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den Grundstücken reicher Bürger oder in den Umgegenden von Städten an and bebauten das Land für einen bestimmten Lohn. Diese Menschenklasse hiess in Attika έévol μé

τοικοι.

Nachdem wir so die Entstehung der Stände der attischen Republik und namentlich der Metöken dargestellt, können wir an die Erklärung der an die Spitze unsrer Abhandlung gestellten Nachricht des Aristoteles gehen. Diese Erklärung bedarf nur weniger Worte, da sie aus den vorhergehenden Untersuchungen auf natürliche Weise hervorgeht und mit keinen weiteren Schwierigkeiten verknüpft ist. Der Schriftsteller sagt: πολλοὺς γὰρ ἐφυλέτευσε ξένους καὶ δούλους με τοίκους. Hier bezieht sich das Wort μετοίκους sowohl auf ξένους als auf δούλους; der Sinn der Stelle ist also der, dass durch die Gesetze des Kleisthenes die ganze Klasse der Metöken, sowohl die ξένοι μέτοικοι als auch die δοῦλοι μέτοικοι das Bürgerrecht erlangten.

Die vorangehenden Untersuchungen wollen wir jetzt mit der Angabe ihrer Resultate schliessen.

1) bestand vor Solon's Gesetzgebung die ganze Bevölkerung der attischen Republik aus drei Ständen, den Eupatriden, Geomoren und Demiurgen; von diesen waren die Geomoren wiederum in Demoten und Metöken getheilt; folglich gab es eigentlich vier Stände; und

2) gehörten damals alle Vorrechte des Bürgers einzig und allein den Eupatriden; im Lauf eines Jahrhunderts aber von Solon bis Aristides wurden sie auch von den übrigen drei Klassen erworben, doch nicht plötzlich und nicht von allen zugleich, sondern allmählig und zu verschiedenen Zeiten. Durch die Gesetze Solons wurden die Geomoren, welche eigene, unabhängige Grundstücke besassen, Bürger. Kleisthenes fügte die Metöken hinzu und auf den Vorschlag des Aristides erlangten sogar die Handwerker, die Demiurgen, das Bürgerrecht.

(Aus dem Bull. hist.-phil. T. X. No. 23. 24.) Mélanges gréco-romains. I.

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PARERGA ARCHAEOLOGICA; VON LUDOLF STE-
PHANI. (Lu le 13 janvier 1854.)

XII.

Unter den werthvollen Resten antiker Kunsthätigkeit, durch welche die Schätze der Kaiserlichen Ermitage in jüngster Zeit vermehrt worden sind, befindet sich ein Grabstein, der in der Nähe von Smyrna gefunden worden ist. Er besteht aus einer Platte weissen Marmors, die 0,68 franz. Mètre hoch, und 0,49 breit ist. Oben ist er mit einem Giebel und mit Akroterien verziert. Darunter wölbt sich ein Rundbogen. Innerhalb des letzteren steht dem Beschauer gerade zugewendet ein Jüngling oder Knabe, mit einem Unter- und Ober-Gewand bekleidet. Seine rechte Hand ruht in der gewöhnlichen Weise der Bilder an späteren Grabsteinen auf der Brust, während die linke gerade herab hängt. Am Hals bemerkt man ein Band, ohne Zweifel zum Tragen eines Amulets bestimmt. Neben ihm steht, nach ihm hin gewendet, ein Hund. Einen besonderen Werth erhält der Stein durch seine Inschrift, deren Buchstaben mit Ausnahme eines einzigen ganz ungewöhnlich scharf und so unverletzt erhalten sind, dass nicht die geringste Unsicherheit beim Lesen Statt finden kann1). Die drei ersten Zei

1) Ich betone dies nochmals in Betreff jedes Buchstabens, besonders auch des Wortes tátov, mit einziger Ausnahme des verwischten A'in úñάpxɛt, da ich eben während des Drucks sche, dass Hr. Rossignol: Rev. Archéol To. X. S. 560 ff., durch eine schlechte Abschrift verleitet, das Wahre mehrfach verfehlt hat, wenn er auch einige leichter zu erkennende Fehler richtig verbessert hat.

len laufen auf dem unteren, breiten Leisten des Giebels quer über den Stein; die vierte ist auf dem Leisten des Rundbogens im Halbkreis geschrieben und die übrigen sind innerhalb des Bogens an beide Seiten des Knabens vertheilt:

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Ζητεῖς, ὦ παροδεῖτα, τίς ἡ στήλλη, τίς ὁ τύμβος,
τίς δὴ ἐν τῇ στήλλῃ εἰκὼν νεότευκτος ὑπάρχει;
Υἱὸς Τρύφωνος, τοὔνομα τἀτὸν ἔχων,
τεσσαρακαίδεκ ̓ ἔτη δόλιχον βιότου σταδιεύσας,
τοῦ ὁποτεῶν γέγονας στήλη, τύμβος, λίπος, εἰκών.

Der nach Vollendung des vierzehnten Lebens-Jahres Verstorbene hiess also Tryphon, wie sein Vater. Das tatóv statt Tautóv ist kein Schreibfehler, sondern eine Eigenthümlichkeit der späteren Orthographie 2). Statt dr könnte man auch 8 lesen. Doch ist das Erstere wohl wahrscheinlicher. Die Elision ist bald durch die Orthographie angedeutet, bald dem Leser überlassen, wie die Schreibweisen δὴ ἐν statt δὴ ν, τεσσαρακαίδεκ', τοῦ ὁποτεῶν zeigen. Das Letzlere, ὁποτεῶν oder o лotε v, ist die ionische Form, welche der attischen o ποτε οὖν entspricht, und statt des vollständigeren ὃ δή ποτ' οὖν oder ódηлoτouv offenbar nur des Verses wegen gesagt. Der Sinn ist: «Nachdem ich vierzehn Jahre lang die Rennbahn des Lebens durchlaufen habe, bin ich dieses hier geworden, was dies auch sein mag: Pfeiler, Grabmal, Stein oder Bild». Der Verfasser des Epigramms gehörte also zu denjenigen, welche die Unsterblichkeit der Seele leugneten und diese Ansicht in den späteren Jahrhunderten so oft in den Inschriften der Grabsteine aussprachen3). Dass dieses Denkmal ungefähr dem zweiten christlichen Jahrhundert angehört, geht auch aus dem Stil des Bildes, aus der Form der Buchstaben und aus der Orthographie (z. B. napodeita, τἀτόν und στήλλη stall παροδίτα, ταὐτόν und στήλη) hervor.

XIII.

Der eben besprochene Grabstein der Kaiserlichen Ermitage veranlasst mich, daran eine andere metrische Grabschrift zu knüpfen, die ich der Mittheilung Schiefner's verdanke. Als nämlich im Jahre 1844 der damalige Marine-Lieutenant, gegenwärtige Attaché bei der Kaiserlich russischen Gesandtschaft in Karlsruhe, Peterson, nach einem Aufenthalt auf der Insel Paros hierher zurückkehrte, brachte er ein ebenda erworbenes Fragment eines Grabsteins mit, dessen Inschrift Schiefner, während des Aufenthalts Hrn. Peterson's am hiesigen Orte, copirte. Das Denkmal bestand aus einer kleinen Platte weissen Marmors, dessen oberer Theil nicht mit einem

2) Siche Keil: Sylloge Inscript. Boeot. S. 144. u. Philologus Th. VIII. S. 178.; Mullach: Conjectanea Byzant. S. 51.

3) Siehe meine Titul. Graec. Part. V. S. 18.

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