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Epoche geboren, wo die Religion nicht in Ehrs furcht gehalten wurde, auferzogen unter den Schmähungen, deren Gegenstand die Geiftlichkeit feit funfzig Jahren war, herangewachsen im Studium des Krieges, den Kopf voll von der Wiederherstellung Frankreichs, von seiner eigenen Festsetzung, mit der Laft der Welt beladen, konnte da Napoleon auf religiöse Dinge den Fleiß vers wenden, der die Kenntniß derselben befördert, und zu ihrer Liebe führt? Geben wir jeder Sache, was ihr gebührt. Napoleon war in Hinsicht auf Religion nichts mehr, und nichts weniger, als was Soldaten und junge Leute gewöhnlich seyn

der Seele, ohne den Ton einer tiefen Ueberzeugung føres chen hören. Manche, die gar nicht wissen, was es heißt, pflegen zu sagen, er wäre Fatalist. Eben so gerne möchte ich sagen, Machiavell sei es gewesen.. Nein doch, er war nicht Fatalist, er war politisch, und das war alles. Ihm war es ganz lieb, daß Andere Fa talisten waren, denn nichts macht mehr zum Gehorsam geneigt. Es that ihm gar nicht leid, daß man an seins nen Stern glaubte; er aber glaubte ungefähr so daran, wie Mahomed - an feine Laube und Numa`an seine Nymphe Egeria..

Fönnen, die über diesen Artikel gleich leichtfertig denken, entweder um sich von ihrem Zwange zu befreien, oder wie es grade Mode ist, sich zu be.. nehmen. Aber er war, mehr als der gemeine Mann, Politiker und Beobachter. Er wußte, daß ein ansehnlicher Clerus in einem großen Staate teine gleichgültige Sache sei, und, wenn er die Bewegung nicht befördert, er sie doch sehr verzdo gert. Als Hauptwerkmeister und Leiter einer uns ermeßlichen Maschine, brauchte er sich nur mit dem Getriebe der Råderwerke zu beschäftigen. Rolle beschränkte sich hierauf.

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Seine

In Frankreich, wie in Italien, hatte Napo. leon dem Clerus mehr gegeben, als er versprochen hatte. Er hat kein einziges Ansuchen, welches zu Gunsten desselben an ihn erging abgeschlagen. Er hatte ihn zu allen Ehren des Staats zugelass sen. Und da es hier weder auf Critik, noch auf Lob, sondern auf historische Wahrheit ankömmt, so muß man hinzufügen, daß er die Regierungskunst zu gut verstand, um eine beleidigende Handlung gegen den Clerus zu dulden. Während seiner ganzen Regierung hatte die Bühne, die Malerei, oder irgend eine Kunst, kein Bild hervorbringen Februar 1819.

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Bürfen, welches geeignet gewesen wäre, die der Geistlichkeit gebührende` Achtung zu 'schwächen, stie es die alte Regierung seit sechzig Jahren ge

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than hat. Er hat Mitglieder der Geistlichkeit ins dividueller Weise mit Strafen belegt; nie hat er sich aber gegen den Clerus, als Corporation, vergriffen. In den Ausdrücken seines Zorns hat er sich in seinem In hern oft das erlaubt, was zu sagen unschicklich ist, wenn von der Religion die Rede ist; aber feine seiner Handlungen oder öffentlichen Reden hat je ein anderes Gepräge als das des Wohlwollens und der Ehrfurcht gehabt. Ein unbedachtsamer Ausdruck über die Religion hätte ihn beleidigt. Ein Mangel an Benehmen würde den Priester, dem man es bewiesen hätte, um seine Achtung ges bracht haben. Bei dem feinen Tact, mit welchem er begabt war, wollte er natürlich, daß jedes Ding an seinem Orte sei und alle Unförmlichkeit war ihm höchst zuwider. Nur ein einziges Mal, nämlich in Antwerpen, sah ich ihn in seiner dfs' fentlichen Audienz sich in Hinsicht auf die Geift. lichkeit vergessen.. Indeß betraf dieses Vergessen tur den Theil der Priester jenes Landes, über den er unzufrieden war, und nicht die Corporation

des Clerus selbst. Er hatte diesen Auftritt vorfäglich herbeigeführt, um zu schrecken. Bei jeder Angelegens heit empfing er die Geistlichkeit mit Wohlwollen, hörte an, befragte, antwortete und endigte beinahe immer mit etwas Gratisfem und Verbindlichen. Als er im Jahr 1808 bei seiner Rückkehr von Bayonne durch Bourdeaux kam, fragte er den Herrn Erzbischof, ob er ein Landhaus habe; auf die verneinende Antwort sagte er, es ist in den Sitten eines Erzbischofs, ein Landhaus zu haben, um sich zu erholen. Ich gebe Ihnen sechzigtaus fend Franken, um eins zu kaufen.

Napoleon war nie unschlüssig über die Noth. wendigkeit, den öffentlichen Unterricht der Geists lichkeit wieder zu übertragen. Ich weiß nicht, ob das ein gutes System ist, bin aber sicher, daß es Das feinige war. ·Das ist ihr Gewerbe, das gei 'hört ihnen, sagte er oft. Er wurde durch die Verdrießlichkeiten, welche die religiösen Institutios nen ihm unaufhörlich juzogen, davon abwendig gemacht. Er wußte, sobald es eine Institution diefer Art gäbe, auch ein Feind mehr gegen ihn vorhanden war. Der Herr Cardinal Fesch, mit

feinen Våtern des Glaubens, feinen Sulpiciern,

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hat den Clerus um die prächtige Dotation des öf fentlichen Unterrichts gebracht. Diese frommen Ungeschickten ahndeten das Böfe gar nicht, welches fie anstifteten, und wenn sie nur unwissende Brüder (Frrèes ignorantins) hatfen, so -glaubten sie schon an einen Triumph. Was die Streitig keiten, die in der religiösen Jurisdiction entstehen dürften, betrifft, so war er stets über die Nöth, wendigkeit, sie den höheren Tribunålen zuzuweis fen, einerlei Meinung. Ihr Leute von der Fes der, habe ich ihn hundertmal sagen hören, werdet euch untereinander verständigen, ich werde nichts mehr davon hören." Durch das Concorbat von Fontainebleau war er auch dahin gelangt, und eis gentlich strebte er auch immer, die Sache los zu werden. Er sah gar wohl ein, daß die Dotation der Geistlichkeit unzureichend war. ,, Ich fann nicht alles auf einmal machen, sagte er oft. Gott brauchte sieben Tage, die Welt zu schaffen. Habe nicht zwei Erndten in einem Jahre.

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Ich

Es

muß ein Jeder etwas bekommen. Unter den "Geistlichen erster Classe wußte er das verhältnißs mäßige Verdienst richtig zu schäßen, und faßte Nuancen auf, die manchen Anderm entschlüpft

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