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Vorrede zur zweiten Auflage.

Für die erste Bearbeitung der Hegel'schen Aesthetik von

Anfang an mit dem vollständigsten Material versehen, und in Rücksicht auf den Zeitpunkt der Herausgabe durch äußere Umstände nicht gedrängt, war es mir möglich, sogleich die erste Redaction mit voller Liebe zur Sache und anhaltendem Fleiße gleichmäßig durchzuführen. Bei der jezt nöthig gewordenen zweiten Auflage habe ich deshalb geglaubt, der Ueberzeugung trauen zu dürfen, daß ein neues Zuratheziehen der Hegel'schen Manuscripte oder der nachgeschriebenen Hefte weder ein neues Resultat liefern, noch zu irgend fachlichen Verbesserungen den Anlaß geben könnte. So bin ich denn, bei beschränkter Muße und gehäuften eigenen Arbeiten, nur bemüht gewesen, eine nochmalige Durchsicht an einigen Stellen zu Verdeutlichungen, an anderen zu geringfügigen stylistischen Abänderungen zu benutzen. Lezteres hauptsächlich in dem Zweck, durch häufiges Fortstreichen der immer wiederkehrenden:

3. B., u. s. f., daher, deshalb, dadurch, nämlich, insofern" c. 2c., so wie durch Theilung allzu langer Säße, überhaupt wo es möglich war, durch kürzendes Zusammenziehn dem Vortrage, ohne den buchlichen Charakter zu gefährden, relativ wenigstens größere Lebendigkeit zu geben. Dem vielfach geäußerten Wunsche dagegen, das gesammte Werk auf einen bedeutend geringeren Umfang zu reduciren, damit es durch erleichterten Ankauf eine um so erweiterte Verbreitung finden, und einen desto ausgedehnteren Einfluß gewinnen möchte, habe ich mich nach bester Ueberzeugung nicht fügen können. In Hauptsachen, in den philosophischen Entwicklungen vornehmlich, schien mir eine Kürzung nicht ausführbar. Das Fortlassen der Beispiele aber und Auszüge oder der mehrfachen Abschweifungen würde, für mich wenigstens, einen Hauptreiz des Buchs, die behagliche Fülle, das bequeme Ausruhen, die lebendige Anschaulichkeit, durchweg zerstört haben. Zu noch durchgreifenderen Abänderungen gar fand ich mich um so weniger berechtigt, je mehr ich mich im Laufe der Zeit in Bezug auf die Gliederung der gesammten Aesthetik als Wissenschaft und die Auffassung einzelner Haupttheile in abweichenden eigenen Ansichten befestigt habe.

Doch werde ich gern, sobald es mir sonstige Verpflichtungen gestatten, die ebenso fruchtbringende als schwierige Aufgabe zu lösen suchen, durch Zusammenfassen der schlagendsten Punkte und Verdeutlichen der durchgreifendsten Gedanken die vorliegende Aesthetik zu einem gedrängten Handbuche für Gymnasien und höhere Schulen umzuarbeiten.

Denn wie dringend es in unseren Tagen Noth thut, dem Universitätsunterricht auch in Rücksicht auf Kunstansicht und lebendigen Kunstsinn eine gründliche Vorbildung vorauszuschicken, hat keiner zu erfahren bessere Gelegenheit, als wer auf Universitäten Gegenstände der Kunst seit einer langen Reihe von Jahren ästhetisch behandelt hat. Berlin, den 5. December 1841.

H. G. Hotho.

Vorrede zur ersten Auflage.

E

s darf an diesem Orte ebensowenig mein Zweck seyn, den hiermit dem Publicum zum erstenmal dargebotenen Vorlesungen Hegel's über Aesthetik eine Lobrede voranzustellen, als es mein Wunsch seyn könnte, die etwaigen Mängel in Rücksicht auf die Gliederung des Ganzen oder die Ausführung einzelner Theile anzudeuten. Das vorliegende Werk wird das tiefe Grund-Princip Hegel's, das auch in diesem Kreise der Philosophie seine Macht der Wahrheit von Neuem bewährt hat, sich am besten durch sich felber Bahn brechen lassen. Ist dieß erst geschehen, so wird es fich bald genug für die Einsichtigen, sowohl im Angesichte der nahverwandten schelling'schen Anfänge einer speculativen Aesthetik, als auch der zuwenig noch gewürdigten Verdienste Solger's, feine richtige Stellung geben, in welcher es alle frühere und gleichzeitige von wissenschaftlich untergeordneten Standpunkten aus mehr oder minder mißglückte Versuche in demselben Maaße überragt, in welchem es sich zugleich als ein bisher in seiner Basis unerschütterter Gipfel der Erkenntniß dem Sprudeln und Gähren jenes jugendlichen Uebermuths gegenüberstellt, der sich durch sein halbes Talent für künstlerische Production über den Ernst der Wissenfchaft erhoben meint, und in dem falschen Glauben, ganz neue Bedürfnisse hegen und befriedigen zu müssen, sich nun in dem doppelten Gebiete der Kunst und - Philosophie der Kunst durch oberflächliche Vermischung beider für um so freier hält, je weniger ihm die ächte Vertiefung in das eine oder andre gelingen will.

Bei dieser Ueberzeugung bleibt dem Herausgeber nichts weiter übrig, als die Grundsäge kurz zu berühren, welche ihm

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