den verschiedenen perioden seines lebens und seiner dichtungen gewinnen.

In der zeit von 1807-1811, in welche gröstenteils seine jugendschöpfungen fallen, finden wir sporadisch bald diesen, bald jenen von Pope's vorzügen hervorgehoben: a) in den English Bards (und noten zu diesen): 'besser irren mit Pope, als glänzen mit Pye. Es war eine zeit.... als Pope's reiner gesang die hingerissene seele zu entzücken suchte, und wie gelang es ihm! - Wenn Pope, dessen ruhm und genie zuerst die besten kritiker überwand, des schlechtesten bedarf..... Der gröste dichter war doch nur ein mann! Dies glänzende, doch böswillige genie (die einzige abfällige, doch nicht ernst gemeinte äusserung). So sagt Pope. Amen! - b) in den 'Hints': 'wer kann hoffen, Pope's jugendliche eclogen zu erreichen? Der verfeinerer der sprache. Ein besserer dichter als Boileau.'

Von 1811-1821 steigert sich die begeisterung Byron's für Pope immer mehr und in dem letzten jahre beginnt er einen förmlichen feldzug gegen dessen angreifer: am 27. sept. 18121): 'Es gibt nur zwei anständige prologe in unsrer sprache, der Pope's zu Cato und..... Am 15. september 1817 (an Murray): 'In bezug auf poesie im allgemeinen, bin ich, je mehr ich darüber nachdenke, um so überzeugter, dass Scott und wir andern gleich im unrechte sind. Noch mehr wurde ich in dieser überzeugung bestärkt, als ich letzthin einige unserer classiker durchging und zwar besonders Pope. Ich nahm Moore's gedichte, die meinen und die einiger anderen, ging sie seite für seite durch, und war wirklich erstaunt, (ich hätte es eigentlich nicht sein sollen) und gekränkt über den

1) An lord Holland. Die citate sind gekürzt.

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ungeheuern unterschied, was sowol inhalt, harmonie, wirkung, als sogar einbildungs- und erfindungskraft und leidenschaft betrifft, zwischen dem manne aus der zeit der kleinen königin Anna und uns.' Im ersten und dritten gesange des Don Juan, die in diese zeit fallen, finden wir (I, 205; II, 100) Pope mit Dryden verglichen 1). Am 6. april 1819 (an Murray): 'Hodgson tut ganz recht, Pope gegen diese 2) bastard-pelicane des poetischen wintertages zu verteidigen, die zu ihrem vatermorde noch beleidigungen hinzufügen, erst das blut aussaugen dem vater der wirklichen englischen poesie einer poesie ohne mängel und dann gegen den busen ausschlagen, der sie genährt.' Am 29. märz 1820.3) -Am 4. november 18204): 'diese elenden marktschreier des tages, die poeten entehren sich selbst und verleugnen sich selbst, indem sie Pope herabsetzen, den fehlerlosesten unter den dichtern, ja vielleicht unter den menschen!' In den februar und märz des nächsten jahres (1821) fallen die angedeuteten streitschriften für Pope und zwar gegen die 'Strictures on the life and writings of Pope' von W. L. Bowles gerichtet. Sie enthalten für uns nichts neues mehr; daher mögen nur die auffallendsten stellen aus ihnen hier platz finden. Vom 7. februar 1821: 'war sogar Addison oder Rowe oder Young oder sogar Otway und Southerne auch nur für einen augenblick zu gleichem ansehen wie Pope erhoben in der achtung des lesers oder kritikers vor und nach seinem tode? Seine moral ist ebenso rein, als seine poesie ruhmvoll. - Ich liebte und ehrte den ruhm und den namen dieses berühmten und unerreichten mannes weit mehr, als meinen eigenen unbedeutenden ruf und das unnütze geklingel der schulen und emporkömmlinge, welche ihn zu erreichen, ja zu übertreffen behaupten. Kein schlechteres zeichen für den geschmack einer zeit als die herabsetzung Pope's. Er ist der moraldichter aller civilisation und als solcher, hoffen wir, eines tages der nationaldichter der menschheit. Er ist der einzige dichter, der nie anstössig wird, dem seine tadellosigkeit sogar zum vorwurf gemacht wurde.'

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1) Ein sehr zweifelhaftes lob, in unseren augen! aber Byron und auch Pope hielten Dryden sehr hoch.

2) Bowles und genossen.

3) An Murray; enthält nichts neues.
4) An denselben.

Vom 25. märz: 'Pope war der vorzügliche erfinder der modernen gärtnerei, dieses stolzes der Engländer. Weder 1) zeit, noch entfernung, noch alter können jemals meine verehrung für denjenigen verringern, der der gröste moraldichter aller zeiten, aller himmelsstriche, aller gefühle und phasen menschlicher existenz gewesen ist. Das entzücken meines jünglingsalters, das studium meiner mannesjahre, wird er (falls es mir vergönnt ist, es zu erreichen) der trost meines greisenalters sein. Seine dichtungen sind ein buch des lebens. Ohne religion zu predigen und doch auch ohne sie zu vernachlässigen, hat er alles, was ein grosser und guter mann an moralischer weisheit auffinden kann, zusammengestellt und in vollendeter schönheit zur darstellung gebracht...... Solch ein poet von tausend jahren war Pope, und tausend jahre werden dahinrollen, bis ein zweiter in unserer litteratur erwartet werden darf. Aber sie kann sie entbehren: er ist selbst eine litteratur! In einem briefe aus demselben monate findet sich noch folgende stelle: 'Ich will mehr phantasie in zwanzig zeilen von Pope, als in irgend einem gleich langen citate aus englischer poesie zeigen, und das an stellen, wo sie am wenigsten zu erwarten ist.' Noch in der spätesten zeit des Byronschen schaffens, in den letzten gesängen des Don Juan (IX, 68; XIII, 53; XVI, 47) finden wir bald äusserungen über, bald citate aus Pope.

Mit dem letzten kapitel ist der beweis für unsere behauptung: ein einfluss der Popeschen poesie auf die jugenddichtungen Byron's bestehe und übertreffe den andrer hervorragenden dichter, geschlossen. Aus den werken und worten Byron's haben wir unsere beweismittel zusammengestellt, ohne rücksicht auf fremde meinung, die bei den litterarhistorikern unsrer zeit um so mehr schwankt, als nur wenige über ein oberflächliches urteil hinausgegangen sind. Originalität ist das schlagwort, hinter dem sich in den meisten fällen die unkenntnis der Byronschen dichtungen verbirgt. Ja, Byron war originell, vielleicht das originellste genie, das die erde getragen, und

1) Die übersetzung dieser stelle ist nach Deetz wiedergegeben. Das datum verlegt Deetz irrtümlicherweise in das jahr 1820.

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