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dans la même langue, au nombre de soixante, achetés par Jérôme Tondule, et ceux dont Jean de Pins fit l'acquisition pendant ses ambassades à Venise, furent les premiers livres qui entrèrent dans la bibliothèque de Fontainebleau.“1) So wurde den französischen Humanisten im eigenen Lande die Möglichkeit geboten, ihre Studien in der antiken Literatur auf Grund eines reichen Handschriftenmaterials zu betreiben, ohne daß sie erst kostspielige Reisen nach Italien oder anderen Stätten klassischer Bildung zu unternehmen brauchten. War schon damit ein großer Schritt vorwärts getan, so erhielt doch das Studium der Antike erst seine feste äußere Grundlage und gewissermaßen Anerkennung seitens der Regierung durch die Gründung des Collège Royal (zunächst Collegium trilingue genannt), das eigens für die Pflege der drei Sprachen Latein, Griechisch und Hebräisch bestimmt war. Jahrelang hatte Budé sich darum bemüht und immer und immer wieder den König Franz I. zu diesem Schritt zu bewegen versucht. Endlich, im Jahre 1529 sah er seine Mühe vom Erfolge gekrönt, wenngleich nicht alle seine Erwartungen erfüllt wurden. Es war dasselbe Jahr, in dem auch sein berühmtestes Werk, die „Commentarii Linguae Graecae" erschienen (. . . . . „ses Commentarii, par l'abondance, même un peu confuse, des matériaux qu'il y amasse pour les futurs lexicographes, font de lui le véritable fondateur et le maître de cette laborieuse école que domine Henri Estienne, l'auteur de l'immortel „Thesaurus linguae Graecae“ 2).

Das Collège Royal hatte seine Vorbilder in dem „Collegium Busleidanum" zu Löwen, mit dem der Name des Erasmus eng verknüpft ist, und in dem von Leo X. in Rom gegründeten „Kollegium junger Griechen." So gewannen allmählich die humanistischen Studien festen Boden. Freilich erst die folgende Generation erntete die Früchte der Bemühungen Budés und seiner gelehrten Zeitgenossen. Erst

1) E. de Budé, a. a. O. S. 29.

2) Vgl. E. Egger, l'Hellénisme en France. I, 163.

gegen Ende der Regierung Franz' I. begann man das Griechische als einen unentbehrlichen Bestandteil höherer Bildung zu betrachten; erst unter der Plejade wurde die Kenntnis dieser Sprache Allgemeingut der Gebildeten.

Wie verhielt sich nun Marot zu dieser bedeutungsvollen Bewegung im Reiche der Geistesbildung? Daß er Budé gekannt und hochgeachtet hat, geht aus einer Stelle der Klage über den Tod des Generals Guillaume Preud'homme hervor, wo es in der Aufzählung der in den Elysischen Gefilden weilenden Dichter und Gelehrten heißt:

L'autre Budé, qui la palme conquit

Sur les sçavans du siècle où il vesquit.

Bien heureuse est, ô Clément, ta naissance,

Qui de luy euz privée congnoissance. (II, 272.)

Nach diesem Zeugnis hat ihn also sogar eine intimere Bekanntschaft mit dem großen Gelehrten verbunden. (Für diese vertrautere Bekanntschaft spricht auch eine Cimetière „De Catherine Budé", (II, 223), in der wir wohl eine nähere Verwandte Budés zu erblicken haben.) Leider findet sich sonst weiter keine Erwähnung dieses Namens oder eine andere Stelle, die nähere Angaben über die Art jenes freundschaftlichen Verkehrs enthielte. Daß dieser Verkehr für Marot die Anregung zu einem systematischen Studium der griechischen wie überhaupt der antiken Literatur bedeutet hätte, davon kann nach unseren bisherigen Erfahrungen keine Rede sein; außerdem wäre dies auch eine viel zu wichtige Tatsache gewesen, als daß Marot sie verschwiegen hätte, zumal da er ja sonst getreulich die Beeinflussungen berichtet, die er in seiner dichterischen Tätigkeit von nahestehenden Personen erfahren hat. Man denke z. B. an den schon öfters erwähnten Rat seines Vaters, sich mit der Antike zu beschäftigen, oder auch an jene Stelle aus der „Préface de l'Adolescence clémentine" (1532), wo der Dichter sagt: „.... par les couppes femenines, que je n'observois encor alors, dont Jehan Lemaire de Belges (en les m'aprenant) me reprint." (IV, 189.) Aber soviel dürfen wir wohl vermuten, daß sich unser

Dichter gelegentlich bei seinem gelehrten Freunde Rat in Fragen holte, die die Antike betrafen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, daß Marot bei seinen Übersetzungen griechischer Dichtungen sich außer der lateinischen Übertragung auch der Hilfe Budés bediente. Jedenfalls liegt diese Vermutung nicht weniger nahe als Guiffreys Annahme einer Unterstützung durch Erasmus, qui fut probablement en relations littéraires avec Marot" (II, 43), denn mit Budé stand Marot nach seinem eigenen Zeugnis in persönlichen Beziehungen, was sich für Erasmus nicht nachweisen läßt.

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Gehört also unser Dichter auch nicht zu denen, die durch rastlose Arbeit die humanistischen Studien förderten, so haben wir doch Zeugnisse genug, aus denen hervorgeht, daß Marot mit warmem Eifer und regstem Interesse das Schicksal der klassischen Bildung, die Hindernisse, die sich ihr entgegenstellten, und dann wieder ihr siegreiches Eindringen verfolgte. Wie begeistert ist er für das Collège Royal und für die neue Wissenschaft, die dort gelehrt wird, wenn er in der Epistel „Au Roy, du temps de son exil à Ferrare" die zornigen Worte gegen die „ignorante Sorbonne“ schleudert:

Bien ignorante elle est d'estre ennemye
De ta trilingue et noble academie
Qu'as erigée. Il est tout manifeste,
Que là dedans contre ton vueil celeste
Est deffendu qu'on ne voyse allegant
Hebrieu ny Grec, ny Latin elegant
Disant que c'est langage d'heretiques.
O povres gens, de sçavoir tous ethiques,

Bien faictes vray ce proverbe courant:

„Science n'a hayneux que l'ignorant." (I, 214.)

oder wenn er in dem schon erwähnten Gedicht „Avant Naissance" ausruft:

Vien hardyment: Car ayant plus grand aage,

Tu trouveras encores davantage :

Tu trouveras la guerre commencée

Contre ignorance et sa trouppe insensée. (1, 68.)

Und wie freudig begrüßt er im „Enfer" das Wiederaufblühen der Wissenschaften unter Franz' I. Regierung:

Et d'autre part (dont noz jours sont heureux)
Le beau verger des lettres plantureux
Nous reproduict ses fleurs et grans jonchées,
Par cy devant flaistries et sechées
Par le froid vent d'ignorance, et sa tourbe,
Qui hault sçavoir persecute et destourbe,
Et qui de cueur est si dure ou si tendre,
Que verité ne veult ou peult entendre.
Oh Roy heureux, soubz lequel sont entrez
(Presque periz) les lettres et les lettrez. (I, 59.)

Es kann also kein Zweifel darüber bestehen, daß Marot stets für die Humanisten Partei ergreift, daß er dem wiedererstehenden klassischen Altertum mit Freude und Sympathie entgegensieht.

Ehe wir zu weiteren Beziehungen zwischen Marot und zeitgenössischen französischen Humanisten übergehen, sei hier noch eine kurze Bemerkung über sein Verhältnis zu Erasmus eingefügt. Ob beide sich persönlich gekannt haben, läßt sich, wie wir sahen, nicht mit Sicherheit nachweisen. Doch wir dürfen wohl annehmen, daß unser Dichter auch in diesem Falle eine passende Gelegenheit gefunden haben würde, in einer seiner Dichtungen eine solche für ihn doch so ehrenvolle „privée cognoissance" rühmend hervorzuheben. Daß er aber diesem größten Humanisten, mit dem er sich namentlich in der Polemik gegen die mönchische Unwissenheit eins fühlte, wie die poetische Übertragung zweier (nach Guiffrey dreier) Colloquia des Erasmus beweist, warme Verehrung entgegenbrachte, können wir auch aus der Übersetzung einer auf Erasmus gedichteten Grabschrift schließen, deren erster Vers bei Marot lautet:

„Le grand Erasme icy repose" (II, 237.)

Bei diesem Interesse für die Entwicklung der humanistischen Studien dürfen wir uns nicht wundern, daß Marot gelegentlich auch literarische Ereignisse in einem Gedichte

feiert und Namen von Männern verherrlicht, die längst wieder der Vergessenheit angeheimgefallen sind. Wie wir bereits sahen, hielt er es durchaus nicht für unter seiner Würde, zu der 1543 erschienenen „Traduction des Apophthegmes des Anciens par Antoine Macault" ein Einleitungɛund ein Schlußepigramm zu dichten; in beiden ist er voll Lobes für den Übersetzer:

und:

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,,Graces ne peux rendre assez suffisantes

Au tien Macault, ce gentil traduisant." (III, 111.)

,Tous les François en doivent faire ainsy

Au Translateur“ (d. h. rendre mercy). (III, 111.)

In der Complaincte „De Monsieur le general Guillaume Preud'homme" lesen wir bei der Beschreibung der Elysischen Gefilde folgende Verse:

Bien tost après, allans d'accord tous quatre

Par les préaux tousjours herbuz s'esbatre,

Du mesme nom deux Espritz rencontrerent:

L'un Bissipat, que neuf sœurs allecterent (II, 272).

(Hier schließt sich dann die schon zitierte Stelle über Budé an.) Wenngleich wir diesen Bissipat nicht als großen Gelehrten kennen, so schein er doch die alten Sprachen meisterhaft beherrscht und darum bei seinen Zeitgenossen in hohem Ansehen gestanden zu haben, sodaß Marot, bei seiner Verehrung für alle Kenner der Antike, ihn jener Erwähnung für würdig hielt. („Guillaume Bissipat Vicomte de Falaise en Normandie, l'un des cent Gentilshommes du Roy Louis XII, très-habile dans les Langues Grecque, Latine et Françoise, mourut à Boulogne la grasse en Italie l'an 1511. Il est fort loué par Jean du Bouchet et Guillaume Cretin." Lenglet Dufresnoy, III, 308, note 2.)

Sollte durch die Anführung dieser beiden Namen nur gezeigt werden, wie sich Marots Interesse für das Wiedererstehen des Altertums auch auf weniger bedeutende Erscheinungen auf diesem Gebiete erstreckte, so kommen wir jetzt zur Betrachtung eines weit wichtigeren Verhältnisses,

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