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ZEITSCHRIFT

FÜR DAS

GYMNASIAL-WESEN.

HERAUSGEGEBEN

VON

W. HIRSCHFELDER UND H. KERN.

XXXIV. JAHRGANG.

DER NEUEN FOLGE VIERZEHNTER JAHRGANG.

BERLIN.

WEIDMANNSCHE BUCHHANDLUNG.

Geppert (die altgriechische Bühne S. 239) vertritt, dem es,,n zweifelhaft erscheint, dass Kreon, den Leichnam des Hämon seinen eigenen Armen, die Scene wieder betritt", billige durchaus nicht, sondern schliefse mich ganz der viel geschma volleren Erklärung an, die bei Wolff- Bellermann zu finden dass Kreon neben der von zwei Dienern getragenen Bahre wank den Schrittes geht, einen Arm um die Leiche legend. Also Xeigos Exov ist hier im Arm haltend, mit dem Arm u schlingend"; ähnliches kann aber bei V. 916 nicht angenomm werden. Selbst daran, dass Kreon etwa auf die Antigone zug und sie mit seiner Hand berührt, kann schwerlich gedacht werd wenn man erwägt, dass er noch V. 931 den Dienern zuruft τοιγάρ τούτων τοῖσιν ἄγουσιν

κλαύμαθ ̓ ὑπάρξει βραδυτῆτος ὑπερ.

Die Hinweisung auf ein Berühren mit der Hand braucht n freilich auch niemand in yet λaßov zu finden, vielleicht nic einmal (obwol nicht ohne grofses Bedenken), wenn xɛigi od χειρός dabei stande; es wäre eben ἐμφατικώτερον, wie d Scholiast sagt. Aber das sinnlich so anschauliche, so nachdrüc liche dia xegov lässt sich so gewis nicht mehr erklären. weit ich wenigstens den Gebrauch von die in dieser Verbindun bei den Tragikern und sonst aus den Zeiten guter Gräcität kenn wird es immer angewendet um auszudrücken, dass etwas in d Hand getragen, mit der Hand behandelt, der Arm um etw geschlungen wird oder etwas durch die Hand hin entgleitet. Vg z. B. Eurip. Bacch. 725 (Nauck) Júgóоis dià xeошν шπÅισμévо Iph. Τ. 1352 οἱ δὲ κλίμακας σπεύδοντες ἦγον διὰ χερῶν πρι μνήσια; Bacch. 1063 μεθίει διὰ χερῶν.

Mit derselben Sicherheit, mit welcher dia xequr meine Erachtens zu verwerfen ist, kann die Ersetzung desselben durc δὴ Κρέων natürlich nicht begründet und verteidigt werden nur das etwaige Bedenken (welches ich aber nicht teile), das dann Kreons Name in lästiger Weise hier wieder erscheine, nach dem kurz vorher gesagt war Κρέοντι ταῦτ' ἔδοξ ̓ ἁμαρτάνειν würde für den keine Bedeutung haben, welcher annimmt, das V. 904 bis 915 interpolirt ist. Ist diese Annahme richtig, so wäre das fehlerhafte dia xegov eben aus dem Bestreben zu er klären, die durch die Interpolation entstandene störende Wiederholung des Namens zu beseitigen. Die Wiederherstellung eines ursprünglichen di Koέwv also könnte begründet werden durch die Annahme einer nachträglichen Einschiebung gerade der be

bezeichneten Verse, und umgekehrt die Annahme der Interpolation fände eine Stütze in dem fehlerhaften nach plausibler Conjectur aus δὴ Κρέων entstandenen διὰ χερῶν.

Nach dieser Textesgestaltung würden die echten Verse, welche die interpolirte Stelle umschliefsen, folgenden Znsammenhang bilden:

νῦν δὲ, Πολύνεικες, τὸ σὸν

δέμας περιστέλλουσα τοιάδ ̓ ἄρνυμαι.
καὶ νῦν ἄγει με δὴ Κρέων οὕτω λαβὼν
ἄλεκτρον, ἀνυμέναιον, οὔτε του γάμου

μέρος λαχοῦσαν, οὔτε παιδείου τροφῆς.

An der Verbindung νῦν δέ — καὶ νῦν ist durchaus kein Anstofs zu nehmen; ebenso heifst es in der Elektra V. 1334 f. νῦν δ' εὐλάβειαν τῶνδε προὐθέμην ἐγώ.

καὶ νῦν ἀπαλλαχθέντε τῶν μακρῶν λόγων κτλ.

und Trach. 1075 f.

νῦν δ' ἐκ τοιούτου θῆλυς εὕρημαι τάλας.

καὶ νῦν προσελθὼν στῆθι πλησίον πατρός. (Vergl. auch νῦν δέ ἀλλὰ νῦν Philoct. 949 f. und νῦν δέ νῦν δέ — καὶ νῦν Aiax 445. 450. 457').

Ich finde vielmehr, dass die so wie oben aneinander gerückten Verse besser fliefsen, als wenn sie, wie im überlieferten Text, auseinander gerissen sind. Doch auf solche subjective Empfindung darf ich mich nicht berufen, mehr vielleicht darauf, dass das in dem gegenwärtigen Zusammenhange matte und entbehrliche οὕτω (V. 916) in Verbindung mit einem kurz voraufgehenden τοιάδε (V. 903) an Bedeutung gewinnt. In der gegenwärtigen Verbindung hat auch Kratz (über die Echtheit der Verse 904-924 in Soph. Antig. Progr. Stuttgart 1866. S. 14) gegen das οὕτω Bedenken; es erscheint ihm, wenn es zu λαβών gehört, matt, wenn zu ἄλεκτρον, an ungehöriger Stelle.

Wenn also die an Herodot erinnernde Stelle späteren Ursprungs ist, so ist für die Begrenzung des Umfangs der Interpolation das eben Erörterte vielleicht nicht ohne Nutzen; ob

1) Umgekehrt Herod. I, 120 καὶ νῦν, εἰ φοβερόν τι. ... νῦν δὲ ἀποσκήψαντος τοῦ ἐνυπνίου. Uebrigens scheint mir auch Soph. Trach. V. 88 f. deshalb unnötig verdächtigt, weil auch der folgende Gedanke V. 90 mit vuv de anfängt. Vauvilliers Aenderung des la V. 88 in ea scheint mir mit Weeklein völlig zu genügen. Dass ich keineswegs meine, dass die Gedankenverbindung in den beigebrachten Beispielen überall dieselbe sei, will ich doch ausdrücklich bemerken.

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