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Pendelschwingungen, das Metallfühlen, die Kopfschmerzen, das ganze aus der Chemie entlehnte Bild der chemischen Verwandtschaften sind von dieser Art. Im Roman, der in einer bestimmten prosaischen Zeit spielt, ist dergleichen freilich eher zu gestatten, besonders wenn es wie bei Göthe so geschickt und anmuthig benugt wird, und außerdem kann sich ein Kunstwerk nicht von der Bildung seiner Zeit durchweg frei machen, aber ein Anderes ist es diese Bildung selber abspiegeln, ein Anderes die Materialien unabhängig vom eigentlichen Inhalt der Darstellung äußerlich aufsuchen und zusammenbringen. Die ächte Originalität des Künstlers wie des Kunstwerks liegt nur darin, von der Vernünftigkeit des in sich selber wahren Gehalts befeelt zu seyn. Hat der Künstler diese objective Vernunft ganz zur seinigen gemacht, ohne sie von Innen oder Außen her mit fremden Particularitäten zu vermischen und zu verunreinigen, dann allein giebt er in dem gestalteten Gegenstande auch sich selbst in seiner wahrsten Subjectivität, die nur der lebendige Durchgangspunkt für das in sich selber abgeschlossene Kunstwerk seyn will. Denn in allem wahrhaftigen Dichten, Denken und Thun läßt die ächte Freiheit das Substantielle als eine Macht in sich walten, welche zugleich so sehr die eigenste Macht des subjectiven Denkens und Wollens selber ist, daß in der vollendeten Versöhnung Beider kein Zwiespalt mehr übrig zu bleiben vermag. So zehrt zwar die Originalität der Kunst jede zufällige Besonderheit auf, aber sie verschlingt sie ̈nur, damit der Künstler ganz dem Zuge und Schwunge seiner von der Sache allein erfüllten Begeisterung des Genius folgen, und statt der Beliebigkeit und leeren Willkühr, sein wahres Selbst in seiner der Wahrheit nach vollbrachten Sache darstellen könne. Keine Manier zu haben war von jeher die einzig große Manier, und in diesem Sinne allein sind Homer, Sophokles, Raphael, Shakspeare originell zu nennen.

Aesthetiť.

3 weiter Theil.

Entwicklung des Ideals zu den besonderen Formen des Kunstschönen.

Was as wir bisher in dem ersten Theile betrachtet haben, betraf zwar die Wirklichkeit der Idee des Schönen als Ideal der Kunst, aber nach wie vielen Seiten hin wir uns auch den Begriff des idealen Kunstwerks entwickelten, so bezogen sich dennoch alle Bestimmungen nur auf das ideale Kunstwerk überhaupt. Wie die Idee ist nun aber die Idee des Schönen gleichfalls eine Tolität von wesentlichen Unterschieden, welche als solche hervortreten und sich verwirklichen müssen. Wir können dieß im Ganzen die besonderen Formen der Kunst nennen, als die Entwickelung dessen, was im Begriffe des Ideals liegt, und durch die Kunst zur Eristenz gelangt. Wenn wir jedoch von diesen Kunstformen als von verschiedenen Arten des Ideals sprechen, so dürfen wir „Art“ nicht in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes nehmen, als ob hier die Besonderheiten von Außen her an das Ideal als die allgemeine Gattung heranträten, und dasselbe modificirten, sondern Art“ soll nichts als die unterschiedenen und damit concreteren Bestimmungen der Idee des Schönen und des Ideals der Kunst selber ausdrücken. Die Allgemeinheit der Darstellung also wird hier nicht äußerlich, sondern an ihr selbst durch ihren eigenen Begriff bestimmt, so daß dieser Begriff es ist, der sich zu einer Totalität besonderer Gestaltungsweisen der Kunst auseinanderbreitet.

Näher nun finden die Kunstformen als verwirklichende Entfaltung des Schönen in der Weise ihren Ursprung in der Idee selbst, daß diese sich durch sie zur Darstellung und Realität heraustreibt, und je nachdem sie nur ihrer abstracten Bestimmtheit oder ihrer concreten Totalität nach für sich selber ist, sich auch in

einer andren realen Gestalt zur Erscheinung bringt. Denn die Idee ist überhaupt nur wahrhaft Idee, als sich durch ihre eigene Thätigkeit für sich selber entwickelnd, und da sie als Ideal unmittelbar Erscheinung und zwar mit ihrer Erscheinung identische Idee des Schönen ist, so ist auch auf jeder besonderen Stufe, welche das Ideal in seinem Entfaltungsgange betritt, mit jeder innern Bestimmtheit unmittelbar eine andere reale Gestaltung verknüpft. Es gilt daher gleich, ob wir den Fortgang in dieser Entwicklung als einen innern Fortgang der Idee in sich, oder der Gestalt, in welcher sie sich Daseyn giebt, ansehen. Jede dieser beiden Seiten ist unmittelbar mit der anderen verbunden. Die Vollendung der Idee als Inhalts erscheint deshalb eben so sehr auch als die Vollendung der Form; und die Mängel der Kunstgestalt erweisen sich umgekehrt gleichmäßig als ein Mangel der Idee, welche die innere Bedeutung für die äußere Erscheinung ausmacht und in ihr sich selber real wird. Wenn wir also hier zunächst im Vergleich mit dem wahren Ideal noch unangemessenen Kunstformen begegnen, so ist dieß nicht in der Weise der Fall, in welcher man gewöhnlich von mißlungenen Kunstwerken zu sprechen gewohnt ist, die entweder nichts ausdrücken, oder das, was sie darstellen sollten, zu erreichen nicht die Fähigkeit haben, sondern für den jedesmaligen Gehalt der Idee ist die bestimmte Gestalt, welche derfelbe sich in den besonderen Kunstformen giebt, jedesmal angemessen, und die Mangelhaftigkeit oder Vollendung liegt nur in der relativ unwahren oder wahren Bestimmtheit, als welche sich die Idee für sich ist. Denn der Inhalt muß erst in sich selber wahr und concret seyn, ehe er die wahrhaft schöne Gestalt zu finden vermag.

Wir haben in dieser Beziehung, wie wir bereits bei der allgemeinen Eintheilung sahen, drei Hauptformen der Kunst zu betrachten.

Erstens die symbolische. In ihr sucht die Idee noch ihren ächten Kunstausdruck, weil sie in sich selbst noch abstract und unbestimmt ist, und deshalb auch die angemessene Erscheinung nicht

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