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nen die Gräber der alten Skythischen Könige nachzuweisen sucht. Den Lauf des Dnepr weiter verfolgend giebt er auch eine Abbildung des siebenten Falls, bespricht die auf der Insel Maistrow gefundenen byzantinischen Münzen, schildert die in einer Abbildung mitgetheilte Ueberfahrt bei Kitschkass. mehrere neuere Ansiedelungen, die Insel Chortiza, die einst für diejenigen ein Ruheplatz war, welche die Dnepr-Fälle passirten und verweilt länger bei den Spuren einer alten Niederlassung in der Nähe von Kamenka, indem er einen Plan der Umgegend und Abbildungen der kleinen dort gefundenen Goldsachen und einer Amphora hinzufügt.

Noch weit reichhaltiger ist das zweite Kapitel. Es wird zunächst der Busen des Dnepr, das auf einer der Tafeln abgebildete goldene Vorgebirge, so wie ein zweites besprochen, welches im Alterthum Vorgebirge des Hippoleos hiess, und einen Tempel der Demeter trug. Hierauf wird die Geschichte der Wiederauffindung Olbia's erörtert und die gegenwärtige Beschaffenheit der Localität sehr sorgfältig beschrieben, indem das Verständniss durch die von zwei verschiedenen Punkten aus aufgenommenen Abbildungen des Haupt-Platzes, so wie durch die Ansicht des Innern eines Grabes unterstützt wird. Es wird namentlich die alte Akropolis als erster Punkt der Ansiedelung der Mileter nachgewiesen. Es werden die Stadtmauern und Thürme mit Hülfe der gegenwärtigen Beschaffenheit des Locals so wie der in Inschriften auf uns gekommenen Nachrichten eingehend behandelt. Es wird über die άyopa, den Hafen, die Wasserleitungen gehandelt und das Ergebniss einer genauen Untersuchung der Gräber mitgetheilt. Unter den hier gefundenen und auf den beigegebenen Tafeln abgebildeten Gegenständen zeichnet sich vor Allem eine goldene Porträt - Maske aus, wie deren einige auch in Kertsch gefunden sind. Diese Masken scheinen, wie auch der Hr. Graf andeutet, in ähnlicher Weise, wie die in grösserer Anzahl gefundenen goldenen Kränze, den in jenen Gräbern Ruhenden während ihres Lebens von Seiten des Staats als Ehren-Geschenke zuerkannt und daher auch in das Grab mitgegeben worden zu sein. Darauf führt eine bisher übersehene Rhodische Inschrift, welche das Fussgestell eines Mélanges gréco-romains. I.

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dem Hermagoras, Sohne des Phaenippos, errichteten Standbildes schmückte :

. . . . καὶ στεφανωθέντα ὑπὸ τῶν βουλᾶν πλεονάκις χρυσέοις στεφάνοις καὶ ἀνδριάντων καὶ προςώπων ἀργυρέων ἀναπέ σεσι .')

....

Nachdem der Hr. Verfasser auch die nächste Umgebung Olbia's geschildert und dabei der Insel Beresan, wo die Olbier einen Tempel errichtet, gedacht hat, sucht er mit allen uns zu Gebote stehenden Hülfsmitteln ein topographisches Bild der ehemaligen Stadt zu entwerfen und zwar namentlich nach ihren Heiligthümern, nach den übrigen öffentlichen und nach den wichtigsten Privat-Gebäuden. Von neuem, hierbei verwendeten Material sind namentlich zwei griechische Inschriften hervorzuheben, von denen die eine von unserem verstorbenen Collegen Graefe wiederhergestellt worden ist, und eine interessante Votiv-Tafel, welche der Hr. Graf auf Asklepios bezieht. Auffallend ist der neben dem Gotte aufgehängte Schild und Harnisch und man könnte daher wohl auch an Aias, Sohn des Oileus, denken, von welchem das Alterthum glaubte, er sei von einer Schlange wie von einem Hunde begleitet worden und sein Schatten halte sich bei Achilleus auf der Insel Leuke auf.

Hierauf entwickelt der Hr. Verfasser, hauptsächlich nach Inschriften, die politischen Institutionen Olbia's und die HauptMomente seiner politischen Geschichte, indem er eine griechische Periode bis zum Einfall des Getenfürsten Boerebist (54 v. Chr.), eine skytho-griechische bis 196 n. Chr. und eine römische unterscheidet. Auch hier bringt er in einer sehr wohl erhaltenen, gegenwärtig sich hier in St.-Petersburg im Besitze des Hrn. Grafen Kuschelew befindenden Inschrift ein bisher unbekanntes Document bei. Die Inschrift lautet:

Τύχῃ ἀγαπῇ.
Ολβιοπολίται

ἔδωκαν Χαιρ[ε]γένει

1) Ross: Hellenika B. 1. S. 99. Vergleichen kann man auch die römischen facies argenteae bei Plin. H. N. 35, 4 und das bei Lukian: Timon 27 erwähnte προσωπεῖον διάχρυσον.

Μητροδώρου Μεσημ-
βριανῷ αὐτῷ καὶ ἐκ-
γόνοις προξενίαν,
πολιτείαν, ἀτέλειαν
πάντων χρημάτων,
ὧν ἂν αὐτὸς εἰςάγῃ
ἢ ἐξάγῃ ἢ παῖδες ἢ ἀ-
δελφοί, οἷς κοινὰ τὰ
πατρῷα, ἢ θεράπων,
καὶ εἴςπλουν καὶ ἔκπλουν
καὶ ἐν πολέμῳ καὶ ἐν
εἰρήνῃ ἀσυλε[ὶ] καὶ
ἀσπονδε[ί].

und liefert demnach einen interessanten Beitrag zu der von Meier in seiner Abhandlung: De proxenia angestellten Untersuchung.

Mit besonderer Vorliebe behandelt der Hr. Graf in dem folgenden Abschnitt die Münzen der Stadt, und verwendet hier mit genauer Kennerschaft ein äusserst reiches und wichtiges, zum grossen Theil seiner eigenen glänzenden Sammlung angehörendes Material. Ich müsste fürchten, meinem Bericht eine zu grosse Ausdehnung zu geben, wenn ich hier auf alle Einzelheiten eingehen wollte, und hebe daher nur als besonders dankenswerth die beiden Tabellen hervor, von denen die eine das Gewicht, die andere die chemischen Verhältnisse einer namhaften Anzahl dieser Münzen übersichtlich zusammenstellt.

Den Schluss bildet ein Abschnitt, welcher über Künste und Gewerke der Stadt handelt. Besonders spricht hier an, eine Anzahl kleiner Terracotten und eine interessante Sammlung von Amphoren-Henkeln mit Stempel-Inschriften, und man freut sich namentlich unter den letzteren abermals dem bisher nur aus einer sehr geringen Anzahl dieser Inschriften bekannten Rhodischen Monat Πεδαγείτννος und dem zweiten Parischen Henkel zu begegnen, da bisher nur erst ein Parischer bekannt war, der von mir entdeckt wurde und sich da

durch auszeichnet, dass er die älteste aller bisher gefundenen Henkel - Inschriften enthält.

Wenn mir noch gegen manche der von dem Hrn. Grafen ausgesprochenen Ansichten Bedenken bleiben, so wird dies Niemand überraschen, der mit diesen Dingen oder mit wissenschaftlicher Forschung überhaupt vertraut ist. Jedoch ist hier, wo es sich um das Ganze, nicht um das Einzelne bandelt, nicht der Ort, näher darauf einzugehen. Nur um zu zeigen, dass ich auch dem Einzelnen meine Aufmerksamkeit zugewendet, will ich bemerken, dass dem Hrn. Grafen, wenn er noch, wie man früher that, die Stempel - Inschriften als von den Fabrikanten ausgehend betrachtet, an der einigen Namen vorgesetzten Praeposition έπ anstösst und die MonatsNamen gar nicht als solche bezeichnet, ohne Zweifel meine Abhandlung: Titulorum Graecorum a L. St. collectorum Part. II. Dorpati 1848. entgangen ist. Denn dort habe ich den wahren Werth und Sinn dieser ganzen Klasse von Inschriften und aller einzelnen in ihnen vorkommenden Verhältnisse nachgewiesen, und die von mir gefundenen Bestimmungen sind inzwischen durch mehrere Hunderte neuhinzugekommener Inschriften, so wie jetzt auch durch die von dem Hrn. Grafen veröffentlichten, in einer Weise bestätigt worden, dass ein Zweifel an ihrer Gültigkeit nicht mehr bestehen kann. Auch hat dies Franz, der früher im Corpus Inscriptionum Graecarum eben so wie Boeckh alles Fragliche an diesen Inschriften in einer gerade entgegen gesetzten Weise erklärt hatte, bewogen, in einer seiner letzten Arbeiten 2) die von mir gegebenen Bestimmungen vollständig zu adoptiren.

Wir sehen mit gespannter Erwartung der Fortsetzung dieses wichtigen Werkes entgegen und freuen uns, dass ihm dem Vernehmen nach auch durch eine französische Uebersetzung ein grösserer Leser-Kreis gesichert werden soll.

2) In Schneide win's Philologus. Th. VI S. 278 fr.

(Aus dem Bullet. hist.-phil. T. X. No. 2.)

RAPPORT DE M. STEPHANI SUR UN OUVRAGE DE M. TÖLKEN À BERLIN'). (Lu le 20 août 1852.)

Die hier besprochene Druckschrift wurde der historischphilologischen Classe am 18. (30.) Juni dieses Jahres durch den beständigen Secretair der Akademie vorgelegt, der sie zufällig in einem Berliner Blatte angezeigt gefunden, und, weil der Akademie keine directe Kunde davon zugegangen war, dafür Sorge tragen zu müssen geglaubt hatte, dass ein an sie gerichtetes Schreiben ihr nicht länger vorenthalten bliebe. Die Classe überwies dasselbe Hrn. Stephani, dem Nachfolger Köhler's und Herausgeber seiner Schriften, mit dem Auftrage, ihr darüber zu berichten. Den ihr in der darauf folgenden Sitzung vorgelegten Bericht beschloss sie nicht zur Wahrung des wohlbegründeten Rufes unseres Köhler, sondern zur Belehrung Solcher, die sich ein unbefangenes Urtheil über ein an unsere Akademie gerichtetes Sendschreiben bilden wollen, — dem Druck zu übergeben.

Den 20. Aug. (1. Sept.) 1852.

Im Namen der Classe Fuss, beständiger Secretair.

Die Classe hat gewünscht, dass ich ihr über das vorliegende Sendschreiben einen Bericht erstatte. Ich habe ihr zu diesem Zweck zunächst die Worte in das Gedächtniss zu rufen, mit denen ich die im dritten Bande von Köhler's gesam

1) Sendschreiben an die Kaiserliche Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg über die Angriffe des Kaiserl. wirklichen Staatsrathes Herrn von Köhler auf mehrere antike Denkmäler des Königl. Museums zu Berlin von Dr. E. H. Tölken. Erstes Sendschreiben. Köhler's Treue und Gründlichkeit. Berlin 1852. 8o.

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